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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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wiederzuerkennen«,
sagt sie. »Was meinst du?«
    Er kann es nur bestätigen.
    Am Abend macht er Hühnerbrühe für sie, Steak mit Kartoffein
für sich, sie setzen sich zum Essen an den Tisch und sehen fern, und als in den
Nachrichten die Meldung vom explodierten Meth-Labor mit mehreren Todesopfern
kommt, sagt er nichts, weil er merkt, dass sie nicht weiß, wovon die Rede ist.
    Er versucht, ein bisschen um
Peaches und O-Bop zu trauern, aber es geht nicht. Wer so viele Menschen ins
Jenseits befördert wie sie, muss damit rechnen, auch einmal so zu enden.
    Er hat kein Problem damit.
    Mickey allerdings, der tut ihm
leid.
    Doch die Meldung bedeutet auch,
dass Scachi hinter ihnen her ist.
    Nora hat eine unruhige Nacht -
kann nicht schlafen und will nicht sehen, was sie sieht, wenn sie die Augen
zumacht. Er kriegt es mit, weil er diese Bilder auch kennt. Nur dass ich mich
gegen sie abgehärtet habe, sagt er sich.
    Er liegt hinter ihr, hat den Arm
um sie gelegt und erzählt ihr irische Geschichten, die er aus seiner Kindheit
kennt, in Bruchstücken jedenfalls. Was er vergessen hat, erfindet er neu. Das
ist nicht allzu schwer, weil es ja nur um Feen und Kobolde und all das Zeug
geht.
    Gegen vier Uhr morgens nickt sie
endlich ein, auch er schläft ein bisschen, die Hand an der 22er, die unter
seinem Kopfkissen liegt.
    Als sie aufwacht, hat sie Hunger.
    Nicht zu fassen, denkt Callan. Sie gehen ins Restaurant über die Straße, wo sie ein Käseomelett mit
Bratwürstchen bestellt und Roggentoast mit viel Butter.
    Die Serviererin fragt: »Wollen Sie
amerikanischen Käse, Cheddar oder Jack?«
    »Alles«, sagt sie.
    Und futtert, als wäre es ihre
Henkersmahlzeit. Als würden sie schon draußen warten, um sie auf den letzten
Gang zu begleiten. Callan muss ein
bisschen grinsen, weil sie die Gabel führt wie einen Spieß - diese Würstchen
haben keine Chance. Und er sagt ihr nicht, dass sie ein bisschen Butter im
Mundwinkel hat.
    »Und, hat's geschmeckt?«, fragt
er, als sie fertig ist.
    »Es war köstlich!«
    »Bestell dir noch ein Omelett.«
    »Niemals!«
    »Zimtrollen.«
    »Na gut.«
    »Die sind heute Morgen frisch«,
versichert die Serviererin, als sie den großen Teller und zwei Gabeln bringt.
Nora geht raus, kommt mit der San Diego Union-Tribune zurück und
nimmt sich die privaten Annoncen vor.
    »Kim, wo bist du? Notfall in der
Familie. Suchen dich überall. Bitte sofort melden. Deine Schwester.« Dazu eine
Telefonnummer. Typisch Keller, denkt sie. Verstreut überall seine Botschaften,
nur für den Fall - der ja nun auch eingetreten ist -, dass ich als freie
Agentin aus freien Stücken davongelaufen bin. Arthur will also, dass ich mich
melde.
    Nein, Arthur, jetzt noch nicht.
    Wenn du mich finden willst, musst
du mich suchen.
     
    Er ist schon dabei.
    Kellers Leute sind in
Truppenstärke unterwegs. Klappern Flughäfen, Bahnhöfe, Busstationen, Fährhäfen
ab, prüfen Passagierlisten, Reservierungen, Passkontrollregister. Agenten von
Hobbs kümmern sich um die Einreiseregister in Frankreich, England, Brasilien.
Sie kommen sich vor wie in den April geschickt, aber am Ende der Woche ist
klar, dass Nora Hayden nicht außer Landes ist, zumindest nicht mit eigenem
Pass, dass sie weder ihre Kreditkarten noch ihr Handy benutzt hat, dass sie
sich um keinen Job beworben, kein Verkehrsdelikt begangen und keine Wohnung
unter Angabe ihrer Versicherungsnummer angemietet hat.
    Keller setzt Haley Saxon unter
Druck, lässt ihr jedes erdenkliche Vergehen vorwerfen, von Unzucht bis hin zu
Frauenhandel und Beihilfe zum versuchten Mord. Deshalb glaubt er ihrem Schwur,
sie habe nichts von Nora gehört und werde sich beim kleinsten Hinweis sofort
bei ihm melden.
    Die Abhördienste diesseits und
jenseits der Grenze fangen keine Gespräche auf, weder von Nora noch von Leuten,
die sie erwähnen.
    Keller ruft einen Unfallexperten,
der die Spuren von Callans Motorrad untersuchen soll. Der Mann betreibt
allerlei Hokuspokus im Wüstensand und stellt anhand der Reifenspuren fest,
dass mit Sicherheit zwei Personen auf dem Motorrad saßen und dass sich der
Sozius hoffentlich gut festgehalten hat, denn diese Harley sei sehr schnell
gefahren.
    Sehr weit kann Callan nicht sein, überlegt Keller. Mit einer Geisel entkommt er weder per
Flugzeug noch per Bahn oder Bus, und die Geisel findet zu viele Gelegenheiten,
vom Motorrad zu steigen - beim Tanken, an der Ampel, bei jedem Halt.
    Also engt er die Suche auf den
Radius einer Tankfüllung ein, hält Ausschau nach

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