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Winter auf Italienisch

Winter auf Italienisch

Titel: Winter auf Italienisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joleen Carter
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es
unverkennbar. Da wurden heiße Blicke ausgetauscht und unter dem großen
Holztisch heimlich Händchen gehalten.
    Ganze sechs Gänge tischte Signora Caruso
uns nacheinander mit roten Wangen auf. Und zur Krönung stellte sie eine
riesengroße Schüssel mit selbstgemachtem Tiramisu in die Mitte. Einer nach dem
anderen reichte ihr seinen Teller, probierte und schloss genießerisch die
Augen. Jedes Lob ließ die Hausherrin heller erstrahlen.

 
    Außer mir schienen alle satt und
zufrieden zu sein. Satt war ich auch. Aber mit jeder Minute, die verstrich,
wurde ich trostloser und stiller. Mattia drückte meine Hand, die auf der Bank
neben ihm lag. Diese schöne Geste half jedoch nicht. Doch es war ein
Familienabend wie aus dem Bilderbuch. Wir spielten zusammen all die Spiele, die
wir kannten. Ein italienischer Moment, wie er perfekter die Mentalität des
Landes nicht wieder geben konnte. Und genau das war schließlich der Grund, der
mich endgültig die Fassung verlieren ließ.

 
    Träne für Träne löste sich aus meinen
Augen. Mattia war der Erste, dem es auffiel. Sofort unterbrach er sein Spiel
und schloss mich - ungeachtet dessen, was die Carusos darüber denken mochten -
in die Arme. Doch statt vielleicht empört zu reagieren, sprang Signora Caruso
nun auf, nur um Sekunden später mit einer ganzen Klenexbox wieder aufzutauchen.
Ich musste unter Tränen lachen. Doch diese bedingungslos freundliche Art,
machte es heute auch nicht besser.
    »Ma che cosa c‘ è? Aber was ist denn los,
liebe Tanja?«
    Nun ergriff sogar Signor Caruso meine
Hand und tätschelte sie unbeholfen. Mit der freien Hand schnäuzte ich lautstark
ins Taschentuch.

 
    »Ihr seid alle so toll!«, begann ich,
wurde aber immer wieder von meinen Schluchzern unterbrochen. »Noch nie bin ich
so vielen wundervollen Menschen auf einmal begegnet. Ihr seid eine richtige
Familie und tut nicht nur so, um den Schein zu wahren. Alles was ihr macht,
geschieht mit Leidenschaft.« Ich sah dabei Signor und Signora Caruso an, die
beide gerührt erröteten. An meine Freunde gerichtet fuhr ich fort:
    »Und ihr. Keiner missgönnt dem andern
etwas. Jeder ist zu jeder Zeit für den anderen da. Probleme werden besprochen,
um gelöst zu werden. Keiner bleibt außen vor. Auch wenn ich als Fremde zu euch
gestoßen bin, habt ihr mich ohne weitere Fragen in eurer Mitte aufgenommen.«
    »Aber dass ist doch selbstverständlich«,
sagte Elisabeta.
    »Nein, das ist es ganz und gar nicht!«,
widersprach ich. »Nehmt es ja nicht für selbstverständlich, hört ihr?«

 
    Eine weitere Welle der Trauer überrollte
mich. Ich hatte keine Ahnung, wo meine Schminke sich gerade befand und es war
mir auch egal. Ich schmiegte mich enger an Mattia.
    »Und was das allerschlimmste ist«, begann
ich aufs Neue. »Ich habe mich verliebt.«
    »Ja aber das ist doch ganz wundervoll!«
Signora Caruso klatschte vor Freude in die Hände.
    »Mama, bitte!«, mischte sich nun auch
Mafalda ein. »Verstehst du denn nicht? Verliebt sein ist nur dann schön, wenn
man zusammen sein kann. Tanja muss fort morgen früh. Sie wird sich 1000
Kilometer von Mattia entfernen müssen.«
    »Aber gerade eine Trennung macht die
Liebe doch noch spannender«, hatte nun sogar Signor Caruso zu sagen, wobei
seine Frau ihm kopfnickend zustimmte.

 
    »Ja, was denkt ihr eigentlich, wie das
bei uns damals war«, übernahm sie nun wieder. »Damals konnten wir uns nur an
den Wochenenden heimlich mal an den Händen halten, wenn wir uns mit Freunden
trafen. Solange unsere Eltern nicht offiziell unserer Verlobung zugestimmt
hatten - und es war gar nicht üblich, dass man sich selbst seinen Partner
auswählen konnte - durften wir uns nicht einmal küssen.«
    Verliebt sah sie Signor Caruso an und
diesmal war er derjenige, der nickte.
    »Zwei- oder dreimal haben wir es nur
geschafft, allein zu sein und uns einen kurzen Moment der Umarmung zu schenken.
Ein halbes Jahr lang hat es gedauert, bis wir endlich verlobt waren.«
    »Und dann noch ein mal ein ganzes Jahr,
bis wir endlich alt genug waren, um heiraten zu dürfen.«
    »Und dann haben sie gleich vier Mal
richtig losgelegt«, sagte Giacomo und alle lachten.

 
    »Fahr nach Hause, beende deine
Ausbildung. Hamburg ist weit, aber nicht aus der Welt. Wenn ihr gemeinsam nach
einer Lösung sucht und eure Liebe diese schwere Zeit überdauert, werdet ihr
daran gewachsen sein«, beendete Signor Caruso die Diskussion, stand auf, küsste
seine Frau auf den Scheitel und machte sich auf

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