Winslow, Don
einer Dienststelle der Federales. Keller hält
es Vega unter die Nase.
»Sehen Sie sich das an!«, brüllt er. »Hat er das Foto von Ihren Leuten?
Haben die ihm das Foto gegeben?«
»Auf keinen Fall.«
»Darauf verwette ich meinen Arsch!«
Keller fährt zurück ins Büro und ruft Tim Taylor in Mexico City an.
»Ich hab's schon gehört«, sagt Taylor. »Was haben Sie unternommen?«
»Ich war beim Botschafter«, sagt Taylor. »Er wird persönlich beim
Präsidenten vorsprechen. Haben Sie Teresa und die Kinder in Sicherheit
gebracht?«
»Sie wollte nicht weg, aber -«
»Verdammter Mist!«
»Aber ich hab Shag beauftragt, sie zum Flughafen zu bringen«, sagt
Keller. »Sie müssten schon in San Diego sein.«
»Was ist mit Shag?«
»Der ist im Einsatz.«
»Ich ziehe Sie und Ihre Leute von dort ab.«
»Den Teufel werden Sie!«, sagt Keller.
Schweigen in der Leitung, dann fragt Taylor: »Was brauchen Sie, Art?«
»Einen verlässlichen Cop«, sagt Keller und erzählt Taylor von dem Foto,
das er in Barreras Haus gefunden hat. »Ich hab genug von diesen beschissenen
Federales. Schicken Sie mir einen fähigen Mann, der sauber ist.«
Am Nachmittag trifft Antonio Ramos in Guadalajara ein.
Adán hört den Mann
schreien.
Dann die ruhige, geduldige Stimme, die immer wieder dieselbe Frage
stellt.
Wer ist Chupar? Wer ist Chupar? Wer
ist Chupar?
Ernie sagt ihnen wieder und wieder, dass er es nicht weiß. Sein Folterer
glaubt ihm nicht und stößt immer von neuem mit dem Eispickel zu, kratzt damit
an Ernies Schienbein.
Du weißt es. Sag uns, wer es ist.
Wer ist die Quelle Chupar?
Ernie nennt ihnen Namen. Alle Namen, die ihm einfallen. Kleindealer,
Großdealer, Federales, Provinzpolizisten, Gomeros - Hauptsache,
sie hören auf.
Aber sie hören nicht auf. Sie nehmen ihm keinen einzigen Namen ab. Der
Doktor - so wird der Mann von den anderen genannt - stößt immer wieder mit dem
Eispickel zu. Langsam, geduldig, sorgfältig, unbeeindruckt von Ernies
Schreien. Ohne jede Eile.
Wer ist Chupar? Wer ist Chupar?
Wer ist Chupar? »Ich weiß es nicht....«
Der Eispickel schafft sich einen neuen Zugang zu einem neuen Stück Knochen
und kratzt.
Gúero Méndez kommt entnervt
aus dem Verhörraum.
»Ich glaube, er weiß es wirklich nicht«, sagt er.
»Doch«, behauptet Raúl. »Das ist ein Macho - ein harter Hund.«
Hoffen wir, dass er nicht zu hart ist, denkt Adán. Wenn er uns den
Namen nennt, können wir ihn laufen lassen, bevor die Sache außer Kontrolle
gerät. Ich kenne die Yankees besser als du, hat Adán seinem Onkel
erklärt. Sie werfen Bomben, Feuer, Gift auf andere Völker, aber wenn einem von
ihnen auch nur ein Haar gekrümmt wird, reagieren sie mit blinder,
selbstgerechter Raserei.
Nur wenige Stunden nach der Entführung von Hidalgo hat eine Armee von
DEA-Leuten Adáns Depot in Rancho Santa Fe ausgehoben.
Der größte Drogenfund aller Zeiten.
Eine Tonne Kokain im Wert von 37,5 Millionen Dollar, zwei Tonnen Marihuana im Wert von fünf Millionen Dollar, 27 Millionen in bar, außerdem
Geldzählmaschinen, Waagen und andere Utensilien des Drogengewerbes. Nicht zu
vergessen fünfzehn illegale mexikanische Arbeiter, deren Job es war, das Kokain
zu portionieren und zu verpacken.
Aber der Preis war noch viel höher, denkt Adán, während er
versucht, die Schreie aus dem Nachbarzimmer zu überhören. Der Preis war noch
viel höher. Drogen und Geld kann man ersetzen, aber ein Kind...
»Eine lymphatische Malformation«, haben die Ärzte gesagt, »ein zystisches
Lymphangiom«. Das nichts zu tun hat mit der hektischen Flucht aus dem Haus in
San Diego, nichts zu tun mit den Erschütterungen während des Endspurts zur
Grenze bei Tijuana, nicht durch den Flug nach Guadalajara. Diese Fehlbildung,
haben ihm die Ärzte erklärt, entwickle sich schon am Anfang der
Schwangerschaft, die Ursachen seien nicht geklärt. Klar ist nur, dass sich das
Lymphsystem der Tochter von Adán und Lucia nicht normal entwickelt hat, dass sie
daher Missbildungen an Gesicht und Hals hat und dass es kein Mittel dagegen und
keine Aussicht auf Heilung gibt. Zwar ist die Lebenserwartung normal, aber es
gibt eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen und Schlaganfälle, gelegentlich
Atemprobleme...
Lucia gibt ihm, Adán, die Schuld.
Nicht ihm direkt, sondern dem Leben, das er ihnen aufzwingt, seinen
Geschäften, dem Drogenschmuggel. Hätten sie in den Staaten bleiben können, wo
die pränatale Vorsorge einfach hervorragend ist, wäre das Kind wie
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