Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman
heiße Neuigkeit – und er gehörte zu den Ersten, die sie erfuhren.
Welles war empört. »Das ist ein imperialistischer Eroberungskrieg!«
»Technisch ist es kein Krieg, Sumner«, warf Gus ein. »Die Japaner haben bereits Truppen in Indochina, und zwar mit offizieller Erlaubnis der amtierenden Kolonialmacht Frankreich, das durch die Vichy-Regierung vertreten wird.«
»Marionetten der Nazis!«
»Ich sagte ›technisch‹. Und Niederländisch-Indien wird theoretisch von Holland regiert, das von den Deutschen besetzt ist. Und die Deutschen erlauben ihren japanischen Verbündeten nur zu gern, sich eine holländische Kolonie unter den Nagel zu reißen.«
»Das ist Haarspalterei.«
»Eine Haarspalterei, die andere mit uns anstellen werden, zum Beispiel der japanische Botschafter.«
»Sie haben recht, Gus«, lenkte Welles ein. »Danke für die Warnung.«
Greg wartete gespannt auf eine Gelegenheit, sich an der Diskussion zu beteiligen. Er wollte nichts lieber, als die mächtigen Männer zu beeindrucken, bei denen er saß. Zugleich schüchterten sie ihn ein: Sie wussten so viel mehr als er, der kleine Praktikant.
»Was wollen die Japaner eigentlich?«, fragte Welles.
»Öl, Gummi und Zinn«, antwortete Gus. »Sie sichern sich Zugang zu den Rohstoffquellen. Kein Wunder, wo wir ständig versuchen, die japanische Versorgung zu unterbinden.« Die Vereinigten Staaten hatten den Export unter anderem von Öl und Eisenschrott nach Japan eingestellt – ein gescheiterter Versuch, die Japaner daran zu hindern, ihrem Imperium immer größere Teile Asiens einzuverleiben.
»Wir Amerikaner haben noch nie verstanden, ein Embargo wirksam einzusetzen«, sagte Welles gereizt.
»Nun, die Drohung reicht offenbar aus, um die Japaner in Panik zu versetzen. Schließlich haben sie kaum eigene Bodenschätze.«
»Wir müssen wirksamere Maßnahmen ergreifen«, erklärte Welles. »Auf amerikanischen Banken liegt viel japanisches Geld. Können wir diese Guthaben einfrieren?«
Die versammelten Männer blickten skeptisch drein. Was Welles vorschlug, war ein radikaler Schritt. Nach kurzem Schweigen sagte Bexforth: »Ja, wahrscheinlich. Es wäre auf jeden Fall wirksamer als ein Embargo. Die Japaner könnten in den USA kein Öl oder andere Rohstoffe mehr kaufen, weil sie es nicht bezahlen könnten.«
»Der Außenminister wird wie üblich jeden Schritt vermeiden, der zum Krieg führen könnte«, sagte Gus.
Er hatte recht. Cordell Hull war für seine extreme Vorsicht, beinahe schon Zaghaftigkeit bekannt, was immer wieder zu Streitigkeiten mit seinem aggressiveren Stellvertreter Welles führte.
»Ja, Mr. Hull ist diesem Kurs stets gefolgt«, sagte Welles, »und das war klug.« Jeder im Raum durchschaute seine Unaufrichtigkeit, doch die Etikette verlangte sie. »Dennoch müssen die Vereinigten Staaten auf der internationalen Bühne mit erhobenem Haupt auftreten. Wir sind besonnen, aber nicht feige. Ich werde den Vorschlag einer Guthabensperre dem Präsidenten vorlegen.«
Greg befiel Ehrfurcht. Das war wahre Macht! Binnen eines Herzschlags konnte Welles eine Maßnahme vorschlagen, die eine ganze Nation erschüttern würde.
Gus Dewar runzelte die Stirn. »Ohne Ölimporte kommt die japanische Wirtschaft zum Erliegen, und das Militär verliert seine Macht.«
»Ja, eben«, sagte Welles.
»Halten Sie das für begrüßenswert? Was glauben Sie, was diejapanische Militärregierung tun wird, wenn sie mit solch einer Katastrophe konfrontiert wird?«
Welles schätzte Widerspruch nicht. »Warum erklären Sie es mir nicht, Senator?«
»Weil ich es nicht weiß. Aber ehe wir handeln, sollten wir eine Antwort darauf haben. Verzweifelte Menschen sind gefährlich. Es steht doch wohl fest, dass die Vereinigten Staaten nicht auf einen Krieg gegen Japan gefasst sind. Unsere Marine ist nicht dafür bereit, und unsere Luftwaffe ebenso wenig.«
Endlich sah Greg die Gelegenheit, sich zu Wort zu melden. »Sir, vielleicht darf ich anmerken, dass die öffentliche Meinung einen Krieg gegen Japan einer Politik des Nachgebens vorzieht, und zwar mit Zweidrittelmehrheit.«
»Guter Punkt, Greg, danke. Wir Amerikaner sollten Japan keinen Massenmord durchgehen lassen.«
»Aber Krieg wollen wir Amerikaner auch nicht«, erwiderte Gus. »Ganz egal, was Umfragen besagen.«
Welles klappte den Ordner auf seinem Tisch zu. »Nun, Senator, über den Völkerbund sind wir uns einig, über Japan nicht.«
Gus erhob sich. »Und in beiden Fällen trifft der Präsident die
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