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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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Bundesgefängnis von Marion, Illinois?
Dreiundzwanzig Stunden an Tag bist du allein in deiner Fünfquadratmeterzelle,
aus der du nicht mal rausgucken kannst. Eine Stunde Hofausgang, allein zwischen
engen Mauern, mit Stacheldraht und einem schmalen Streifen Himmel über dir.
Zweimal die Woche zehn Minuten duschen. Deinen Häftlingsfraß kriegst du durch
die Luke geschoben, du schläfst auf einer Metallpritsche, mit dünner Decke, das
Licht brennt rund um die Uhr. Du hockst wie ein Tier auf deiner Kloschüssel, im
Gestank deiner Scheiße, und ich werde nicht für die Todesstrafe plädieren,
sondern für lebenslänglich ohne Recht auf Begnadigung. Wie alt bist du jetzt?
Mitte vierzig? Ich wünsche dir ein langes Leben.«
    Adán fängt an
zu lachen. »Jetzt kommst du mir mit dem Gesetz? Du willst mich vor Gericht
stellen? Viel Glück, viejo. Du hast
nicht mal Zeugen.«
    Er lacht und lacht und lacht und
ist nur ein bisschen verdutzt, als auch Keller zu lachen anfängt. Keller dreht
den Monitor zu ihm um und tippt auf ein paar Tasten.
    »Überraschung, du Arschloch«, sagt
Keller.
    Adán schaut auf
den Monitor und sieht ein Gespenst.
    Nora im Sessel sitzend, in der
Hand eine Illustrierte. Sie schaut ungeduldig auf die Uhr und wendet sich
wieder der Lektüre zu.
    »Das ist live«, sagt Keller und
schaltet den Monitor ab. »Glaubst du etwa, sie hält dicht? Weil sie dich so
sehr liebt? Glaubst du, sie verbringt den Rest ihres Lebens hinter Gittern,
damit du ungeschoren davonkommst?«
    »Ich würde mein Leben für sie
opfern.«
    »Klar würdest du das. Du bist der
wahre Edelmensch!«
    Keller sieht, wie es in ihm
arbeitet, wie er eine neue Strategie entwickelt.
    »Wir könnten einen Deal
auskochen«, sagt Adán.
    »Womit willst du dealen?«, fragt
Keller. »Du selbst bist die Trumpfkarte, Adán. Das ist
das Problem. Du hast keine Trümpfe zu bieten.«
    »Red Cloud.«
    »Was?«
    »Red Cloud«, wiederholt Adán. »Kennst du nicht? Nein, woher auch. Du bist ja Amerikaner. Nicht nur
an den Drogen, die ihr kauft, klebt Blut, Auch an eurem Öl, eurem Kaffee, eurer
Politik. Es gibt nur einen einzigen Unterschied zwischen dir und mir: Ich weiß,
was ich tue.«
    Adán hat
natürlich Kopien von den Papieren in Paradas Aktenkoffer
gemacht, nur ein Idiot hätte darauf verzichtet. Die Kopien lagern in einem
Schließfach auf den Caymans, und was sie enthalten, kann zwei Regierungen zu
Fall bringen. Einzelheiten über Operation Kerberos, über die Mitwirkung der Federación bei der Finanzierung der Contras mit
Drogengeldern, über Operation Red Cloud, die gezielte Ermordung linker
Politiker in Lateinamerika, finanziert mit Geldern aus Washington, aus
Mexico City, mit Geldern der Drogenkartelle. Es gibt Beweise für die Ermordung
zweier mexikanischer Regierungsbeamter im Zusammenhang mit der Fälschung der
Präsidentschaftswahlen und Beweise für die aktive Zusammenarbeit der
mexikanischen Regierung mit der Federación.
    Das alles steckte im Aktenkoffer.
Aber Adán weiß noch mehr. Er weiß Bescheid
über die Ermordung Colosios und über Kellers Meineid vorm Kongress, als er zu
Operation Kerberos aussagen sollte. Möglich also, dass ihn Keller zeitlebens
hinter Gitter bringen kann, doch sicher ist es nicht.
    Adán erklärt
ihm den Deal: Wenn sie nicht binnen sechsunddreißig Stunden zu einer
einvernehmlichen Lösung kommen, lässt er dem Senatsunterausschuss ein Paket mit
Tonbändern und Dokumenten übergeben.
    »Möglich, dass ich im
Bundesgefängnis lande«, sagt Adán. »Aber
genauso möglich ist es, dass wir Zellennachbarn werden.«
    Von wegen, ich hätte keine Trümpfe zu bieten. Ich kann die
ganze US-Regierung zu Fall bringen. »Was willst du haben?«, fragt Keller. »Eine
neue Identität.« Für mich. Und für Nora.
    Keller mustert ihn stumm. Lange. Adán lächelt sein undurchdringliches Lächeln.
    Dann sagt Keller: »Fahr zur Hölle.«
    Er ist ja froh, dass Adán die Beweise besitzt. Er ist froh, wenn das alles hochkommt. Es ist
Zeit, dass die Wahrheit ans Licht kommt, auch wenn sie bitter schmecken wird.
    Du denkst, ich hab Angst vorm
Gefängnis, Adán?
    Was glaubst du, wo ich mich befinde?
     
    Nora legt die Illustrierte weg und läuft im Zimmer auf und
ab. Das tut sie nun schon seit Monaten. Erst während der Schlafmittelentwöhnung,
dann, als es ihr besser ging, aus schierer Langeweile.
    Hundertmal hat sie verlangt,
entlassen zu werden, hundertmal hat Braunauge abgelehnt, immer mit derselben
Begründung.
    »Zu

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