Winter auf Italienisch
den Kopf.
Die Stimmung wurde immer ausgelassener,
die Musik immer besser. Plötzlich sprang ich auf und wollte tanzen. Ich musste
mich bewegen, der Alkohol machte mich sonst schläfrig. Cinzia und Elisabeta
folgten mir sofort. Mafalda musste Filippo erst noch gut zureden, bevor er sie
schließlich auf die Tanzfläche begleitete. Auch Mattia wirkte wenig begeistert,
obwohl ich aus seinen Erzählungen wusste, dass er gern tanzte. Dann kam er aber
doch. Mal tanzten wir lachend im
Kreis und sangen dabei laut mit, mal tanzte jeder in sich selbst versunken
alleine. Zwischendurch wurden immer mal wieder romantische Songs gespielt, bei
denen Mattia und ich uns eng aneinander schmiegen konnten. Wie gerne hätte ich
ihn auf der Tanzfläche verrückt gemacht. Aber es gab Regeln, besonders in
Italien, die man auch Silvester und unter Alkoholeinfluss achten musste.
In meinem Kopf drehte sich alles. Mein
Körper kribbelte und reagierte noch stärker als sonst auf Mattias bloßen
Anblick. Als wir für eine kurze Pause an den Tisch zurückkehrten und ich mich
in Mattias Arme schmiegte, bemerkte niemand, dass ich ihn unter dem Tisch streichelte.
Alle feierten ausgelassen und waren mit ihren eigenen Partnern beschäftigt.
»Bist du verrückt, Tanina? Ich kann den
ganzen Abend nicht mehr aufstehen.«
Ich grinste und musste einfach diesen
sinnlichen Mund küssen. Augenblicklich öffnete er die Lippen und ließ mich ein.
Er schmeckte nach Anis, Alkohol und Panetone. Und nach Mattia. Ich schloss die
Augen und gab mich ganz dem leidenschaftlichen Spiel unserer Zungen hin. Das
Ziehen in meinem Unterleib war wundervoll. Ich wünschte, es wäre bereits Mitternacht.
Ich wünschte, wir würden die Bar verlassen, und er würde mich irgendwo da
draußen im Schnee lieben, so hart und heiß, dass er schmolz.
Jemand klopfte mir unsanft auf die
Schulter. Als ich die Augen öffnete, sah ich zunächst in Mattias entsetztes Gesicht.
Als ich mich umwandte, um zu sehen, wer uns beim Küssen störte, sah ich eine
wütende, bildhübsche Italienerin mit langen, blondierten Haaren, die ihr bis zu
den Hüften reichten. Herablassend sah sie mich mit braunen Augen an.
»Ma chi è quella? Na wer ist die denn?«,
fragte sie abfällig und zeigte auf mich.
»Was zum Teufel machst du hier?«, gab
Mattia zurück.
»Ich feiere Silvester. Sieht man das
nicht?«
»Ausgerechnet hier?«
»Perchè no? Warum nicht?«
»Weil ich hier feiere. Und weil du
aufhören sollst, mir nachzustellen.«
»Pah!« Die Blondine tat beleidigt. »Als
ob ich wegen dir hergekommen bin. Es ist schön hier, deshalb bin ich mit meinen
Freunden hier.«
»Schön!«, sagte Mattia kalt. »Dann geh
zurück zu deinen Freunden und halte dich von uns fern. Ist das klar!«
»Du wirst schon noch sehen, dass du einen
Fehler gemacht hast«, sagte sie, drehte sich dann aber mit einem Hüftschwung um
und zog erhobenen Hauptes ab.
Der Moment war dahin. Alles war dahin.
Ich fühlte mich hundeelend und es nützte auch nichts, dass Mattia mich fest an
sich drückte und mir versicherte, dass alles in Ordnung sei. So sehr ich auch
versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Der Stachel der Eifersucht hatte sich
in mein Herz gebohrt.
Endlich war es soweit. Die Musik
verstummte. Alle sprangen auf und begannen zu zählen: zehn, neun, acht, sieben,
sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins ... dann brach der Jubel aus. Es war
Mitternacht! Das Jahr 2013 hatte begonnen. Und Mattia war der Erste, der mich
küsste, wie ich noch nie geküsst worden war. Erst dann wünschte er, dass es ein
gutes Jahr für uns beide werden würde. Nichts wünschte ich mir mehr. Das und
sonst absolut gar nichts!
Wir zogen weiter, um einen nach dem anderen
zu umarmen und zu beglückwünschen. Mafalda hatte Tränen in den Augen, als sie
mich umarmte.
»Ich wünsche, dass du mit Mattia
glücklich wirst. Und ich wünsche, dass wir immer so gute Freundinnen bleiben
werden wie heute«, sagte sie, und
ich küsste sie dankbar auf beide Wangen.
»Hast du die Blondine gesehen, die uns
vorhin am Tisch gestört hat?«, flüsterte ich Mafi zu.
»Willst du damit sagen, dass Stefania
auch hier ist?«
»Wer ist sie?«, wollte ich wissen. »Mattia
erzählt mir nichts. Nur, dass ich mir keine Sorgen zu machen brauche.«
»Es ist seine Exfreundin. Er hat sich letzten
Sommer von ihr getrennt. Es scheint, sie hat es noch immer nicht überwunden.
Das die sich nicht schämt, ihm so nachzustellen.« Mafalda
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