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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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bist du denn?«, brüllte Rose, der nun doch die Beherrschung verlor.
    »Bolutu, mein Name ist Bolutu.« Der Mann sprach sehr deutlich, aber mit einem fremdländischen Akzent, und er zeigte sich von Roses Wutausbruch gänzlich unbeeindruckt, was den Kapitän noch mehr reizte.
    »Verschwinde, du gehörst hier nicht hin.«
    Der Fremde legte den Kopf schief. »Ich gehöre hier nicht hin? Im wörtlichen Sinne mag das sogar richtig sein. Aber darum geht es nicht. Ich muss zwar meine Heimat und mein Unternehmen zurücklassen, aber ich habe meine Befehle, an die ich mich tunlichst zu halten habe.«
    »Was faselt dieser eingebildete Pinkel aus Noonfirth da?«, rief Rose mit einem Blick auf die Seherin.
    »Er kommt nicht aus Noonfirth«, stellte Oggosk nüchtern fest.
    »Er ist aber so schwarz wie die Ferse eines Teerjungen.«
    »Ich bin Slevraner, Kapitän Rose.«
    Kurze Verwirrung. Lady Oggosk ließ ihre Pfeife fallen. Sie wäre kaum überraschter gewesen, wenn der Mann behauptet hätte, ein Luchs zu sein. Slevraner waren Wilde, die tief im Landesinneren lebten, Steppennomaden. Sie überfielen Karawanen, die westwärts ins Idhe-Gebiet zogen, und machten sie nieder. Der Kaiser schickte immer wieder Legionen aus, um sie auszurotten, aber sie zogen sich nur in die Berge zurück und warteten, bis die Soldaten müde und ihres Auftrags überdrüssig wurden. Sobald die kaiserlichen Truppen abzogen, begannen die Überfälle von neuem. Waren es überhaupt Menschen?, fragte manch einer. Hatten sie Moral, eine Sprache, eine Seele?
    »Du bist nicht nur verrückt, du bist auch ein Lügner«, sagte Rose und winkte dem ratlosen Kutscher ungeduldig zu. »Fahr endlich weiter. Wir haben einen Auftrag zu erfüllen.«
    »Ich habe den gleichen Auftrag«, sagte Bolutu, ohne die Hand von der Tür zu nehmen.
    »Du bist nur ein elender Kläffer aus Noonfirth!«
    »Nein, Kapitän, ich habe das Sommerreich nie betreten. Aber Sie werden in Etherhorde eine Ladung Tiere aufnehmen, und ich bin Tierheiler. Und ich habe Anweisung von Seiner Erhabenheit Magad V., mich in dieser Eigenschaft auf der Chathrand einzuschiffen. Ich hoffe, mit der Zeit Ihre Bedenken bezüglich meiner Person ausräumen zu können.«
    »Warum tragen Sie eine Mönchsmütze?«
    Bolutu lächelte. »Ich wurde von den Templerbrüdern großgezogen und habe das Wandergelübde abgelegt. Manche nennen mich Bruder Bolutu, aber Sie können mich gern auch mit ›Mister‹ ansprechen.«
    »Wenn Sie nicht aus Noonfirth kommen, wo haben Sie dann gelernt, so geschliffen zu parlieren?«
    »Bei der Familie Yelig.«
    Abermals betretenes Schweigen. Der Mann nahm für sich in Anspruch, mit der Reederfamilie der Chathrand auf vertrautem Fuß zu stehen. Rose warf einen Blick auf Oggosk, aber die Hexe hatte sich die Kapuze ihres Mantels über den Kopf gezogen und führte flüsternd Selbstgespräche. Der Schwarze stieg ein und setzte sich neben sie. Erleichtert klappte der Kutscher die Trittstufe hoch und warf den Schlag zu.
    Die Kutsche fuhr wieder an. Oggosk brabbelte auf Swalisch vor sich hin. Das beherrschte der Kapitän zwar nicht, aber nach vierzig Jahren auf See kannte er einzelne Ausdrücke aus vielen Sprachen, und ›Jult‹, ein Wort, das Oggosk immer wieder begeistert wiederholte, bedeutete Krankheit. Der schwarze Mann saß reglos und mit halb geschlossenen Augen neben ihr.
    Rose malte sich plötzlich aus, wie er kopfüber über das Schanzkleid der Chathrand stürzte und in den Wellen verschwand. Dann rief er sich den Besonderen Schutz ins Gedächtnis, den jeder Kapitän in Arqual den Freunden der Kompagnie zusichern musste.
    Wenn dieser Bolutu zu Schaden käme, hätte das eine Untersuchung durch die Kompagnie zur Folge. Und wer auch nur einmal von einer solchen Untersuchung betroffen war, der war für sein Leben gezeichnet.
    »Ist Ihre Katze ein erwachtes Tier, Herzogin?«, fragte Bolutu unvermittelt.
    Oggosk krächzte ein rüdes: »Glah.«
    Bolutu ließ sich nicht entmutigen. »Wissen Sie eigentlich, Kapitän, dass die Zahl von Erweckungen sprunghaft ansteigt? Von wie vielen solchen Tieren haben Sie in Ihrem ganzen Leben gehört? Bei mir waren es drei in achtundzwanzig Jahren, und nur eines – einen prachtvollen Stier mit einer Vorliebe für Choralmusik – habe ich jemals persönlich kennengelernt. Doch in diesem Jahr sind alle Regeln außer Kraft gesetzt! Erst letzten Monat flehte auf Kuschal eine Wölfin um ihr Leben: Leider töteten die Jäger sie dennoch. Aus Bram hört man von einem

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