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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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Julian.
    Das durchfahren sie einfach - an
Menschen sind sie jetzt nicht interessiert -, dann senkt sich die Straße wieder
ab, hin zur Küste, das Land weitet sich zu großen Feldern, Apfelplantagen,
Pferdekoppeln, und während es immer weiter bergab geht, öffnet sich vor ihnen
ein wunderschönes Tal.
    In der Mitte des Tals teilt sich
die Straße in nördlicher und in westlicher Richtung. An der Kreuzung gibt es
ein paar vereinzelte Häuser - auf der Nordseite ein Postamt, einen Supermarkt,
einen Imbiss, eine Bäckerei und (merkwürdigerweise) eine Kunstgalerie, auf der
Südseite einen alten Kolonialwarenladen und ein paar kleine Wohnhäuser.
Dahinter beginnt zu beiden Seiten das Nichts - Grasland mit weidenden Kühen.
Und Nora sagt: »Hier ist es schön.«
    Er hält vor dem
Kolonialwarenladen, in dem es jetzt Bücher und Gartenbedarf gibt, geht hinein
und kommt nach ein paar Minuten mit einem Schlüssel heraus. »Wir mieten für
einen Monat ein Häuschen«, sagt er. »Wenn es dir nicht gefällt, kriegen wir
das Geld zurück und fahren weiter.«
    Das Haus hat ein kleines
Wohnzimmer mit einem alten Sofa, Tisch und Stühlen, eine enge Küche mit Gasherd
und altem Kühlschrank, eine Spüle mit einem Hängeschrank fürs Geschirr darüber.
Die einzige weitere Tür führt in das winzige Schlafzimmer, mit einem noch
winzigeren Bad, das hinten angebaut ist - ohne Wanne, nur Dusche.
    In diesem Haus verlaufen wir uns
nicht, denkt sie.
    Er steht noch in der Haustür und
zögert.
    »Ich bin zufrieden«, sagt sie.
»Und du?«
    »Es ist gut, mir gefällt's.« Er
zieht die Tür hinter sich zu. »Wir sind übrigens die Kellys. Ich heiße Tom, du
heißt Jean.«
    »Ich bin Gene Kelly? Singin' in
the Rain?«
    »Daran hab ich nicht gedacht.«
    Nachdem sie geduscht hat, fahren
sie die vier Meilen zurück nach Julian, um Sachen zu kaufen. Die Mainstreet ist
voll von kleinen Restaurants, wo es Applepie gibt, die örtliche Spezialität,
aber sie finden auch ein paar Boutiquen, in denen sie ein paar einfache Kleider
und einen Pullover kauft. Das meiste kaufen sie im Eisenwarenladen, der auch
Jeans, Arbeitshemden, Socken und Unterwäsche führt.
    Ein Stück weiter findet Nora einen
Buchladen mit gebrauchten Taschenbüchern. Sie kauft sich Anna
Karenina, Middlemarch, The Eustace Diamonds und -
diese kleine Sünde erlaubt sie sich - ein paar Nora-Roberts-Liebesromane.
    Dann fahren sie zurück zu ihrer
Kreuzung und kaufen Lebensmittel im Supermarkt - Brot, Milch, Kaffee, Tee,
seine Lieblingscornflakes, ihre Lieblingscornflakes, Schinken, Eier, ein paar
Steaks, etwas Huhn, Kartoffeln, Reis, Spargel, grüne Bohnen, Tomaten,
Grapefruit, braunen Reis, Applepie, Rotwein, Bier - und allerlei Kleinkram:
Papierrollen, Geschirrspülmittel, Toilettenpapier, Deodorants, Zahnpasta,
Zahnbürsten, Seife, Shampoo, einen Rasierer mit Rasierklingen, Rasiercreme,
ein Haarfärbemittel und eine Schere.
    Sie haben sich auf ein paar
Vorsichtsmaßregeln geeinigt - nicht übervorsichtig, aber auch nicht allzu
leichtsinnig zu sein. Die Harley musste schon dran glauben und jetzt auch Noras
schulterlanges Haar, denn Callan wirkt unauffällig, sie aber nicht. Und als
Erstes werden sich die Verfolger überall nach einer schönen blonden Frau
umsehen.
    »So schön bin ich nicht mehr«, erklärt sie ihm.
    »Doch, bist du.«
    Zurück im Häuschen, schneidet sie ihr Haar. Ganz kurz.
Schaut in den Spiegel, als sie fertig ist und sagt: »Die heilige Johanna.«
    »Mir gefällt's.«
    »Lügner!«
    Aber nach einer Weile gefällt es
ihr auch irgendwie. Und noch mehr, als sie die Haare rot färbt. Na gut, denkt
sie, so sind sie leichter zu pflegen. Da stehe ich nun: Kurzes rotes Haar,
Jeans und Arbeitshemd. Wer hätte das gedacht?
    »Jetzt bist du dran«, sagt sie und klappert mit der
Schere.
    »Verzieh dich!«
    »Du brauchst sowieso einen neuen
Haarschnitt. Deine Siebzigerjahre-Mähne ist langsam passe. Komm, lass mich
ran!«
    »Nein.«
    »Feigling!«
    »Das ist eben mein Stil.«
    »Es gibt Kerle, die zahlen eine
Stange Geld, damit ich das bei ihnen mache.«
    »Die Haare schneiden? Du spinnst!«
    »Tja, die Welt ist bunter, als du glaubst, Tommy.«
    »Deine Hände zittern ja!«
    »Dann halt lieber still.«
    Er lässt sie machen. Sitzt ganz
still auf seinem Stuhl und verfolgt im Spiegel, wie sie an ihm herumschnippelt,
wie die braunen Locken erst auf seine Schultern, dann auf den Fußboden fallen.
Als sie fertig ist, begutachten sie sich gemeinsam im Spiegel.
    »Wir sind nicht

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