Winter auf Italienisch
nun
gut, wenn das die Regeln waren. Da
hatte mich dieses Gespräch ja gerade noch vor eventuellen Fettnäpfchen bewahrt.
Wieso dachte ich denn jetzt sowas? Da
spukte doch schon wieder dieser Mattia in meinem Kopf herum. Er war aber auch
zu lässig. Und auch sonst genau mein Typ. Was sollte ich nur machen? Am besten
gar nichts. Das hatte ich ja gerade gelernt.
»Und Giacomo? In wen ist der verliebt?«,
tastete ich mich ein kleines Stück vor.
»Ich dachte ja bisher, er hätte ein Auge
auf dich geworfen«, sagte Mafalda und grinste.
»Auf mich?«, fragte ich entsetzt.
»Wieso? Magst du meinen Bruder etwa
nicht?«
»Doch, na klar! Er ist ein super Kumpel.
Aber mich in ihn zu verknallen, das ist mir noch gar nicht in den Sinn
gekommen. Ist das schlimm?«
Mafalda lachte laut auf. »Für mich ganz
sicher nicht. Aber für ihn vielleicht. Wir sollten Cinzia helfen, dass er sich
in sie verliebt. Soweit ich weiß, schwärmt sie schon ewig für ihn.«
Ich sah nach vorn, wo die Zwei
ausgelassen miteinander quatschten.
»Na, im Moment sieht es so aus, als würde
da durchaus was gehen«, sagte ich.
Schweigend gingen wir weiter.
»Hier links ist der Skiverleih«, rief
Mattia uns von hinten zu. „Hier müssen wir morgen zuerst hin. Danach nehmen wir
die Gondel. Die Talstation befindet sich nur noch etwa 100 Meter entfernt.«
Dort angekommen, sammelten wir uns wieder
zu einer Gruppe.
»Ab 8 Uhr können wir hochfahren. Um 16
Uhr fährt die letzte Gondel«, erklärte uns Marco.
»Wir sollten also langsam zurück zum
Hotel, damit wir morgen nicht verschlafen«, fügte Mafalda hinzu.
Während Giacomo weiterhin bei Cinzia
blieb, hakte Mafalda sich diesmal bei Filippo unter, dem das sichtlich peinlich
war. Aber wie ich meine Freundin kannte, würde sie ihn schon aus der Reserve
locken.
Elisabeta nutzte schnell die Gelegenheit,
wieder mit Marco zusammen zu sein, auch wenn der gerade mit Mattia über das
Skiplateau und dessen Abfahrtsmöglichkeiten sprach.
So blieb ich diesmal irgendwie übrig. Ich
fiel etwas ab und sah mir die rustikalen Häuser und Hotels an. Ich bewunderte
die verschneiten Dächer und die riesenhaften Eiszapfen, die darunter hingen.
Aus heiterem Himmel ging Mattia plötzlich
neben mir. Ich hatte ihn gar nicht bemerkt.
»Ben tornata! Willkommen zurück!«, sagte
er, als er sicher war, dass ich seine Anwesenheit endlich zur Kenntnis genommen
hatte.
»Wo sind die anderen«, fragte ich und sah
mich um.
»Du hast so lange in die Luft geguckt,
dass du gar nicht bemerkt hast, dass du einfach an der Straße, die zum Hotel
führt, vorbei gegangen bist. Da dachte ich mir, ich nutze die Gelegenheit, um
dich vor dem Verlaufen zu bewahren.«
Ich lächelte ihn an.
»So, so! Dann muss ich dir jetzt also
dankbar sein, dass du mich vor einem eventuellen Kältetod - sie irrte die ganze
Nacht durchs Dorf, bis sie erfror - gerettet hast?«
Wir mussten beide lachen.
»Hai freddo? Und? Ist dir kalt?«
Vorsichtig legte er seinen Arm um mich.
»Jetzt nicht mehr«, antwortete ich
ehrlich, aber mit zittriger Stimme.
»Liegt das an mir?« Er hielt an und sah
mir tief in die Augen.
Ich nickte zaghaft und senkte schnell den
Blick.
Er legte einen Finger unter mein Kinn und
hob es an.
»Guarda mi, Tanina! Sieh mich an!«
Pure Leidenschaft lag in seinen Augen.
Und als ich seine wohlgeformten Lippen sah, die schon wieder ein wissendes
Lächeln andeuteten, da musste ich ihn einfach küssen.
Zunächst schien er überrascht, dass ich
ihm zuvorgekommen war, doch dann zog er mich fest an sich und raubte mir fast
den Atem.
Plötzlich ließ er von mir ab, ergriff
meine Hand und zog mich in eine dunkle Ecke hinter ein Haus. An die Wand
gepresst stand ich da und bebte am ganzen Körper. Was tat er da mit mir? Oder
besser: Was hatte ich getan?
»Mi dispiace! Es tut mir leid!«, sagte
ich mit dünner Stimme. »Was musst du jetzt von mir denken? Wo es doch in
Italien nicht erlaubt ist, zuerst zu küssen.«
Mattia lachte. »Das haben sie dir
erzählt?«
Ich nickte beschämt.
»Es ist schrecklich, dass man hier immer
den Anfang machen muss. Ich finde es großartig, dass du mir diese Arbeit
abgenommen hast.«
»Jetzt denkst du sicher, ich mache das
ständig so, oder?« Ich fühlte mich wirklich nicht wohl in dieser Rolle.
»Und? Tust du?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Es kam noch nicht so oft vor, dass ...«
Was sollte ich sagen? Dass ich einen Mann
so toll fand wie ihn? Oder, dass ich mich verliebt
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