Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman
fragte sie und hörte den traurigen Unterton in ihrer Stimme.
Auch Lloyd entging er nicht. »Versteh mich nicht falsch.« Er stützte sich auf einem Ellbogen auf. »Ich bin ein uneheliches Kind. Mir wurden Lügen über meine Eltern erzählt, und als ich dann die Wahrheit erfuhr, war sie ein Schock für mich. Ich werde meinen Kindern so etwas nicht zumuten. Niemals.«
»Wir müssten sie nicht belügen.«
»Sollen wir ihnen sagen, dass wir nicht verheiratet waren? Dass du sogar mit einem anderen Mann verheiratet warst?«
»Wieso nicht?«
»Überleg doch nur, wie sie in der Schule gehänselt würden.«
Daisy war nicht überzeugt, aber die Frage war ihm offenbar wichtig. »Was hast du denn vor?«
»Ich möchte Kinder mit dir haben. Aber erst, wenn wir verheiratet sind.«
»Verstehe. Also …«
»Müssen wir warten.«
Männer begriffen zarte Hinweise nur selten. »Ich bin kein sehr traditionsbewusstes Mädchen«, sagte sie, »aber trotzdem, es gibt da ein paar Dinge …«
Endlich verstand er, worauf sie hinauswollte. »Oh! Okay. Augenblick.« Er kniete sich aufrecht aufs Bett. »Daisy, Liebste …«
Sie platzte beinahe vor Lachen. Er sah komisch aus, in voller Uniform, während ihm der Schwanz schlaff aus dem Hosenschlitz hing. »Darf ich ein Foto von dir machen?«
Er blickte an sich hinunter und sah, was sie meinte. »Oh, tut mir leid.«
»Nein – tu ihn bloß nicht weg! Bleib, wie du bist, und sag, was du zu sagen hast.«
Er grinste. »Daisy, Liebste, willst du meine Frau werden?«
»Jederzeit«, sagte sie.
Sie legten sich wieder hin und umarmten sich.
Irgendwann verlor sein Geruch seinen Reiz. Sie gingen gemeinsam unter die Dusche. Daisy seifte ihn ein und amüsierte sich über seine Verlegenheit, als sie ihm die intimsten Stellen wusch. Sie massierte ihm Shampoo ins Haar und schrubbte ihm die schmutzigen Füße mit einer Bürste.
Als er sauber war, bestand er darauf, sie zu waschen, aber er kam nur bis zu ihren Brüsten, dann mussten sie sich wieder lieben. Diesmal standen sie dabei in der Dusche, während das heiße Wasser auf sie herunterrauschte. Offensichtlich hatte Lloyd seine Aversion gegen uneheliche Schwangerschaft für den Moment vergessen, und Daisy war es egal.
Danach stand er vor ihrem Spiegel und rasierte sich. Sie wickelte sich in ein großes Handtuch, setzte sich auf den Toilettendeckel und beobachtete ihn.
»Wie lange wird es dauern, bis du geschieden bist?«, fragte er.
»Das weiß ich nicht. Ich rede lieber mit Boy.«
»Aber nicht heute. Heute möchte ich dich ganz für mich haben.«
»Wann besuchst du deine Eltern?«, fragte sie.
»Morgen vielleicht.«
»Dann gehe ich der Zwischenzeit zu Boy. Ich möchte es so schnell wie möglich hinter mich bringen.«
»Gut«, sagte Lloyd. »Dann wäre das geklärt.«
Es kam Daisy merkwürdig vor, das Haus zu betreten, in dem sie mit Boy gewohnt hatte. Vor einem Monat war es noch ihr Zuhause gewesen. Damals konnte sie kommen und gehen, wie es ihr gefiel, und jedes Zimmer betreten, ohne um Erlaubnis fragen zu müssen. Die Dienstboten befolgten ohne Widerrede jede ihrer Anweisungen. Heute war sie im gleichen Haus eine Fremde. Sie behielt Hut und Handschuhe an und musste dem alten Butler folgen, der sie in den Morgensalon führte.
Boy schüttelte ihr nicht die Hand, und er küsste sie auch nicht auf die Wange. Er war die personifizierte indignierte Rechtschaffenheit.
»Ich habe noch keinen Anwalt beauftragt.« Daisy setzte sich. »Ich wollte vorher persönlich mit dir reden. Ich hoffe, wir können die Sache hinter uns bringen, ohne dass wir uns danach hassen. Immerhin gibt es keine Kinder, um die wir uns streiten müssten, und mit Geld sind wir beide gut ausgestattet.«
»Du hast mich betrogen!«
Daisy seufzte. Offensichtlich würde das Gespräch nicht so verlaufen, wie sie es sich erhofft hatte. »Wir haben beide Ehebruch begangen«, erwiderte sie. »Du zuerst.«
»Ich wurde gedemütigt. Ganz London weiß davon!«
»Ich habe versucht, dich zu bremsen, als du dich im Claridge unbedingt zum Narren machen musstest – du warst nur leider zu beschäftigt damit, mich zu demütigen. Ich hoffe, du hast diesen widerlichen Lowther grün und blau geschlagen.«
»Wie hätte ich das tun können?«, entgegnete er. »Er hat mir einen Gefallen erwiesen.«
»Er hätte dir einen größeren Gefallen erwiesen, hätte er dich im Club zur Seite genommen.«
»Ich begreife einfach nicht, wie du auf einen Proleten wie Williams hereinfallen konntest.
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