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Winter auf Italienisch

Winter auf Italienisch

Titel: Winter auf Italienisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joleen Carter
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Einsamkeitsgefühlen herumschlagen. Auf und ab reiste man im
Schiff des Lebens, und ich befand mich definitiv auf dem Meeresgrund.

 
    Mattia und ich telefonierten jeden
zweiten Tag, dann meldeten wir uns bei Skype an, damit uns die Kosten nicht
auffraßen. Außerdem konnten wir uns so beim Telefonieren sehen. Einerseits half
das dabei, eine Illusion der Nähe zu erschaffen. Andererseits fiel ich, sobald
der Bildschirm wieder schwarz war, jedes Mal ins Bodenlose.

 
    Ich konzentrierte mich ganz und gar auf
meine Ausbildung.   War ich nicht bei
der Arbeit, wälzte ich Bücher, googelte   und lernte, was nur ging für meine Abschlussprüfung im April. An den
Wochenenden traf ich manchmal ein paar alte Schulfreundinnen, aber es war nicht
mehr dasselbe, seit ich eine andere Form der Freundschaft in Cervinia
kennengelernt hatte.

 
    Wenn ich mit Mafalda telefonierte,
berichtete sie mir von ihrem voranschreitenden Studium und wie sich ihre
Beziehung zu Filippo immer mehr intensivierte. Zwar war es ihnen bisher noch
nicht wieder gelungen, eine Nacht miteinander zu verbringen, aber das eine oder
andere Mal hatte er sie abends zu einem abgelegenen Parkplatz gefahren, wo sie
wenigstens in seinem kleinen Lancia ihre Privatsphäre genießen konnten.
    Auch nicht eben ideal, aber wenigstens
hatten sie einander.

 
    Nie vergaß sie, mich von den anderen zu
grüßen, ja, wir schmiedeten sogar schon Pläne für die Sommerferien im August.
Dabei war es gerade erst Anfang Februar.

 
    Eines Tages rief mein Chef mich zu sich
ins Büro. Mein letztes Zeugnis hielt er in den Händen. Er überbrachte mir die
freudige Botschaft, dass man gedachte, mich zu übernehmen, wenn ich die
Prüfungen - möglichst erfolgreich - überstanden hätte. Es war genau das, was
ich mir bis vor zwei Monaten noch gewünscht hatte. Nun musste ich die Freude
vortäuschen, denn ich wusste absolut nicht, wie es in meinem Leben weitergehen
sollte. Eigentlich wäre es mir genug gewesen, erst einmal nur zu wissen, ob ich
im August zwei Wochen frei bekam. Denn nur die Hoffnung darauf, im Sommer alle
wiederzusehen, hielt mich am Leben.

 
    Doch wie heißt es so schön? Die Zeit
heilt alle Wunden. Man mag es nicht hören, wenn man gerade voller Sehnsucht
ist, aber es ist doch etwas Wahres daran. Denn als die Prüfungen immer näher
rückten und ich keine Zeit mehr hatte, meine Gedanken ständig um Aosta kreisen
zu lassen, wurde es besser. Ich traf mich an den Wochenenden wieder regelmäßig
mit meinen beiden Freundinnen, Steffi und Birgit. Mal gingen wir schwimmen, mal
in die Disco. Ich tanzte sogar. Und einmal, als Steffis Bruder Holger uns
begleitete und wir alle ein bisschen beschwipst waren, ließ ich mich sogar
darauf ein, ihn zu küssen.

 
    Er löste nicht annährend das Feuer aus,
das Mattia in mir entfachte. Aber er war da, ganz real, und es tat einfach gut,
mal wieder richtig in den Arm genommen zu werden. Nicht mehr und nicht weniger.
An meinen Gefühlen zu Mattia änderte das nichts. Aber ich konnte doch nicht
ewig nur von Träumen, Erinnerungen und Sehnsüchten leben. Nie hatte ich ganz die
Angst verloren vor dem, was mir Stefania in der Höhle gesagt hatte. Vielleicht
hatte sie ja doch recht behalten. Wie es schien, hatten Mattia und ich eine
sehr intensive Ferienliebe erlebt. Das kam vor, tat extrem weh hinterher, am
Ende blieb aber meist nur eine lebenslange, schöne Erinnerung an jene Zeit.

 
    Das erklärte ich auch Mattia eines
Abends, als wir uns wieder über Skype unterhielten. Er sah nicht glücklich aus,
zeigte jedoch Verständnis. Früher oder später würde es ihm möglicherweise
genauso ergehen, räumte er ein. Dass er allerdings jemals wieder mit Stefania
zusammen kam, schloss er aus. Im Gegenteil. Nachdem ich ihm nun doch von dem
Vorfall in der Höhle berichtete, versicherte er mir, dass er ihr nur noch einen
einzigen Besuch abstatten würde: Er würde ein für alle mal dafür sorgen, dass
sie mich in Ruhe ließ. Unmissverständlich würde er ihr klarmachen, dass sie für
ihn nicht mehr existierte. Jetzt erst recht nicht mehr.
    Ich konnte nicht ignorieren, dass mir
seine Worte mitten ins Herz stachen. Vor Freude, wie sehr er trotz allem zu mir
stand und vor Trauer, ihn dennoch gehen lassen zu müssen.

 
    Es war Ende März, noch drei Wochen bis zu
den Prüfungen. Es war Ostern, und da meine Mutter mir keine Ostereier mehr
versteckte und Ostern damit für sie seine Wichtigkeit verloren hatte, konnte
ich mich auch verabreden.

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