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Winter

Winter

Titel: Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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Galopp fiel, und dem Jungen, der gut ausbalanciert auf seinem Rücken saß, bis sie außer Sichtweite waren.
Ich war immer noch wütend, jetzt aber aus einem anderen Grund. Ich hasste ihn, weil er mich von Anfang an verarscht hatte und wie eine blöde Kuh aussehen ließ. Und ich hasste mich selbst, weil ich ihm auf den Leim gegangen war.
4
    Ich saß noch beim Frühstück, als Mr Carruthers kam. Mit ihm hatte ich zwar gerechnet, aber nicht gleich am ersten Tag. Jedenfalls war ich gerade dabei, meine Haferflockenschüssel leer zu löffeln, als die Geräusche an der Tür die Ankunft eines Besuchs ankündigten.
    Mir war auch klar, warum er gekommen war. Sylvia oder Ralph – wahrscheinlich Sylvia – hatte ihn angerufen, wobei ich mir gut vorstellen konnte, wie das Gespräch gelaufen war: »Sie macht Schwierigkeiten. Schlimmer noch. Sie benimmt sich unmöglich.«
    Bei Mr Carruthers wusste ich nie so recht, woran ich war. Er verwaltete seit jeher den Nachlass und kam mich alle drei Monate in Canberra besuchen – zumindest in den letzten Jahren –, um mir eine Kopie seines Berichts an das Gericht auszuhändigen und nach dem Rechten zu sehen. Manchmal brachte er Ralph mit, meistens jedoch nicht.
    »Noch Fragen?«, wollte Mr Carruthers dann immer abschließend wissen. Fragen waren mir erst in den letzten Jahren eingefallen. Und die letzten beiden Male hatte ich ihn mit so vielen Fragen bombardiert, dass er mich ganz entsetzt anstarrte. Ich spürte deutlich, dass ich ihm als nettes, süßes, sanftmütiges Mädchen lieber gewesen war.
    Doch bei allem blieb er immer gleich freundlich, höflich, fröhlich und zuversichtlich. Das war auch völlig okay, nur ohne wirklich zu wissen warum, spürte ich, dass das nicht ganz echt war. Als hätte er einen Kurs gemacht, so ein Training, wie man in allen Lebenslagen positiv bleibt. Man wusste nie, was er wirklich dachte.
    Jetzt kam er mit hinter der Brille blitzenden Augen auf mich zu.
»Winter! Willkommen daheim. Willkommen auf Warriewood. Es ist ja auch wirklich lange her.«
Das war typisch für ihn. Zuerst hatte er nichts unversucht gelassen, damit ich bei den Robinsons blieb, und jetzt, da ich hier war, verhielt er sich, als wäre es von Anfang an seine Idee gewesen.
»Also«, sagte er, während er einen Stuhl heranzog und sich neben mich setzte, »wie läufts denn so?«
»Gut«, erwiderte ich.
»Ich hab gehört, du hast letzte Nacht auf dem Hof geschlafen.«
»Stimmt.«
»Alle Achtung. Ganz allein? Du hast mehr Mut als ich. Hast du denn keine Angst gehabt?«
»Nein.« Wozu sollte ich ihm sagen, dass ich mich alles andere als allein gefühlt hatte?
»Na gut, aber du musst einsehen, dass das nicht geht, solange das Haus in diesem Zustand ist. Was meinst du? Ralph und Sylvia wären sehr froh, wenn du bis dahin bei ihnen wohnst.«
Die schienen immer noch nicht kapiert zu haben, dass ich hier war um zu bleiben.
»Warum ist das Haus so baufällig?«, fragte ich und schob die leere Haferflockenschüssel weg.
»Verzeihung.« Er starrte mich mit hinter seiner Brille immer größer werdenden Augen an, wobei die Gläser mit den Brauen nach oben wanderten.
»Warum ist der Hof so heruntergekommen? Löcher im Dach. Morsche Dielenbretter auf der Veranda. Von den Wänden blättert die Farbe ab. Warum hat sich kein Mensch darum gekümmert?«
»Das ist eine Frage der Prioritäten«, erwiderte er, als wäre er meine Internatsleiterin, die ihren Zöglingen gerade einen Vortrag über die Speisesaalordnung hält.
»Es ist das Hauptgebäude auf dem Grundstück. Wollten Sie es einfach zu Bruch gehen lassen?«
»Nein, selbstverständlich nicht. Ich wusste gar nicht, dass es so heruntergekommen ist.«
Bedenkt man, dass er selbst dieses Thema angesprochen hatte, fand ich das einigermaßen stark.
»Aber Winter«, fuhr er fort, »wenn du möchtest, dass der Hof renoviert wird, lässt sich das arrangieren. Es ist genug Geld da und als Nachlassverwalter würde ich solche Renovierungsarbeiten als absolut legitim erachten.«
»Okay. Können wir die Veranda reparieren lassen? Und das Haus ausmalen?«
»Selbstverständlich.«
»Und die Teppiche erneuern?«
»Ich mache dir einen Vorschlag. Ich rufe einen alten Freund an, Bruce McGill, der auch mit deinen Eltern befreundet war. Er ist Architekt und auf alte Häuser spezialisiert. Er kann dich beraten und dir sagen, was nötig ist.«
»Okay. Können Sie ihn heute anrufen? Noch am Vormittag?«
»Äh, ja, natürlich. Ja, selbstverständlich. Er ist ein viel

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