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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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war es bisher nicht gelungen, an das Dokument heranzukommen. »Wird Stalin dann noch einmal darüber nachdenken?«
    »Wenn du das Dokument hast, werde ich ihn darum bitten.«
    »Also gut«, sagte Wolodja.
    Er war voreilig. Er hatte keine Ahnung, wie er das schaffen sollte. Werner, Heinrich, Lili und all die anderen hatten bereits gewaltige Risiken auf sich genommen, und nun würde er noch mehr Druck auf sie ausüben müssen.
    Zoja kam an den Tisch, und die beiden Männer erhoben sich. Sie alle mussten in verschiedene Richtungen; also verabschiedeten sie sich voneinander.
    »Ich sehe dich dann heute Abend«, sagte Zoja zu Wolodja.
    Er küsste sie. »Ich bin um sieben da.«
    »Bring deine Zahnbürste mit«, sagte sie.
    Wolodja ging als glücklicher Mann.

    Ein Mädchen weiß, wenn ihre beste Freundin ein Geheimnis hat. Sie weiß vielleicht nicht, was für ein Geheimnis es ist, aber sie weiß, dass es da ist, wie ein Möbelstück unter einer Staubschutzdecke, von dem man nur die Umrisse sehen kann. An den zurückhaltenden Antworten auf unschuldige Fragen erkennt sie, dass ihre Freundin sich mit jemandem trifft, mit dem sie sich nicht treffen sollte. Sie kennt den Namen nicht, kann sich aber denken, dass der Geliebte entweder ein verheirateter Mann ist, ein dunkelhäutiger Fremder oder gar eine andere Frau. Sie bewundert eine Halskette und erkennt an der zurückhaltenden Reaktion ihrer Freundin, dassdie Kette unter fragwürdigen, vielleicht sogar beschämenden Umständen erworben wurde, auch wenn sie möglicherweise erst Jahre später erfährt, dass die Kette aus dem Schmuckkästchen einer senilen Großmutter gestohlen wurde.
    So ein Gefühl hatte Carla jetzt, wenn sie über Frieda nachdachte.
    Frieda hatte ein Geheimnis, und es hatte irgendetwas mit dem Widerstand gegen die Nazis zu tun. Vielleicht steckte sie tief in der Sache drin, hatte sich womöglich sogar eines Verbrechens strafbar gemacht. Vielleicht durchwühlte sie nachts den Aktenkoffer ihres Bruders Werner, kopierte geheime Papiere und gab sie an russische Spione weiter.
    Wahrscheinlich aber war die Sache viel weniger dramatisch. Vermutlich half Frieda nur dabei, die illegalen Plakate und Flugblätter zu drucken und zu verteilen, auf denen das Nazi-Regime angegriffen wurde.
    Carla wollte Frieda von Leutnant Koch erzählen. Allerdings bekam sie nicht sofort die Gelegenheit, denn sie und Frieda arbeiteten auf verschiedenen Stationen des Krankenhauses, noch dazu in verschiedenen Schichten, sodass sie sich nicht jeden Tag trafen.
    In der Zwischenzeit kam Leutnant Joachim Koch täglich zum Klavierunterricht ins Haus. Er beging keine Indiskretionen mehr; trotzdem flirtete Maud weiter mit ihm. »Sie wissen, dass ich auf die vierzig zugehe, nicht wahr?«, hörte Carla sie eines Tages sagen, obwohl sie in Wahrheit schon einundfünfzig war. Joachim war hingerissen von ihr, und Maud genoss es, dass sie noch immer eine solche Faszination auf einen jungen Mann ausüben konnte, ob naiv oder nicht. Carla fragte sich, ob ihre Mutter tatsächlich Gefühle für diesen Jungen mit dem blonden Schnurrbart entwickelte, der dem jugendlichen Walter so sehr ähnelte. Dann aber schüttelte sie den Kopf. Das war ein lächerlicher Gedanke.
    Joachim jedenfalls versuchte mit allen Mitteln, Maud zu gefallen, und so dauerte es nicht lange, bis er Neuigkeiten von ihrem Sohn brachte. Erik lebte, und es ging ihm gut. »Er dient bei einer Einheit in der Ukraine«, berichtete Joachim. »Mehr kann ich Ihnen leider nicht sagen.«
    »Ich wünschte, er würde endlich Fronturlaub bekommen«, sagte Maud wehmütig.
    Der junge Offizier zögerte.
    »Eine Mutter macht sich immer Sorgen«, erklärte Maud. »Wenn ich ihn doch nur einen einzigen Tag sehen könnte! Das würde mich schon trösten.«
    »Das könnte ich möglicherweise arrangieren«, sagte Joachim.
    Maud tat erstaunt. »Wirklich? Sie haben so viel Macht?«
    »Das weiß ich nicht. Aber ich könnte es versuchen.«
    »Ich danke Ihnen!« Maud küsste ihm die Hand.
    Das geschah eine Woche, bevor Carla ihre Freundin Frieda wiedersah. Sie berichtete ihr von Joachim Koch und erzählte ihr die Geschichte. Sie hatte Frieda immer alles anvertraut, war aber sicher, dass Frieda die Sache diesmal nicht in einem so unschuldigen Licht betrachten würde. »Stell dir vor, er hat uns den Codenamen der Operation und das Angriffsdatum verraten.«
    »Was?«, erwiderte Frieda fassungslos. »Dafür könnte man ihn an die Wand stellen.«
    »Wenn wir nur jemanden kennen

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