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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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des Herrschers der Insel Fulne.
    Die Yeligs besaßen Dutzende von Schiffen, aber die Chathrand war ihr ganzer Stolz. Kein anderes Schiff konnte auf Handelsfahrten auch nur ein Drittel ihrer Fracht aufnehmen oder ein Drittel so viel Gold verdienen. Und kein anderes Geschlecht brachte es fertig, vor der Nase des Kaisers so viel von diesem Gold für sich zu behalten. Schuld daran war eine Tradition: Zum tiefen Unwillen des Kaisers war die Überzeugung nicht auszurotten, dass der Tag, an dem die Chathrand in den Händen eines anderen Eigners den Hafen verließe, auch der Tag sein würde, an dem sie unterginge. Wahrscheinlich war das blanker Unsinn. Aber eine Katastrophe so ungeheuerlichen Ausmaßes konnte nicht einmal der Erhabene riskieren.
    Natürlich war diese Tradition – wie nahezu alle anderen – im Begriff, sich zu wandeln …
    Die alte Frau in ihrer stinkenden Rauchwolke gluckste leise. »Geschnappt!«, sagte sie. »Wenn jemand geschnappt wurde, dann doch wohl Sie, Kapitän.«
    Rose warf ihr einen finsteren Blick zu. Die Katze rieb sich schnurrend an seinem Bein.
    »Sie wollten dieses Kommando nicht haben«, sagte sie sachlich. »Sie wollten nicht noch einmal hinter dem Steuer der Chathrand stehen. Warum eigentlich nicht, wenn man Sie doch so fürstlich bezahlt?«
    »Ich war schon vergeben.«
    »Sie wollten nur untertauchen. Der Kaiser musste Sie ein volles Jahr lang von Insel zu Insel und von Hafen zu Hafen verfolgen. Und beinahe wären Sie ihm dennoch entwischt …«
    »Immer noch die gleiche greimige Hexe.« Rose starrte sie wütend an. »Immer noch die gleiche alte Gaunerin und Spionin.«
    »Beinahe wären Sie ihm entwischt«, wiederholte Oggosk. »Als die Flikker Sie vergangene Nacht einfingen, hatten Sie bereits ein Billett für eine Kutsche ins Landesinnere in der Tasche. Ins Landesinnere, Kapitän! Zum ersten Mal in Ihrem Leben!«
    »Oggosk«, knurrte er. »Halten Sie den Mund.«
    Sie wandte den Blick nicht ab. »Und auch noch ein geheimes Kommando. In Sorrophran summt es wie in einem Bienenstock, jedermann weiß, dass der Kapitän heute Morgen namhaft gemacht wird, und keiner hat bisher richtig geraten. Vor allem fragt man sich, warum die Chathrand seit drei Monaten vor diesem Kuhdorf vor Anker liegt und nicht vor der großen Stadt Etherhorde auf der anderen Seite der Bucht. Werden Sie das Geheimnis lüften, Kapitän Rose? Werden Sie den Leuten sagen, dass gewisse einflussreiche Persönlichkeiten in der Hauptstadt unter anderem deshalb hätten misstrauisch werden können, weil für eine Fahrt von nur drei Monaten Vorräte für zwölf Monate in Ihren Frachträumen eingelagert werden? Das wäre – vor allem den Yeligs – nicht leicht zu erklären. Angenommen, Sie sagten die Wahrheit: dass nämlich die Astrologen den Erhabenen überzeugt haben, nun sei die Schicksalsstunde für den alten Magad gekommen, die Stunde seines Untergangs – oder der Moment, der ihn über die Fürsten aller Zeiten erheben würde. Naya, wann wäre es jemals anders gewesen? Sagen Sie einem Mann, er brauche nur in einen brennenden Hochofen zu springen, um Macht zu erlangen, und er wird es tun. Es ist Wahnsinn und eigentlich unfassbar, dass wir euch die Herrschaft überlassen. Aber noch unbegreiflicher ist die Drohung.«
    Rose riss den Kopf in die Höhe, und Oggosk keckerte.
    »Hehe! Womit hat man Sie unter Druck gesetzt, Kapitän? Wie bringt man einen Nilus Rotheby Rose dazu, die Segel zu setzen, wenn er nicht will?«
    Kapitän Rose war scharlachrot im Gesicht, doch seine Stimme war leise und voller Hass. »Sie haben wohl nicht vergessen, Lady Oggosk, dass wir bald die Anker lichten. Und Sie wissen sicherlich auch noch, dass Kapitän Rose sich so gut wie keinen Zwängen unterwirft, wenn er erst auf See ist.«
    Die Alte senkte den Blick und drückte sich in ihre Ecke, Eine Weile holperten sie schweigend dahin. Dann brachte der Kutscher mit einem jähen »Brrr! « die Pferde zum Stehen, sprang vom Bock und riss den Schlag auf.
    Vor der Kutsche stand ein schwarzer Mann, der sich zum Einsteigen anschickte. Er trug ein dunkles Wams über einem weißen Seidenhemd und dazu, gänzlich unpassend, eine runde Wollmütze, wie sie die Templermönche auf Reisen aufsetzten. In einer Hand hielt er einen Pergamentkasten, in der anderen eine schwarze Tasche mit zwei plumpen Holzgriffen. Die Tasche war alt und abgewetzt und prall gefüllt. Der Mann verneigte sich höflich vor Oggosk und danach auch vor Rose.
    »Wer in den Neun Feurigen Höllen

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