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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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es ein glorreicher Sieg und dass ihr Vater der Held dieses Feldzugs gewesen war. Auf Festmählern drückten fette Herzöge und Generale mit weinfeuchten Lippen Küsse auf Taschas Wange. Was für ein vornehmes Mädchen! Eberzam ist wirklich ein Liebling der Götter! Gewiss würde ihr Vater eines Tages zum Präfekten von Etherhorde oder vielleicht sogar zum Statthalter über eines der größeren arqualischen Territorien ernannt werden, sagten sie. Tascha war das ziemlich egal. Für sie zählte nur, dass ihr Vater verwundet worden war – ein Granatsplitter hatte sich in seinen Kopf gebohrt – und dass kurz nach seiner Rückkehr seine Krankheit begonnen hatte.
    Inzwischen ging es ihm besser, so stand es jedenfalls in Syrarys’ Briefen (Eberzam selbst hatte nur zweimal geschrieben, jeweils zu ihrem Geburtstag). Aber ein Botschafterposten? Hieß das nicht, eine Reise über die Grenzen des Reiches hinaus? Und warum schickte man ausgerechnet einen alten Soldaten als Sprecher Arquals über die Weltmeere?
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, überquerte Tascha die Straße und kletterte über einen niedrigen Zaun in den Galgenpark. Hier unter den alten Eichen und Nadelbäumen war es zwar dunkler, aber sie kürzte auf diese Weise fünf Straßen ab. Sie rannte bergab, ohne den berühmten Wunschbrunnen (an dem immer irgendein Mädchen saß und in aller Öffentlichkeit Tränen vergoss), den geschmolzenen Eisenklumpen, der ein Denkmal für die Heldenhaften Schmiede darstellte, oder die Leuchtnetze, mit denen die Feuerspinnen Falter in die Bäume lockten, mehr als eines Blickes zu würdigen. Endlich erreichte sie den Ool, der hier an einer baufälligen Mauer aus den Tagen entlangfloss, als Banditen noch dreist genug waren, über den Fluss nach Etherhorde einzudringen. Zwischen den düsteren Steinen kauerten einige Fischer. Sonst wirkte der Park verlassen.
    Falls tatsächlich ihr Vater an das Lorg geschrieben hatte, überlegte Tascha, dann hatte ihm Syrarys die Feder geführt. Mit jedem Jahr, das sie zusammen waren, wuchs ihr Einfluss auf den Admiral. Und obwohl Syrarys nie davon gesprochen hatte, war Tascha doch nahezu überzeugt, dass die zweite Frau ihres Vaters ihn überredet hatte, sie von zu Hause fortzuschicken.
    Wie lange hatten sie den Schwestern gesagt, dass sie fortbleiben würde? Einen Monat? Eine Woche?
    Ich werde ihn umstimmen, nahm sie sich vor. Ich muss es schaffen, ich …
    »Pah! Zu einfach!«
    Ein Arm legte sich über ihre Brust. Aus dem Augenwinkel sah sie einen hochgewachsenen Mann durch eine Lücke in der Mauer treten. Der Arm, der sie aufgehalten hatte, glitt hinauf zu ihrer Kehle und zerrte sie auf die Lücke zu.
    Zum Nachdenken blieb keine Zeit. Tascha rammte dem Mann einen Ellbogen in die Seite, drehte sich unter seinem Arm weg und warf sich nach rückwärts. Dabei hob sie die Fäuste, um noch einmal zuzuschlagen. Doch sie war von seinem ersten Schlag noch außer Atem und hatte keinen festen Stand. Und dann stieß sie mit der Ferse gegen eine Wurzel oder einen Stein und stürzte.
    Sofort war der Mann über ihr und drückte ihr mit einem Knie beide Beine auf den Boden. Ein Dolch! Der Mann stach auf sie ein, und Tascha schlug so schnell wie noch nie in ihrem Leben nach der Klinge. Aber nicht schnell genug. Sie hatte kaum etwas gespürt, da war es schon vorüber. Das Messer steckte ihr bis zum Heft in der Brust.
    »Tot«, sagte der Mann. »Gestorben an Naschzeug für fünf Groschen.«
    Ein neuer Schock löste den anderen ab: Sie atmete noch, spürte keinen Schmerz, sie war anscheinend unverletzt. Am seltsamsten war, dass der Angreifer das Gesicht eines Freundes hatte.
    »Hercól! Du Ungeheuer!«
    »Du bist schnell«, sagte der Mann, »und stärker, als ich es in Erinnerung hatte. Aber Leichtsinn übersticht Schnelligkeit und Kraft. Man kann durchaus bei Nacht durch einen Park laufen, aber man sollte dabei zumindest bei klarem Verstand sein.«
    »Ich konnte es nicht erwarten, nach Hause zu kommen.«
    Der Mann zog die Augenbrauen hoch. »Wie kannst du es wagen, mir mit Ausreden zu kommen?«
    »Will ich gar nicht. Es tut mir leid, Hercól, ich habe versagt. Kann ich jetzt aufstehen?«
    Der Mann nahm den Messergriff, der keine Klinge hatte, von ihrer Brust, stand auf und half ihr auf die Beine. Er war schlank, aber nicht mehr jung, und hatte Elfenaugen und ungebärdiges Haar. Seine Kleidung war schon etwas abgetragen. Seit er die Rolle des Angreifers aufgegeben hatte, gab er sich jovial, faltete die Hände

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