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Winter auf Italienisch

Winter auf Italienisch

Titel: Winter auf Italienisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joleen Carter
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Freunden ins Museum aufbrechen konnten. Richtig
fit sahen wir allerdings alle nicht aus.

 
    »A Mountain of Work« - diese großen
Lettern empfingen uns am Eingang des Museums. Es befand sich nur unweit der
Talstation, von wo aus wir immer mit der Gondel gestartet waren. Wir buchten
eine Führungen, in der man uns die Geschichte und die Geheimnisse des Berges
erzählte. Die Ausstellung zeigte Fotos und die Ausrüstungen, die die Männer
damals verwendeten, als sie die ersten Liftsysteme mitten in die Berge bauten.

 
    Da uns nur noch wenig Zeit in Cervinia
blieb, machten wir uns auch noch auf zu einem Besuch der Eishöhlen, die sich in
fast 4000 Meter Höhe befanden. Dazu mussten wir mit der Gondel »Piccolo
Cerivino« auf die Schweizer Seite des Berges gelangen. Um von dort die Höhlen
zu erreichen, war ein 50 Meter langer Tunnel aus Eis gegraben worden, 15 Meter
unter der Oberfläche. Ich war beeindruckt, als wir tief und tiefer in den Berg
eintauchten.
    Die Eishöhlen selbst waren wunderschön
beleuchtet. Untermalt wurde das Naturwunder von leiser Hintergrundmusik, die
den Ort wie verzaubert wirken ließ. Stumm vor Staunen ließen wir die Eindrücke
auf uns wirken. Diesen magischen Ort würde ich ebenso wenig vergessen wie ich
jemals Mattia vergessen würde. Schnell wischte ich die Tränen fort. Ich wollte
doch nicht daran denken.

 
    Noch in Gedanken versunken, bemerkte ich
nicht, dass die anderen schon um die Ecke vorgegangen waren. Plötzlich
flüsterte es gehässig in mein Ohr:
    »Na, du kleine Ausländerschlampe!«
    Geschockt sah ich mich um. Da war sie
wieder, diese blonde Stefania. Wo sie diesmal herkam, wusste ich nicht.
Anscheinend war es ihre Vorliebe, ständig aus dem Nichts aufzutauchen.
    »Was willst du von mir?«, fragte ich sie.
    »Was für eine dämliche Frage«, gab sie
zurück. »Ich will meinen Freund zurück haben.«
    »Was habe ich damit zu tun? Soweit ich
informiert bin, hat er sich schon von dir getrennt, als er mich noch gar nicht
kannte.«
    Stefanias dunkle Augen sprühten Funken.
    »Ich habe ihn verlassen. Und es war ein
Fehler. Aber wenn du endlich wieder weg bist, werde ich da sein, und ihn so gut
trösten, dass er zu mir zurück kommt. Nur damit du es weißt. Such dir
gefälligst dort jemanden, wo du herkommst. Oder will dich da keiner?« Sie
lachte verächtlich und sah an mir herab.
    Ich zitterte am ganzen Körper, als sie
verschwand. Dann atmete ich tief durch. Ich würde diesen Vorfall für mich
behalten. Es würde Mattia nur aufregen. Und diese Frau war es nicht wert, dass
wir unsere wenige Zeit, die uns gemeinsam blieb, damit verschwendeten, wegen
ihr zu streiten.
    Innerlich gefasst machte ich mich auf den
Weg zu den anderen.

 
    Während der Talfahrt standen wir
paarweise an den Fenstern der großen Gondel und sahen schweigend in die
Bergwelt hinaus. Die Abenddämmerung hatte eingesetzt, und als wir in Cervinia
ankamen, war es fast schon dunkel. Morgen am späten Vormittag würden wir
abreisen. Für mich setzte sich der Urlaub in Aosta noch für eine Woche fort.
Für die meisten meiner Freude jedoch begann dort wieder der Alltag: Mussten die
einen arbeiten gehen, begann für die anderen wieder das große Lernen.

 
    Nach dem Abendessen versammelten wir uns
ein letztes Mal im Aufenthaltsraum und spielten Karten. Doch die Stimmung war
gedrückt: wegen des herannahenden Abschieds und weil wir gestern einfach zu
viel gefeiert hatten. Schließlich wünschten wir einander eine gute Nacht und
beschlossen, schon mal so weit wie möglich unsere Koffer zu packen.

 
    Immer wieder schoben sich die grauen
Wolken in meinen Kopf. Obwohl ich noch eine Woche in Aosta bleiben würde,
konfrontierte der Abschied von Cervinia mich unweigerlich auch mit dem
bevorstehenden Abschied von Mattia. Wieder dachte ich an Stefania. Und in
diesem Moment hatte ich das Gefühl, ohne Mattia auf der Stelle sterben zu
müssen.
    Meine Mutter würde sagen: »Aber Mädchen,
so ist das nun Mal mit den Urlaubsbekanntschaften. Eine Ferienliebe ist immer
besonders intensiv. Aber jeder weiß auch, dass sie zu Ende geht. Das ist immer
so. Die Sehnsucht, die Hoffnung und irgendwann findet man dann in seinen Alltag
zurück und heiratet einen Mann, der auch zu einem passt.«
    Scheiße! Ich schluchzte laut auf und
stopfte die dreckige Wäsche lustlos in eine Plastiktüte.

 
    Erschrocken sah Mattia von seiner
Reisetasche auf.
    »Ma
che cosa c‘è, Tanina? Aber was ist denn los?“
    »Ach, nichts«, schniefte ich

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