Winter auf Italienisch
gefolgt.
»Das ist das Matterhorn. Wir steigen
jetzt auf 3500 Metern aus. Der Berg ist 4000 Meter hoch. Also von hier aus nur
noch ein Hügel.«
Die Luft war hier spürbar dünner, denn ich
war total aus der Puste, als ich endlich mit Mattia aus dem Sessellift
gestiegen war. Wir warteten, bis alle angekommen waren, und beschlossen dann, eine
Abfahrt zu wagen. Die Strecke hier war lang. Wenn wir das nächste Mal wieder oben
ankämen, könnten wir uns schon eine Kleinigkeit zu Essen in dem Bergrestaurant
besorgen.
Alle waren einverstanden. Nur Giacomo
erklärte, dass er bei Cinzia bleiben werde, bis wir zurück seien. Er werde ihr
ein wenig die Grundschwünge beibringen, damit sie am Nachmittag mit allen
zusammen die Abfahrt wagen könne. Wenn wir zurück seien, sei schließlich immer
noch genug Zeit, um einmal alleine oder mit seiner Schwester zusammen, die auch
sehr gut fuhr, ins Tal zu sausen. Das fand ich wirklich lieb von ihm.
Wir ließen es langsam angehen. Nicht, dass
jemand von uns unsportlich war, doch wir waren alle noch nicht Ski gefahren in
diesem Winter. Mafalda und ich führten die Gruppe an, gefolgt von Mattia, der
fast genauso gut fuhr wie wir. Es war einfach nur herrlich, über den weißen
Schnee zu gleiten, zuzusehen, wie der feine Pulverschnee aufwirbelte.
Erinnerungen an die Reisen mit meinem Vater kamen mir in den Sinn, und
entlockten mir ein Lächeln. Wie sehr hatte ich das vermisst.
Ab und zu legten wir eine Pause ein und
warteten, dass Filippo, Marco und Elisabeta zu uns aufschließen konnten. Die
Aussicht war majestetisch und der Himmel setzte sich fast strahlend blau von
dem weißen Schnee ab. Als wir schließlich im Tal ankamen, zitterten mir die
Knie vor Anstrengung. Aber ich fühlte mich wunderbar. Besonders, als Mattia
neben mich glitt, mich umarmte und vor allen auf den Mund küsste. Er meinte es
also ernst.
»Das ist ja schrecklich«, sagte Mafalda.
»Alles nur Pärchen hier.« Woraufhin Filippo von hinten zwischen ihre Ski fuhr,
sie umarmte und sie beide lachend in den Schnee plumpsten.
»Los, lasst uns wieder hoch fahren«,
sagte Elisabeta.
»Giaco und Cinzia warten sicher schon. Und
außerdem bin ich schon ganz hungrig.«
Sie nahm ihre Skistöcke in die linke Hand
und griff mit der rechten nach Marco. Händchenhaltend glitten sie langsam zum
Sessellift.
Diesmal nahm Mattia mich im Lift in den
Arm. Ich lehnte mich an seine Schulter und wünschte, die Zeit würde jetzt stehenbleiben.
»Meinst du, wir könnten die Zimmer
tauschen?«, fragte er in die Stille hinein. Fragend sah ich ihn an, bekam aber
augenblicklich rote Wangen bei dieser Vorstellung.
»Ich möchte bei dir sein«, flüsterte er
mir ins Ohr. »Ich möchte dich in meinen Armen halten, wenn du schläfst und dich
dabei ansehen.«
Ich wandte mich ihm zu. Wärme
durchströmte mich. Als seine kühlen Lippen mich berührten und er mit seiner
Zungenspitze begann, sie vorsichtig zu umrunden, öffnete ich automatisch den
Mund, um ihn einzulassen. Und auf einmal gab es keinen Zweifel mehr: Ja, ich
wollte, dass er heute Nacht bei mir blieb. Ich wollte es sogar sehr.
Cinzia fuhr tatsächlich eigenständig Ski,
als wir oben ankamen. Es sah zwar lustig aus, wie sie den Po nach hinten weg
streckte und mit den Armen wedelte, aber sie fiel nicht hin. Und wenn doch,
hätte Giacomo sie sicher aufgefangen, denn er fuhr direkt vor ihr - rückwärts -
und mit offenen Armen, bereit, sie jederzeit aufzufangen.
Als er uns sah, stoppte er und Cinzia
fuhr direkt in ihn hinein. Statt hinzufallen, nahm er sie in die Arme, lang
genug, dass auch wir sicher waren, dass die beiden sich gefunden hatten.
Gemeinsam stiegen wir die wenigen Meter
zur Restaurantplattform auf, schnallten unsere Ski ab und steckten sie in den
Schnee. Ich öffnete die oberen Schnallen meiner Skistiefel und folgte den
anderen ins Innere des flachen Betongebäudes, das so gar nicht in diese
idyllische Landschaft passen wollte.
Das Restaurant entpuppte sich als eine Art
Schnellimbiss mit Selfservice. Der Boden war matschig und glitschig durch die vielen Skistiefelträger, die Tische waren
zweckmäßig aus Chrom und Plastik. Kein Ort zum Verweilen, dachte ich. So holten
wir uns alle eine Focaccia, belegt mit Tomate, Mozzarella und Rucola, dazu eine
Cola. Das musste bis zum Abend reichen. Zum Essen setzten wir uns auf die
Terrasse. Es war wirklich wie damals mit Papa im Skiurlaub. Nur dass wir jetzt
eine Gruppe junger Leute waren, die
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