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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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sehr nervös, wenn ihnen
einer dabei zusieht. Und was zum Teufel ist Kerberos?
    Durchs Fenster sieht er, dass draußen schon wieder ein Polizist steht. Er
geht ins Arbeitszimmer und ruft Ernie zu Hause an.
    »Du musst mir ein Auto bringen. Fahr durch die Parallelstraße und parke
ihn zwei Ecken weiter südwärts. Fahr mit dem Taxi zurück.«
    Als es so weit ist, verlässt er das Haus durch die Küchentür, klettert
über den Zaun aufs Nachbargrundstück und geht hinaus auf die Parallelstraße. Er
findet das Auto dort, wo es sein soll, aber es gibt ein Problem.
    Ernie sitzt noch drin.
    »Du solltest doch mit dem Taxi zurückfahren«, sagt Keller und schlüpft
neben ihn auf den Sitz. »Ich glaube, das hab ich nicht gehört.«
    »Fahr nach Hause«, sagt Keller. Und als Ernie sich nicht vom Fleck rührt:
»Hör zu, ich will dir dein Leben nicht auch noch versauen.«
    »Wann erzählst du mir, was da läuft?«, fragt Ernie, während er aussteigt.
    »Wenn ich selbst weiß, was da läuft.« Vielleicht also nie.
    Keller rutscht auf den Fahrersitz und fährt zu Tíos Liebesnest.
    Wenn sie mich nun schon erwarten?, fragt er sich auf dem Weg dorthin, wo
er das Tonband auswechseln will. Ein kurzer Blick über die Mauer verrät ihm,
dass noch Licht in Tíos Schlafzimmer ist. Er duckt sich über den Gully und stöpselt den Ohrhörer
in den Rekorder ein, damit er hören kann, was gerade läuft.
    Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand', sagt das Sprichwort.
Keller ist gespannt.
    »Hat es
geklappt?«, fragt Tío.
    »Ich weiß
es nicht.« Scachis Spanisch ist ziemlich gut, es
ist zweifelsfrei seine Stimme. »Aber ich glaube schon. Der Junge
hatte ganz schön Schiss.«
    Allerdings, denkt Keller. Wollen wir doch mal sehen, wie cool du bleibst,
wenn dir einer die Kanone in den Nacken schiebt.
    »Wusste er
über Kerberos Bescheid?«
    »Ich
glaube nicht. Darauf hat er nicht reagiert.«
    Bleib locker, denkt Keller. Ich hab nicht die geringste Ahnung.
    Dann hört er Tío sagen: »Wir können kein Risiko eingehen. Den nächsten Tausch...«
    Tausch?, denkt
Keller. Welcher Tausch? »... machen wir in El Norte. « El Norte also. In den Staaten.
    Wunderbar, denkt Keller. Nur zu, Tío.
    Bring's über die Grenze.
    Denn wenn du das machst...
    ... hole ich das Flugzeug vom Himmel.
     
    Borrego Springs, Kalifornien Januar
     
    1985
     
    Ein Flugzeug, jedes Flugzeug eigentlich, orientiert sich an VOR-Signalen.
Ein VOR (Variable Oscillation Radio) ist so etwas Ähnliches wie ein
Leuchtturm, nur dass man anstelle von Lichtsignalen Funksignale verwendet, die
im Flugzeug als Piepser registriert werden oder als pulsierendes Licht auf der
Instrumententafel. Alle Flughäfen, auch die kleinsten, besitzen ein VOR.
    Aber ein Flugzeug voller Kokain wird keinen US-Flughafen ansteuern, und
wenn er noch so klein ist. Vielmehr wird es auf einer privaten Piste landen, in
einer entlegenen Wüstengegend. Auf die VOR-Signale ist es trotzdem angewiesen,
weil der Pilot die Piste lokalisiert, indem er ihre Position zwischen den drei
nächstliegenden VOR-Signalen anvisiert, und das sind die Funkfeuer der
Flugplätze von Borrego Springs, Ocotillo Wells und Blythe. Technisch läuft das
so, dass die Leute am Boden ihre Position durchgeben, die sich aus der Lage
und Entfernung der drei Funkfeuer errechnet.
    Dann postieren sie sich mit dem Auto am Ende der Piste, und wenn das
Flugzeug in Sicht kommt, verwandeln sie sich in einen Landeturm, wenn man so
will, indem sie die Scheinwerfer einschalten. Der Pilot schwenkt auf das
Lichtsignal ein und bringt das Flugzeug zu Boden, mitsamt seiner kostbaren
Fracht.
    Aus Sicherheitsgründen geben die Jungs am Boden ihre Position erst dann
durch, wenn das Flugzeug schon in der Luft ist, denn bis dahin kann einiges
dazwischenkommen. Aber was?
    Nun, eine ganze Menge. Der Radiokompass sendet in einer bestimmten
Frequenz, die kennt Keller, weil er Tíos Gespräche belauscht, und er hat sie angepeilt, so
dass er die Landeposition zur gleichen Zeit erfährt wie der Pilot. Aber damit
ist es nicht getan. Kellers Mannschaft kann nicht warten, bis das Flugzeug
landet, um es dann zu stürmen, weil sie nicht nahe genug herankommen, ohne
schon von weitem gesehen zu werden - bevor das Flugzeug auch nur zur Landung
ansetzt.
    Denn gleich hinter Borrego Springs beginnt die Anza-Borrego-Wüste -
Tausende Quadratkilometer Einöde. Wenn man dort eine Taschenlampe anknipst,
leuchtet sie so weit wie ein Scheinwerfer, und es ist so still da

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