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Winter

Winter

Titel: Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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schon so lange hier. Ich müsste außerdem mit unseren Anwälten sprechen.«
»Hören Sie«, sagte ich. »Es ist mir egal, was nötig ist oder was es kostet. Die beiden gehen, und zwar heute noch.«
»Das geht nicht, Winter. Hör mir doch zu!«
»Mr Carruthers«, sagte ich, »Sie sind der Treuhänder dieses Grundstücks. Sie sind es seit zwölf Jahren. Es ist mir unbegreiflich, wie hier alles so verkommen konnte, während Sie zuständig waren. Für mich ist das ein großes Rätsel. Aber in zwei Jahren bin ich achtzehn – in nicht ganz zwei Jahren – und dann bin ich zuständig. Bis dahin können Sie mich so ziemlich an allem hindern. Zumindest habe ich es so verstanden. Aber wenn Sie mich jetzt in dieser Sache blockieren, dann wird mein achtzehnter Geburtstag der letzte Tag sein, an dem Sie irgendetwas mit Warriewood zu tun haben. Wenn Sie jedoch Ihren Job als mein Finanzberater behalten wollen, dann rate ich Ihnen dafür zu sorgen, dass diese beiden miesen Betrüger bis fünf Uhr von hier weg sind.«
Er wollte etwas einwenden, aber ich ließ ihn nicht. Ich redete einfach weiter. Ich dachte ihn ganz gut zu kennen. Wenn es darauf ankam, wenn er entscheiden musste, ob er Ralph und Sylvia opfern sollte oder sich selbst, gab es nur eine Wahl für ihn.
»Ich schlage vor, Sie teilen ihnen Folgendes mit: Wenn sie morgen noch hier sind, rufe ich die Polizei und zeige sie an. Dann soll die Polizei den Diebstahl meines Holzes und den Diebstahl meiner Möbel untersuchen. Und ich rufe A Current Affair an, sie sollen einen Reporter herschicken und eine Geschichte über eine Waise machen, die von den Leuten übers Ohr gehauen wurde, die eigentlich zu ihrem Schutz da sind. Andererseits, wenn Ralph und Sylvia bis fünf hier weg sind, haben sie noch einmal Schwein gehabt und können verhindern, dass ihre Namen in der Zeitung stehen.«
Das war alles. Ich war fertig. Ich war alles losgeworden, was mir durch den Kopf ging, und ich hatte alles gesagt, was ich sagen wollte. Ich lehnte mich zurück, legte die Hände flach auf den Tisch, damit er ihr Zittern nicht sah, und wartete ab.
Schließlich sagte er: »Ich habe neulich schon gesagt, wie sehr du deiner Mutter ähnelst. Mein Gott, wie Recht ich damit hatte!«
Er stand auf. »Ich gehe jetzt gleich und rede mit ihnen«, fuhr er in einem besänftigten Ton fort. »Mal sehen, was sich machen lässt. Da du in dieser Sache offenbar absolut entschlossen bist, muss ich wohl dafür sorgen, dass sie passiert.«
13
    Eigentlich wollte ich Matthew Kennedy an dem Nachmittag gar nicht treffen, doch wie es der Zufall wollte, war ich auf derselben Straße wie am Tag zuvor unterwegs und rein zufällig auch zur gleichen Zeit. Wir leben in einem freien Land, oder nicht? Ich kann gehen, wo ich will und wann ich will, und wenn so ein eingebildeter Kerl auf einem Pferd zufällig auch dort reiten möchte, dann wird ja hoffentlich genug Platz für uns beide da sein.
    Der eigentliche Grund, warum ich den Hof verließ, war aber ein anderer. Trotz meiner Unerschrockenheit Mr Carruthers gegenüber machten mir die Folgen meines Entschlusses eine solche Angst, dass ich für den Rest des Tages buchstäblich in Deckung ging. Ich wollte Ralph und Sylvia unter keinen Umständen begegnen, und wenn ich zwischen ihnen und Matthew Kennedy wählen sollte, würde ich mich für Matthew entscheiden.
    Es war natürlich feige, Mr Carruthers die Drecksarbeit zu überlassen. Das erinnert mich an eine Redensart, die ich irgendwann einmal gehört habe und die besagt, dass es Leute gibt, die die Kugeln zwar herstellen, das Schießen dann aber anderen überlassen. Genau so jemand war ich. Aber für einen Tag hatte ich genug getan. Noch mehr Drama wäre einfach nicht drinnen gewesen.
    Inzwischen war ich an der Stelle vorübergekommen, an der sich Matthew von mir verabschiedet hatte, und fand mich bereits damit ab, dass er nicht kommen würde – was mir so oder so piepegal war –, als von hinten das schon vertraute Trappeln zu hören war.
    »Tag, Winter!«, sagte er und verlangsamte das Pferd auf Schritttempo. Er saß wieder auf dem Fuchs. »Wie geht’s? Lust auf eine Reitstunde?«
    »Ich nehme keine Reitstunden, besten Dank. Und schon gar nicht von dir.«
»Du ahnst nicht, was dir entgeht. Damit du’s weißt: vor ein paar Jahren war ich immerhin Dritter beim Bewerb der Anfänger unter zehn im Pony Club von Christie.«
»Wer war unter zehn? Du oder das Pferd?«
»Äh, wir beide.«
Wir gingen schweigend weiter.
Dann fragte Matthew:

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