Winslow, Don
Kreditwucher, Glücksspiel, sogar Auftragsmord - alles okay. Aber es
macht ihm wirklich keinen Spaß, für Peaches Crack unter die Leute
zu bringen.
»Was sollen wir machen?«, hat O-Bop ihn gefragt, als das Thema zu Debatte
stand. »Ablehnen?«
»Am besten, ja.«
»Wenn die Sache platzt, sind wir auch geliefert.«
»Ich weiß.«
Nun sitzen sie also da, im Laderaum eines Trucks mit genügend Waffen, um
eine kleine Bananenrepublik zu erobern, und warten auf das Flugzeug, damit sie
umladen und nach Hause fahren können.
Für den Fall, dass die Mexikaner tricksen wollen, hat Callan zehn Schuss
im Magazin und einen weiteren in der Kammer.
»Wir haben doch hier ein ganzes Waffenarsenal«, sagt O-Bop. »Was willst du
da mit deiner 22er?«
»Die reicht mir aus.«
Da hat er verdammt noch mal recht, denkt O-Bop und muss an Eddie Friel
denken.
»Geh mal nachsehen, was da läuft«, sagt Callan.
O-Bop hämmert an die Wand vom Fahrerhaus. »Was ist denn nun?«
»Die finden das verdammte Flugzeug nicht.«
»Du willst mich wohl verarschen!«
»Klar will ich dich verarschen!«, brüllt Peaches zurück. »Der Flieger ist
gelandet, wir haben unsern Tausch gemacht und essen bei Rocco Linguine mit
Muschelsauce!«
»Wie kann denn ein ganzes Flugzeug verlorengehen?«, fragt Callan.
Draußen ist nichts als Finsternis.
Das ist das Problem. Der Pilot fliegt achttausend Fuß über der Wüste,
unter ihm nichts als Finsternis. Er kann Borrego Springs, Ocotillo Wells und
Blythe orten, aber wenn ihm nicht bald jemand die Landekoordinaten durchgibt,
dann ist seine Chance, diese Piste zu finden, gleich null.
Nichts zu sehen da unten.
Das Problem ist, dass der Treibstoff nicht ewig reicht, und wenn nicht
bald was passiert, muss er umkehren, zurück nach El Salvador. Er versucht es
wieder mit dem Funkgerät und kriegt dasselbe metallische Kreischen. Dann dreht
er eine Halbfrequenz weiter und hört etwas.
»Bitte melden, bitte melden.«
»Wo zum Teufel steckt ihr?«, fragt der Pilot. »Ihr sendet auf der falschen
Frequenz!« Glaubst du, denkt Keller.
Der heilige
Antonius ist der Schutzpatron der hoffnungslosen Fälle, und Keller nimmt sich
vor, ihm mit einer Kerze und einem Zwanzigdollarschein zu danken, als Shag ins
Funkgerät spricht: »Wollen Sie stänkern, oder wollen Sie landen?«
» Ich will
landen!«
Die Männer, die sich in dieser klirrend kalten Nacht um das Funkgerät
drängen, grinsen sich triumphierend an. Und beim Gedanken, dass gleich ein
Flugzeug landet, randvoll bepackt mit Kokain, wird ihnen sofort wärmer.
Wenn die Sache nur nicht in die Hose geht.
Was durchaus passieren könnte.
Shag ist schon alles egal. »Meine Karriere ist sowieso im Eimer.«
Er gibt dem
Piloten die Koordinaten durch. »Zehn Minuten«, sagt der Pilot. »Verstanden.
Over.«
»Zehn Minuten«, sagt Keller.
»Das werden lange zehn Minuten«, meint Dantzler.
In diesen zehn Minuten kann eine Menge passieren. Der Pilot kann
misstrauisch werden und umkehren. Der Funker von der anderen Landebahn kann
Dantzlers Frequenzsperre durchbrechen, mit dem Piloten Kontakt aufnehmen und
ihn auf seine Piste lenken.
In diesen zehn Minuten, denkt Keller, kann es auch ein Erdbeben geben, mit
einem Riss quer über die Landebahn, der uns alle verschluckt. In diesen zehn
Minuten ...
Er stößt einen tiefen Seufzer aus.
»Jetzt wird's ernst«, meint Dantzler.
Shag lacht ihm ins Gesicht.
Adán Barrera lacht
nicht, er beißt die Zähne zusammen. Dieser Deal darf auf keinen Fall
schiefgehen. Tío hat ihn gewarnt. Dieser Deal muss einfach klappen. Aus vielen Gründen,
denkt Adán.
Er ist jetzt verheiratet. Der Tag, an dem er mit Lucia getraut wurde, von Padre Juan
persönlich, war sein schönster Tag, aber noch schöner war die Nacht darauf.
Nach Jahren der Zurückweisung bekam er Lucia endlich ins Bett. Und sie war
alles andere als passiv. Sie wand sich wie eine Schlange, rief seinen Namen,
breitete ihr blondes Haar übers Kissen, genauso hingebungsvoll, wie sie ihre
Schenkel öffnete.
Das Eheleben ist eine großartige Sache, aber es bedeutet auch
Verantwortung, besonders jetzt, wo Lucia schwanger ist. Jetzt, denkt Adán, der draußen in
der Wüste sitzt, wird alles anders. Das ist eine Sache auf Dauer. Du wirst papá, musst eine Familie ernähren, ihre Zukunft liegt in
deiner Hand. Er ist nicht unglücklich darüber, im Gegenteil. Er ist geradezu
versessen darauf, diese Verantwortung zu übernehmen, über die Maßen beglückt,
Vater zu werden -
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