Winter auf Italienisch
wieder aufgewärmt«, erklärte sie. »Nur, damit ihr schon mal
was im Bauch habt. Um 20 Uhr, wenn euer Papà von der Arbeit zurück ist, gibt es
dann richtig Essen.«
Das war nett gemeint gewesen, wurde aber
zum Problem für mich, da ich dazu neigte, mit Kummer im Bauch nicht mehr viel
zu mir nehmen zu können. Ich stocherte lustlos in meinem Risotto herum, und als
ich Signora Carusos besorgten Blick sah, entschuldigte ich mich damit, gerade
erst unterwegs zwei Brötchen gegessen zu haben. Das stimmte nicht ganz. In
Wahrheit hatte ich nur eins davon gegessen. Das andere hatte ich Mattia
gegeben, da er entweder keinen Kummer hatte oder bei Kummer noch mehr in sich
hineinstopfte.
Da ich sonst nur da saß und grübelte,
ließ ich mich von Mafalda dazu überreden, mit ihr noch in ein kleines
Einkaufszentrum am Rande der Stadt zu fahren. Dort gab es einen Fotoshop, der
innerhalb einer Stunde Abzüge unserer Urlaubsbilder fertigstellen konnte. Wir
hätten die Fotos zwar einfach auf Mafaldas Notebook ziehen und sie uns dort
ansehen können, aber sie bestand darauf, dass ich etwas in Händen halten
konnte: eine Erinnerung, und zwar schnell.
Während die Bilder abgezogen wurden,
setzten wir uns in eine gemütliche Gelateria und tranken eine heiße Schokolade.
Die war köstlich, denn in Italien trank man sie fast so dickflüssig wie
Schokoladenpudding. Auch wenn ich keinen Hunger hatte - heiße, süße und
dickflüssige Schokolade passte immer. Es war die beste Medizin, die Mafalda
hatte auftreiben können.
»Morgen fängt die Uni wieder an«, begann
Mafalda. »Und Giacomo geht auch wieder arbeiten. Ich bin froh, dass du uns noch
ein paar Tage erhalten bleibst, aber ich mache mir Sorgen, dich tagsüber allein
zu lassen«, fügte sie hinzu.
»Aber Mafi, mach dir um mich keine Sorgen.
Ich war doch schon öfter hier, wenn ihr nicht zuhause wart. Ich kenne mich doch
inzwischen aus in Aosta. Ich habe mein Auto, und wenn mir langweilig ist, kann
ich den ganzen Tag lang deiner Mutter beim Kochen helfen und mir die Rezepte
aufschreiben.«
Wir gingen noch in der einen oder anderen
Boutique shoppen. Mafalda erstand einen neuen, sehr extravaganten Minirock, ich
kaufte mir einen weichen Pullover. Als die Fotos fertig waren, steckte Mafalda
sie in ihre Tasche.
»Die sehen wir uns heute Abend an, wenn
wir ungestört heulen können. Vorher nicht!«
Sie hakte mich unter und zusammen machten
wir uns auf den Weg zu meinem Golf. Es war schön, eine so gute Freundin an
meiner Seite zu haben.
Kapitel 17
Es war später geworden als geplant, bis
wir die Fotos ansehen konnten. Beim Abendessen hatte Signor Caruso ganz genau
wissen wollen, wie wir unsere Skireise verbracht hatten. Und auch die
Schwestern hörten uns interessiert zu. Sogar Signora Caruso unterbrach für eine
Weile ihre Küchentätigkeiten. Wir berichteten in den buntesten Farben von
unserer ersten Gondelfahrt, der Aussicht, der Abfahrt, was wir mittags aßen und
was abends. Vom Karten spielen, Silvester und unseren Ausflügen ins Museum und
besonders von den Eishöhlen. Was wir nachts taten und mit wem wir unsere Zimmer
teilten, das behielten wir natürlich für uns.
Gegen 22 Uhr verabschiedeten wir uns
schließlich ins Bett. Dort holte Mafalda endlich die Fotos aus ihrer Tasche und
warf mir eine Packung Klenex Taschentücher zu. Tatsächlich war Mattia auf
vielen der Fotos abgelichtet worden. Eins davon zeigte sogar nur wenig mehr als
sein Gesicht. Eine Sonnenbrille steckte in seinem Haar und hielt es zurück. Mit
strahlend weißen Zähnen lachte er in die Kamera. Ich nahm es und presste es an
mein Herz. Mafalda griff nach der Klenex Packung und riss eins der
Taschentücher heraus, bevor die ersten Tränen kullerten.
»Aspetta! Warte!« Sie stand noch einmal
auf und nahm einen Rahmen von ihrer Kommode. Das Foto darin zeigte mich und
Mafi, wie wir an einem Anlegesteg auf den Alsterdampfer warteten. Im
Hintergrund die Skyline der Hamburger Innenstadt. Ein hübsches Bild.
»Aber, du kannst doch nicht ...«, begann
ich.
»Ach was!«, sagte sie. »Und ob ich kann.
Ich werde morgen nach der Uni schnell einen neuen Rahmen besorgen.«
Schon hatte sie das Foto entfernt und in
ihrer Schreibtischschublade verstaut.
»Gib es schon her!«
Ich reichte ihr das Bild von Mattia, und
sie legte es in den Rahmen.
»Bitte sehr!« Sie reichte mir das fertig
gerahmte Portrait. »Das ist zwar nicht Mattia, wie er leibt und lebt, aber es
ist immer noch
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