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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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– vielleicht hat er beim Essen die falsche Gabel benützt oder ist der Königinmutter auf den Fuß getreten. Jedenfalls hat ihn der Erhabene ins ›Tal der Pest‹ verbannt und verboten, dass irgendjemand von ihm spricht oder ihn sonst wie an seine Existenz erinnert. Jetzt steht der Name auf einer schwarzen Liste, und ich heiße einfach Neeps Undrabust.«
    »Pazel Pathkendle«, sagte Pazel. »Wieso warst du an Land?«
    »Wegen Prügelei entlassen. Aber was sollte ich denn tun? Der greimige Flegel hatte meine Großmutter beleidigt.«
    Pazel war nicht darauf erpicht, mit einem Jungen Freundschaft zu schließen, der wegen jeder Beleidigung einen Faustkampf anfing. Aber er konnte nicht leugnen, dass er sich freute, noch jemand kennenzulernen, der aus einem Grenzgebiet des Reiches stammte.
    »Hier gibt es viele von unserer Sorte«, flüsterte er mit einem Blick auf die Schar von Teerjungen.
    Neeps verstand ihn sofort. »Du meinst, aus den jüngst eroberten Gebieten? Ja, sehr viele, und das ist sonderbar. Die Arqualier misstrauen sonst jedem mit einem fremdländischen Akzent, einer Hautfarbe wie der deinen oder so einem Ding.« Er deutete auf seinen Turban. »Eigentlich wirst du so lange mehr oder weniger gehasst, bis deine Heimat hundert Jahre zum Reich gehört – voll verdaut ist, wie mein alter Kapitän zu sagen pflegte. Sollochstol ist jedenfalls noch nicht verdaut, das kannst du mir glauben. Das dauert noch eine Weile.«
    Das klang stolz, aber nicht verbittert, und Pazel musste unwillkürlich lächeln.
    »Mich halten sie nur für sonnengebräunt. Meistens jedenfalls.«
    »Bis du den Mund aufmachst.«
    Pazel nickte lachend. Ormal hatte eine ganz eigene Melodie – und so sehr er sich auch bemühte, der Singsang kam auch in jeder anderen Sprache durch.
    Als sie sich dem oberen Ende der Brücke näherten, wurden die Schiffsgeräusche lauter. Mr. Fiffengurt lief voraus, zog sich an einer Bauchgording die Reling hinauf und winkte den Jungen mit großer Geste zu.
    »An Bord! An Bord! Aber zügig, wenn ich bitten darf!«
    Wie eine Herde Ziegen, die einen Bach überqueren, sprangen die Jungen an Deck. Pazel sollte nie vergessen, was er in jenen ersten Momenten sah. Eine Stadt, dachte er. Das ist eine schwimmende Stadt.
    Sie waren mittschiffs an Bord gegangen. Hier war das Deck so breit, dass die Eniel quer darauf hätte stehen können, ohne die Reling auf beiden Seiten zu berühren. In Längsrichtung wirkte es wie eine riesige Allee, die voll gestellt war mit Fässern, Kisten, Spanten, Segeltuchstapeln, Taurollen und aufgewickelten Ketten. Zwischen diesen Hindernissen liefen Hunderte und Aberhunderte von Menschen herum – Matrosen, Schauerleute, Zöllner, weinende Verlobte und gestandene Ehefrauen. Ein Händler verkaufte Sandrattenfelle in kleinen Stücken (›Mit einem Sandrattenfell am Leib ertrinkt man nicht!‹), Mönche strichen mit geweihtem Daumen Asche auf die Stirn von Gläubigen, zwei Kahlköpfe prügelten sich um ein Huhn, ein Tätowierungskünstler zeichnete einen Eber auf eine kräftige Männerbrust. Die Teerjungen standen wie angewurzelt da und staunten. Sie waren als Einzige an Bord nicht in Bewegung.
    Fiffengurt zählte noch einmal seine Schäfchen, dann führte er sie nach achtern, vorbei am Hauptmast, am Beiboot und an der offenen Frachtluke, die sie angähnte wie ein Bergwerksschacht. Schreiber und Seekadetten drängten sich vorbei, ohne einen Blick an sie zu verschwenden. Die Matrosen hoch oben in den Rahen schienen unendlich weit weg zu sein, und Pazel war nicht überrascht, als er sah, wie Mr. Uskins ihre Arbeit mit Hilfe eines Fernrohrs kontrollierte.
    Endlich erreichten sie die Heckleiter an der Backbordseite, und Fiffengurt kletterte als Erster in den Bauch des Schiffes hinab. Ein Stockwerk tiefer befand sich das Hauptdeck, dort ging es ebenso geschäftig zu wie auf dem Oberdeck, aber es war sehr viel heißer, und es stank entsetzlich. Dann kam das obere Batteriedeck, wo vorübergehend die Rinder untergebracht waren. Pazel konnte die verwirrten Blicke der Tiere gut verstehen. Weiter vorne waren kurz die Geschütze zu sehen, Kanonen von beachtlicher Größe, die Rohre dick wie Baumstämme und nach all den Jahren vom Salzwasser angefressen und vom Feuer gezeichnet. »Aus der Zeit unserer Großväter«, erklärte Fiffengurt. »Natürlich sind das furchterregende Waffen. Aber die Bug-Karronaden verschießen Kugeln von der Größe preisgekrönter Kürbisse. Achtzigpfünder. Wenn ich jetzt bitten

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