Winter auf Italienisch
sein
bartstoppeliges Gesicht in beide Hände und küsste ihn.
»Du bist total verrückt!«, sagte ich.
»Sì, verrückt nach dir!«
Kapitel 13
Diesmal waren wir pünktlich. Besonders
festlich angezogen war niemand von uns, denn es war kalt in den Bergen und wir
hatten keinen Platz in unseren Koffern für Extravaganzen gehabt. So trugen, bis
auf Mafalda, alle von uns Jeans mit Pullovern oder Hemden. Ich selbst hatte zu
meiner enganliegenden dunkelblauen Jeans ein himmbeerfarbenes Top gewählt, das
mein Dekolletee gut zur Geltung brachte. Dazu trug ich eine schwarze
Strickjacke und ein schwarzes Lederhalsband mit einem kleinen Amulettanhänger.
Mattia trug zu seiner Jeans, die er hüftig trug, einen schwarzen
Rollkragenpullover und schwarze Schuhe, was wunderbar zu seinem schwarzen Haar
und den dunklen Augen passte, wie ich fand.
Mafalda trug einen grauen
Plisseeminirock, dazu karierte Strumpfhosen und Boots. Mit ihrem roten Igelkopf
sah sie aus wie eine kleine Punkerin.
Wir spielten noch ein paar Runden Karten.
Dazu wurde jedem von uns ein Glas Prosecco mit Zitronensorbet als
Aufmerksamkeit des Hauses gereicht. Dann wurde das Abendessen serviert. Etwas
früher als sonst, aber man konnte verstehen, dass auch das Hotelpersonal fertig
werden und ein bisschen Silvester feiern wollte.
Während wir am Tisch saßen, verteilten
wir noch ein paar Luftschlangen, die ich aus Deutschland mitgebracht hatte. Es
machte allen riesigen Spaß, seinem jeweiliges Gegenüber die Luftschlangen ins
Gesicht zu pusten. Dann begann das große Essen.
Zunächst wurden uns Bruschette mit
Walnusspaste und Büffelmozzarella serviert. Das war köstlich, wenn auch wieder
nur ein Happen zum Warmwerden. Dann kam die Pasta alle vongole, selbstgemachte
Bandnudeln mit kleinen Muscheln darin. Dazu gab es wieder Rotwein, der heute
Abend, wie ich feststellte, weit weniger mit Wasser verdünnt wurde als sonst
üblich.
Wir erzählten uns Anekdoten und lachten
ausgelassen. Es wurde Vitello tonnato serviert. Das schmeckte mir besonders,
und ich nahm mir noch ein Stück von dem frischen Brot aus dem Korb, um damit
die letzten Reste der Soße aufzunehmen.
Zum Nachtisch wurde uns Mattone gereicht,
eine typisch piemontesische Nachspeise, die fast wie Tiramisu aussah. Nur das
die Kekse, die in der köstlichen Creme aufgeschichtet waren, statt in Kaffee in
Likör getränkt wurden.
Satt und fröhlich angeheitert lehnte ich
mich schließlich zurück und beobachtete meinen wunderbaren Freund dabei, wie er
quer über den Tisch mit Filippo über die italienischen Steuern diskutierte.
Nicht mein Lieblingsthema, schon gar nicht zu Silvester, aber die Italiener
ließen sich gerne über die Politik aus, das hatte ich schon des Öfteren bemerkt.
Als es mir schließlich langweilig wurde,
presste ich einfach mein Bein gegen seins, was er augenblicklich mit einem
liebevollen Lächeln quittierte. So ist es perfekt, dachte ich. Jeder kümmert
sich um seine Interessen und trotzdem sind wir mit dem anderen verbunden. Entspannt
begann ich eine Unterhaltung mit Cinzia und Giacomo, die inzwischen mindestens
so verliebt zu sein schienen wie Mattia und ich. Sie hatten nur einen Vorteil:
Sie würden sich nicht in einer Woche wieder trennen müssen. Plötzlich hatte ich
einen Kloß im Hals. Nein, darüber wollte ich nicht nachdenken. Nicht jetzt!
Laut und lustig polterten wir gegen 21
Uhr die kleine Dorfstraße entlang. Wir waren nicht die Einzigen. Es war
schließlich Silvester. Eine Gruppe Deutscher hatte eine Tröte dabei. Das war
mir dann doch peinlich. Ich versteckte mich zwischen meinen italienischen
Freunden. Niemand brauchte wissen, dass ich auch eine von ihnen war.
Die Tanzbar war nicht ganz so groß wie
die Diskothek, die es in Cervinia natürlich auch gab. Sie war ein bisschen kleiner
und gemütlicher und mit besseren Sitzgelegenheiten ausgestattet. Doch Silvester
war es auch hier propenvoll. Wir erwischten gerade noch einen Tisch nahe der
Tanzfläche, wo wir die Silvesternacht mit einem großen Panetone und seinem
Karton und Mafalda stand schon mit einem langen Messer bereit, um ihn in lange,
dicke Scheiben zu zerteilen. Da der Kuchen sehr trocken ist, brauchten wir
dringend weitere Getränke. Ich sah, wie Mafalda einen Moment lang innehielt und
die Stirn runzelte. Dabei sah sie zu Mattia und gab ihm einen Wink, zur
Tanzfläche zu sehen. Ich sah, wie sein Lächeln erstarb.
»Was ist los?«, fragte ich ihn, aber er
schüttelte nur
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