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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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gefährlich.«
    »Wieso? Bin ich eine Gefangene?«
    »Sie sind keine Gefangene.«
    »Dann will ich gehen.«
    »Das ist zu gefährlich.«
    Seine Augen waren das Erste, was
sie sah, als sie wieder zu sich kam, nach der schrecklichen Nacht an der
Cortez-See. Sie lag in einem Motorboot, öffnete die Augen und sah direkt in seine
braunen Augen, die sie neugierig musterten, nicht mit kalter Gier, wie sie es
gewöhnt war, sondern mit Anteilnahme.
    Zwei sanfte braune Augen.
    Und sie kehrte ins Leben zurück.
    Sie wollte etwas sagen, aber er
legte den Finger auf den Mund, als müsste er ein Kind beruhigen. Sie wollte
sich bewegen, doch es ging nicht, sie war fest eingepackt wie in einen zu engen
Schlafsack. Dann strich er ihr behutsam mit der Hand über die Augen, und sie
schlief wieder ein.
    Selbst jetzt hat sie nur vage
Erinnerungen an jene Nacht. Ein bisschen kommt sie sich vor wie die Leute in
den Talkshows, die behaupten, sie seien von Aliens entführt worden. Nur die Körpersonden
und die medizinischen Experimente fehlen. Doch an die Spritze kann sie sich
erinnern und dass sie in diesen Sack gesteckt wurde, aber keine Angst hatte,
als der Reißverschluss zugezogen wurde, bis ganz oben, bis sie nichts mehr sah,
denn atmen konnte sie weiter.
    Sie erinnert sich, dass sie auf
ein größeres Boot gebracht wurde, dann in ein Flugzeug, wo sie wieder eine
Spritze bekam, und aufgewacht ist sie dann in diesem Zimmer.
    Unter seinen Augen.
    »Ich sorge hier für Ihre
Sicherheit.« Mehr war nicht aus ihm rauszuholen, nicht mal sein Name, also
nannte sie ihn Braunauge. Später an diesem ersten Tag bekam sie einen Anruf
von Art Keller.
    »Es ist nur vorübergehend«, versprach er ihr. »Wo ist Adán?«,
fragte sie.
    »Er ist entkommen, aber Raúl haben wir erwischt. Wir sind ziemlich sicher, dass er tot ist.«
    So wie du, fügte Keller an und
erläuterte seinen Plan. Obwohl sie Fabián Martínez den Verrat
angehängt hatten, war es sicherer für sie, wenn jeder - und vor allem Adán - glaubte, sie sei tot. Sonst würde er alles daransetzen, Kontakt zu
ihr aufzunehmen - oder sie ermorden zu lassen. Wir werden bekanntgeben, dass
du bei einem Autounfall ums Leben gekommen bist, sagte Keller. Adán wird natürlich vermuten, dass du beim Sturm auf das Strandhaus umgekommen
bist, und die Geschichte vom Unfall als Schwindel auffassen.
    Und genau das soll er.
    Als Braunauge ihr die Todesanzeige
brachte, war das ein seltsames Gefühl. Ein kurzer Nachruf, in dem sie als
»Event-Managerin« bezeichnet wurde, dann Ort und Datum der Beerdigung. Sie
fragte sich, wer wohl zur Trauerfeier erschienen war. Ihr Vater
wahrscheinlich, wie immer bekifft, ihre Mutter bestimmt - und Haley.
    Und das war es sicher auch schon.
    Inzwischen ist aus ihrem
vorübergehenden Verschwinden ein Dauerzustand geworden.
    Keller ruft jede Woche an, erzählt
ihr, dass er immer noch hinter Adán her ist,
dass er gern auch persönlich vorbeikommen würde, es sei aber zu gefährlich für
sie. Das ist sein Mantra, denkt Nora. Es ist zu gefährlich, spazieren zu gehen,
zu gefährlich, zum Einkaufen oder ins Kino zu fahren. Oder irgendein normales
Leben zu führen.
    Jedes Mal, wenn sie Braunauge
fragt, bekommt sie dieselbe Antwort. Er schaut sie mit seinen Hundeaugen an und
sagt: »Es ist zu gefährlich. Sagen Sie mir, was Sie brauchen, ich besorge es.«
    Damit sie nicht vor Langeweile
stirbt, denkt sie sich immer kompliziertere Aufträge für ihn aus. Sie lässt ihn
nach bestimmten, schwer erhältlichen und teuren Kosmetikartikeln suchen,
beschreibt die Designersachen, die er in einer bestimmten Boutique besorgen
soll, auf eine so verworrene und umständliche Manier, dass ein Mann unmöglich
etwas damit anfangen kann.
    Aber er bringt ihr alles, nur in
ihre Lieblingsboutique nach La Jolla fährt er nicht. »Keller sagt, dort darf
ich nicht hin«, entschuldigt er sich. Das ist zu -«
    »- gefährlich«, beendet sie den
Satz für ihn und lässt ihn zur Strafe Reizwäsche und Damenartikel kaufen. Sie
hört, wie er sein Motorrad startet und davonbraust, und weidet sich an der
Vorstellung, dass er schamrot und verlegen durch »Victoria's Secret« stolpert
und die Verkäuferin um Hilfe bitten muss.
    Aber sie ist nicht wirklich froh,
wenn er weg ist, weil er sie dann mit den anderen Bodyguards allein lässt. Sie
tut weiter so, als würde sie deren Namen nicht kennen, obwohl sie jedes Wort
versteht, wenn sie sich unterhalten. Der Ältere, den sie Mickey nennen, ist
ganz nett, er bringt

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