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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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tatsächlich vor Felizardo. Er
redet mit ihnen, als wären sie alle seine alten Kumpels.
    Mit Ausnahme von Adán, wie Fabián bemerkt. Ihm gegenüber verhält sich Felizardo anders. Es hat etwas
Unterwürfiges, wie er mit ihm redet. Und Adán bleibt nicht lange, kommt nur mal kurz rein,
gratuliert dem Boxer unauffällig und verschwindet wieder.
    Aber in den paar Minuten seiner Anwesenheit halten sich die anderen
zurück.
    Fabián hat längst
begriffen, dass es was bringt, wenn man sich mit den Barreras gutstellt.
    Nicht nur Tribünenplätze beim Fußball (Raúl spendiert die
Tickets) oder Logenplätze beim Spiel der Padres
(Raúl spendiert die Tickets), sondern sogar
Flüge nach Las Vegas, wo sie einen Monat später im Mirage wohnen, ihr ganzes
Geld verjubeln und miterleben dürfen, wie Felizardo sechs Runden lang Rodolfo Aguilar
verdrischt, um dann mit einem ganzen Rudel Edelnutten in Rauls Suite zu feiern und am nächsten Tag nach Hause zu fliegen - verkatert,
halbtot gefickt und glücklich.
    Er hat auch begriffen, dass alles viel schneller geht, wenn man sich mit
den Barreras gutstellt. Dass man bei ihnen im Handumdrehen bekommt, wofür man
anderenfalls jahrelang in Papas Büro schuften müsste.
    Man hört so Sachen über sie - dass es Drogengeld ist, mit dem sie
rumwerfen (wer hätte das gedacht?) -, aber das meiste, was man hört, handelt
von Raúl. Eine der Geschichten, die man sich zuflüstert, geht so:
    Er sitzt in seinem Auto vorm Haus, aus seiner Anlage dröhnt Bandera-Musik,
mit voll aufgedrehten Bässen, so dass ein Nachbar rauskommt und an die Scheibe
klopft.
    Raúl lässt die
Scheibe runter. »Was ist?«
    »Können Sie das leiser stellen?«, brüllt der Nachbar, um die Musik zu
übertönen. »Ich höre das sogar im Haus. Bei mir klirren die Scheiben!«
    Raúl beschließt, ihn
ein bisschen zu verarschen.
    »Wie bitte?«, brüllt er zurück. »Ich kann nichts hören.«
    Der Mann ist nicht in der Stimmung, sich verarschen zu lassen. Auch er
ist ein Macho. Also brüllt er weiter. »Die Musik! Dreh leiser! Das ist verdammt
noch mal zu laut!«
    Raúl zieht die
Pistole aus der Jacke, schiebt sie dem Mann zwischen die Rippen und drückt ab.
    »Jetzt ist es nicht mehr zu laut, oder?«
    Die Leiche des Nachbarn verschwindet, und keiner wagt mehr, sich über Rauls Musik zu beschweren.
    Fabián und Alejandro halten die
Geschichte für Blödsinn, die riecht zu sehr nach Scarface, aber jetzt steht Raúl da, zertritt genüsslich eine Schabe und verkündet: »Wie wär's, wenn wir
einen umlegen?« Als würde er einen Spaziergang zur Eisdiele vorschlagen.
    »Kommt schon«, sagt Raúl, »ihr habt doch sicher irgendwo eine Rechung offen.«
    Fabián wechselt einen
dritten Blick mit Alejandro und sagt: »Also gut...«

Fabián hat von seinem
Vater einen Mazda Miata, und Alejandros Eltern haben mit einem Lexus dagegengehalten. Vor
ein paar Tagen haben sie sich mal wieder ein Rennen geliefert, und Fabián war gerade auf
der Überholspur, als ihm ein anderes Auto entgegenkam. Fabián konnte zwar
noch ausweichen, aber um ein Haar hätte es geknallt. Zufällig arbeitet der
Fahrer des anderen Autos im selben Bürogebäude wie Fabians Vater, daher kennt
er das Auto, und er beschwert sich bei Fabians Vater. Der kriegt einen
Mordswutanfall und streicht ihm den Miata für sechs Monate, und jetzt hat Fabián nichts mehr
unterm Hintern.
    Fabián erzählt Raúl von seinem
Kummer.
    Ist ja nur Spaß. Der Schwachsinn, den man sich so beim Kiffen erzählt.
    Bis - eine Woche später - der Mann verschwunden ist.
    Es ist einer der seltenen Abende, wo Fabians Vater zum Essen nach Hause
kommt, und er erzählt, dass ein Mann aus seinem Bürogebäude spurlos
verschwunden ist, wie vom Erdboden verschluckt. Fabián entschuldigt
sich kurz, geht ins Bad und spritzt sich kaltes Wasser ins Gesicht.
    Später am Abend trifft er Alejandro im Club, und bei dröhnender Musik bereden sie die
Sache.
    »Scheiße«, sagt Fabián. »Meinst du, der hat das tatsächlich gemacht?«
    »Keine Ahnung«, sagt Alejandro. Dann blickt er Fabián an, fängt an zu
lachen und sagt: »Nieeeemals!«
    Aber der Mann taucht nicht wieder auf. Raúl verliert kein
Wort darüber. Und Fabián ist total am Boden. Das war doch nur ein Witz, er wollte doch nur auf
Rauls Gequatsche einsteigen, und deshalb musste ein Mann krepieren?
    Und wie fühlst du dich jetzt? fragt er sich, als wäre er sein eigener
Coach.
    Die Antwort überrascht ihn selbst.
    Er fühlt sich beschissen, er fühlt sich

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