Winter auf Italienisch
die
Schneemassen bemerkte. »Im Sommer ist es hier grün, bis auf ein paar größere
Flecken, wo der Schnee im Schatten auch im Sommer nicht taut.«
»Überall würde ich hingehen. Wenn du nur
bei mir bist«, sagte ich und blickte dabei aus dem Seitenfenster, damit er
nicht sah, wie sich meine Augen mit Tränen füllten.
Ich fühlte, wie sich warm seine Hand auf
meinem Bein legte. Das tat gut, auch wenn er sonst nichts sagte.
Endlich gelangten wir am Pass an. Hier mündete
die Straße in einem großen Parkplatz. Wir waren am Ziel angekommen. Die
Aussicht von hier auf den Gran Paradiso und seine Gletscherwelt war einfach nur
traumhaft. Ich stand da, geborgen in Mattias Armen, und ließ den Moment mit
seinen fantastischen Eindrücken einfach in mich einfließen. Es gab nichts zu
sagen. Die Zeit schien still zu stehen.
Einen langen Augenblick verweilten wir
so. Dann setzte die Kälte uns zu. Es war schließlich tiefster Winter. Wir waren
alleine, denn während der Woche verirrte sich selten eine Menschenseele hier
herauf.
Mattia hatte das Auto so abgestellt, dass
man auch von dort aus die schöne Aussicht genießen konnte. Im Innenraum war es
zumindest windgeschützt. Wir ließen den Wagen laufen, damit die Heizung uns
wärmen konnte, während wir es uns nicht nehmen ließen, uns zum ersten und vielleicht
letzten Mal an diesem einsamen und malerischen Ort zu lieben. Erst dann ging es
wieder bergab. Zurück in die Realität.
Auch heute lieferte Mattia mich pünktlich
wieder bei den Carusos ab, damit ich den Abend gemeinsam mit ihnen verbringen
konnte. Schließlich hatte ich ursprünglich vorgehabt, meine Ferien mit Mafalda
und ihnen zu verbringen. Dass ich in diesem Winter meinen Traummann
kennenlernen würde, hatte niemand vorausahnen können .
Schweren Herzens lösten wir uns
voneinander, und ich winkte ihm hinterher, bis der schwarze Alfa Romeo hinter
der nächsten Straßenecke verschwand.
Kapitel 21
Halb verhungert schmeckte mir das
Abendessen heute besonders gut. Dass ich dabei Signora Caruso höchste
Glücksgefühle bescherte, war ein positiver Nebeneffekt. Kauend erzählte ich der
Familie von meinen Erlebnissen hoch oben in den Bergen. Interessiert hörten sie
mir zu. Ab und zu nickte Signor Caruso, manchmal lächelte er auch und sah seine
Frau dabei an. Es schien fast so, als hätten die beiden so ihre eigenen schönen
Erinnerungen an diesen Ort. Da meine Eltern seit Jahren geschieden waren,
gefiel mir der Gedanke sehr, dass es auch noch nach Jahren so etwas wie echte
Liebe und Verbundenheit geben konnte.
Es kam, wie es kommen musste: Auch der
schönste Urlaub ging einmal zu Ende. Es war Samstag und ich hatte den Vormittag
mit Mafalda verbracht. Erst hatte jede von uns geduscht, dann hatten wir über
Liebe und Zukunftspläne gequatscht. Gepackt hatte ich schon gestern. Nur das,
was ich benötigte, lag noch im Schrank. Nun saß ich mit Mafi und Giacomo, der
gerade erst aufgestanden war, in der Küche und spielte Karten. Zum Mittag hatte
es nur eine Gemüsesuppe gegeben, denn das eigentliche Abschiedsessen sollte es
erst am Abend geben. Signora Caruso arbeitete zwar nicht, erledigte aber
irgendetwas auswärts mit ihren anderen beiden Töchtern. Über Nacht hatte es auch
in Aosta wieder geschneit. Mir graute es also noch mehr vor meiner Rückreise.
Hoffentlich war der Grand San Bernardo Tunnel überhaupt geöffnet. Es wäre zwar
insofern super, noch ein paar Tage mehr mit Mattia verbringen zu können, aber
auch er musste irgendwann wieder arbeiten gehen. Und ich wollte es auf keinen
Fall riskieren, so kurz vor dem Abschluss meinen Ausbildungsplatz zu verlieren.
Bei aller Verliebtheit, das wäre wirklich dumm.
Am Nachmittag schminkte mich Mafalda und
brachte mit einem Lockenstab Bewegung in mein braunes Haar. Mit ihrem
Kajalstift und ein wenig Wimperntusche brachte sie meine blauen Augen zum
Strahlen. Das Lippgloss war mit Kirschgeschmack und ließ meine Lippen feucht
und verführerisch aussehen. Mit der engen Jeans kam meine Figur gut zur
Geltung. Nur der dicke Wollpullover wollte nicht so recht zu meinem Styling
passen. Aber das war mir egal. Es war Winter. Es war kalt und Mattia gefiel ich
auch so.
Die Carusos hatten zur Feier des Tages
all unsere Freunde eingeladen, die mit uns zusammen in Cervinia waren. Ein
schönes Wiedersehen. Jeder schien verliebt, wie am ersten Tag. Natürlich
hielten sich alle zurück, doch wenn man sie kannte und genauer hinsah, war
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