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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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sich zu wehren, war aber viel zu schwach. Panik überfiel ihn. Sein Kopf ruckte krampfhaft von einer Seite zur anderen, wobei er dumpfe Laute ausstieß, aber das Kissen wurde nur umso fester auf sein Gesicht gedrückt. Dann erlahmten seine Bewegungen.
    Das Universum wurde zu einem strahlenden Licht, das rasch zusammenschrumpfte.
    Und erlosch.

K A P I T E L  1 7
    1943 (III)
    »Willst du mich heiraten?«, fragte Wolodja Peschkow und hielt den Atem an.
    »Nein«, erwiderte Zoja Worotsyntsow, »aber danke der Nachfrage.«
    Egal, um was es ging, sie war stets sachlich. Aber diese Antwort war selbst für Zojas Verhältnisse ungewohnt knapp.
    Sie und Wolodja lagen im luxuriösen Hotel Moskwa im Bett. Sie hatten sich geliebt, und Zoja war zweimal zum Höhepunkt gekommen. Sie mochte es besonders, wenn Wolodja sie mit der Zunge liebkoste. Dann legte sie sich genüsslich auf die Kissen zurück, während Wolodja anbetungsvoll zwischen ihren langen, schlanken, gespreizten Beinen kniete. Er erwies sich als williger Schüler, und Zoja revanchierte sich mit leidenschaftlicher Hingabe.
    Seit mehr als einem Jahr waren sie nun schon ein Paar, und es stimmte zwischen ihnen. Umso mehr wunderte Wolodja sich nun über Zojas Ablehnung.
    »Liebst du mich nicht mehr?«, fragte er.
    »Unsinn. Ich begehre dich, und ich freue mich, dass du mich heiraten willst.«
    »Warum sagst du dann nicht Ja?«
    »Ich will keine Kinder in eine Welt setzen, die im Krieg ist.«
    »Das kann ich verstehen, aber …«
    »Frag mich noch einmal, wenn wir gesiegt haben.«
    »Vielleicht will ich dich dann nicht mehr.«
    »Wenn du so wankelmütig bist, bin ich froh, dass ich Nein gesagt habe.«
    »He, verstehst du keinen Spaß mehr?«
    »Ich muss pinkeln.« Zoja stieg aus dem Bett und ging nackt durchs Hotelzimmer. Wolodja nahm keine Sekunde die Augenvon ihr. Er konnte noch immer nicht fassen, dass ihm dieser Anblick vergönnt war. Zoja hatte den gertenschlanken Körper eines Mannequins. Ihre Haut war weiß wie Milch, ihr Haar hellblond – sämtliches Haar. Ohne die Tür zu schließen, setzte sie sich auf die Toilette. Ihre Schamlosigkeit entzückte Wolodja immer wieder, und er genoss es.
    Dabei hätte er eigentlich arbeiten müssen.
    Bei jedem Besuch alliierter Führungspersönlichkeiten in Moskau ging es bei den sowjetischen Geheimdiensten drunter und drüber, so auch diesmal. Wolodjas normaler Tagesablauf war wegen der Außenministerkonferenz, die am 19. Oktober begonnen hatte, wieder einmal unterbrochen worden.
    Zu Gast waren die Außenminister der USA und Großbritanniens, Cordell Hull und Anthony Eden. Sie legten einen haarsträubenden Plan für ein Viermächteabkommen vor, das China mit einschließen sollte. Stalin hielt das Ganze für Unsinn und Zeitverschwendung und machte auch keinen Hehl daraus. Doch Cordell Hull vertrat seine Position mit Nachdruck und bestand auf dem Abkommen, obwohl er zweiundsiebzig Jahre alt war und Blut hustete, sodass sein Arzt ihn nach Moskau begleitete.
    Während der Konferenz gab es so viel zu tun, dass der NKWD – die Geheimpolizei – gezwungen war, mit seinen verhassten Rivalen von der GRU zusammenzuarbeiten, dem Nachrichtendienst der Roten Armee, dem Wolodja angehörte. In den Hotelzimmern Moskaus wurden versteckte Mikrofone angebracht – auch in diesem Zimmer, doch Wolodja hatte es abgeklemmt –, und die ausländischen Minister und ihre Mitarbeiter wurden keine Minute aus den Augen gelassen. Ihr Gepäck wurde heimlich geöffnet und durchsucht. Sämtliche Telefonate wurden aufgezeichnet, abgeschrieben, ins Russische übersetzt, gelesen und ausgewertet. Die meisten Russen, mit denen es die Ausländer zu tun bekamen, arbeiteten für den NKWD , einschließlich der Kellner und Zimmermädchen; dennoch musste jeder, mit dem sie im Hotelfoyer oder auf der Straße anscheinend zufällig sprachen, überprüft, gegebenenfalls verhaftet und vernommen werden, notfalls unter Folter. Das bedeutete eine Menge Arbeit.
    Wolodja hatte Oberwasser. Seine Agenten in Berlin erzielten bemerkenswerte Erkenntnisse. Sie hatten ihm die Pläne für dasUnternehmen Zitadelle verschafft, die deutsche Sommeroffensive, und die Rote Armee hatte der Wehrmacht eine verheerende Niederlage beibringen können.
    Auch Zoja war in Hochstimmung. Die Sowjetunion hatte die Nuklearforschung wieder aufgenommen, und Zoja gehörte jener Gruppe an, die mit der Entwicklung einer Uranbombe beauftragt war. Durch die Verzögerung, die Stalins Skepsis verursacht

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