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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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holte drei lange, schwere Knüppel heraus, die an amerikanische Baseballschläger erinnerten. Er reichte sie seinen Männern.
    »Prügelt ihm die Scheiße aus dem Leib«, befahl er und ging hinaus.

    Hauptmann Wolodja Peschkow, Leiter der Berliner Abteilung der GRU , traf Werner Franck auf dem Invalidenfriedhof neben dem Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal.
    Es war eine gute Wahl. Wolodja ließ den Blick aufmerksam über das Friedhofsgelände schweifen und erkannte zufrieden, dass niemand Werner gefolgt war. Die einzige andere Person hier war eine alte Frau mit schwarzem Kopftuch, und die war auf dem Weg hinaus.
    Ihr Treffpunkt war das Grabdenkmal von Gerhard von Scharnhorst, ein steinernes Podest mit einer Löwenskulptur, die aus eingeschmolzenen feindlichen Kanonen gegossen war. Es war einsonniger Frühlingstag, und die beiden jungen Spione zogen ihre Jacketts aus, während sie zwischen den Gräbern deutscher Helden hindurchschlenderten.
    Trotz des Hitler-Stalin-Pakts vor fast zwei Jahren hatten die Sowjets ihre Spionagetätigkeit in Deutschland fortgesetzt – genauso, wie das Personal der sowjetischen Botschaft weiterhin observiert wurde. Alle betrachteten den Pakt nur als vorübergehend, obwohl niemand wusste, wie lange dieses »vorübergehend« dauern würde. In jedem Fall folgten Wolodja noch immer deutsche Agenten auf Schritt und Tritt … Zumindest versuchten sie es.
    Wahrscheinlich wussten sie genau, wann er seiner Spionagetätigkeit nachging; dann schüttelte er sie jedes Mal ab. Verließ er die Botschaft jedoch nur, um sich an der nächsten Ecke eine Wurst zu kaufen, ließ er sich von ihnen beschatten.
    »Hast du in letzter Zeit mal was von Lili Markgraf gehört?«, fragte Werner.
    Früher waren sie beide mit Lili ausgegangen, zu unterschiedlichen Zeiten, versteht sich. Wolodja hatte sie inzwischen rekrutiert, und sie hatte gelernt, Nachrichten der Roten Armee zu decodieren. Aber das würde er Werner natürlich nicht sagen.
    »Ich habe sie schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen«, log er. »Und du?«
    Werner schüttelte den Kopf. »Ich habe mich in eine andere verliebt.« Er wirkte verlegen. Vielleicht lag es daran, dass ein solches Geständnis seinen Ruf als Gigolo untergrub. »Und nun erzähl. Warum wolltest du mich sehen?«
    »Wir haben erschreckende Informationen erhalten«, sagte Wolodja. »Es geht um Dinge, die den Lauf der Geschichte ändern werden, falls die Informationen stimmen.«
    Werner musterte ihn skeptisch.
    Wolodja fuhr fort: »Einer unserer Quellen zufolge wird Deutschland die Sowjetunion im Juni überfallen.« Wieder lief ihm ein Schauder über den Rücken. Diese Information war ein Triumph für die GRU … und eine schreckliche Bedrohung für die UdSSR .
    Werner wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, eine Geste, die die Herzen der Mädchen vermutlich schneller schlagen ließ. »Wie verlässlich ist diese Quelle?«, fragte er.
    Bei der Quelle handelte es sich um einen Journalisten in Tokio,der das Vertrauen des deutschen Botschafters genoss, insgeheim aber Kommunist war. Bis jetzt hatte der Mann mit seinen Voraussagen jedes Mal recht behalten. Aber das konnte Wolodja natürlich nicht preisgeben, ebenso wenig die Identität des Informanten. Deshalb antwortete er nur: »Verlässlich.«
    »Dann glaubt ihr es? Ihr glaubt, dass der deutsche Angriff stattfindet?«
    Wolodja zögerte. Da lag das Problem. Stalin glaubte es nämlich nicht. Er hielt es für eine gezielte Desinformation der Alliierten, um das Misstrauen zwischen ihm und Hitler zu schüren. Stalins Skepsis, was diesen nachrichtendienstlichen Triumph betraf, hatte Wolodjas Vorgesetzte abrupt aus ihrem Freudentaumel gerissen. »Das versuchen wir noch herauszubekommen«, antwortete er.
    Werner ließ den Blick über die Bäume schweifen. »Ich hoffe bei Gott, dass es stimmt«, sagte er mit unerwarteter Leidenschaft. »Denn damit wären die verdammten Nazis am Ende.«
    »Ja«, erwiderte Wolodja. »Wenn die Rote Armee darauf vorbereitet ist.«
    Werner war überrascht. »Seid ihr das etwa nicht?«
    Wieder konnte Wolodja seinem Freund nicht die ganze Wahrheit anvertrauen. Stalin glaubte, die Deutschen würden erst angreifen, wenn sie die Briten besiegt hatten, und keinen Zweifrontenkrieg riskieren. Solange Großbritannien der Wehrmacht trotzte, war die Sowjetunion in relativer Sicherheit. Genau deshalb war die Rote Armee nicht einmal annähernd auf einen deutschen Angriff vorbereitet.
    »Wenn du mir den Angriffsplan bestätigen

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