Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman
Neuigkeiten!«, rief sie, als Daisy in die Küche kam. »Lloyd wurde in Hoxton zum Kandidatenanwärter für die Parlamentswahl ernannt!«
Lloyds Schwester Millie war mit ihren beiden Kindern, Lennie und Pammie, ebenfalls da. »Ist das nicht großartig?«, fragte sie. »Der wird noch Premierminister, jede Wette.«
»Ja«, sagte Daisy und setzte sich schwerfällig.
»Deine Freude hält sich offenbar in Grenzen«, sagte Ethel.»Meine Freundin Millie würde sagen, das ging dir runter wie kalte Kotze. Was ist los?«
»Wie es aussieht, wird es Lloyd nicht gerade zum Wahlerfolg verhelfen, wenn er mich zur Frau hat.« Daisy fühlte sich elend, weil sie ihn so sehr liebte. Wie könnte sie ihm da seine Karriere verderben? Andererseits wollte sie lieber sterben, als ihn aufzugeben. Das Leben erschien ihr schrecklich trostlos.
»Du meinst, weil du eine reiche Erbin bist?«, fragte Ethel.
»Nicht nur. Boy hat mir einmal gesagt, dass Lloyd niemals gewählt würde, wenn herauskommt, dass seine Frau einmal der faschistischen Partei angehört hat.« Sie blickte Ethel an, die immer die Wahrheit sagte, auch wenn es schmerzte. »Er hat recht, nicht wahr?«
»Nicht ganz.« Ethel setzte Teewasser auf; dann nahm sie Daisy gegenüber am Küchentisch Platz. »Ich will nicht behaupten, dass es keine Rolle spielt. Aber ich finde nicht, dass du jetzt schon verzweifeln solltest.«
Du bist genau wie ich, dachte Daisy. Du sagst, was du denkst. Kein Wunder, dass Lloyd mich liebt: Ich bin wie du, nur jünger.
»Liebe ist stärker als alles andere«, warf Millie ein. Sie sah, wie der vierjährige Lennie die zweijährige Pammie mit einem Holzsoldaten schlug. »Hau deine Schwester nicht!«, schalt sie; dann wandte sie sich wieder Daisy zu. »Und mein Bruder liebt dich über alles. Wenn ich ehrlich sein soll, ich glaube nicht, dass er vorher schon eine Frau geliebt hat.«
»Ich weiß«, sagte Daisy, den Tränen nahe. »Aber er ist entschlossen, die Welt zu verändern, und ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass ich ihm dabei im Weg stehe.«
Ethel nahm die weinende Zweijährige aufs Knie, und das Mädchen beruhigte sich sofort. »Ich will dir verraten, was du machst«, sagte sie zu Daisy. »Sei auf Fragen vorbereitet und rechne mit Feindseligkeiten, aber weiche nicht aus und versuch auf keinen Fall, deine Vergangenheit zu vertuschen.«
»Was soll ich denn sagen?«
»Dass du vom Faschismus getäuscht worden bist wie Millionen andere. Aber während der Luftangriffe hättest du einen Krankenwagen gefahren, und nun hoffst du, deine Schuld beglichen zu haben. Den genauen Wortlaut kannst du mit Lloyd besprechen.Sei selbstbewusst, lass deinen Charme spielen, und lass dich nicht unterkriegen.«
»Und du meinst, das klappt?«
Ethel zögerte. »Ich weiß es nicht«, sagte sie nach kurzem Nachdenken. »Ich weiß es wirklich nicht. Aber du musst es versuchen.«
»Es wäre schrecklich, wenn Lloyd meinetwegen aufgeben müsste, was er am meisten liebt. So etwas kann eine Ehe kaputt machen.«
Daisy hoffte, dass Ethel ihr widersprach, aber das tat sie nicht. Stattdessen wiederholte sie nur: »Ich weiß es nicht.«
K A P I T E L 1 9
1945 (I)
Woody Dewar gewöhnte sich rasch an die Krücken.
Ende 1944 wurde er in Belgien verwundet, während der Ardennenschlacht. Die Alliierten waren beim Vormarsch auf die deutsche Grenze von einem massiven Gegenangriff überrascht worden. Woodys Division, die 101st Airborne, hatte die Stadt Bastogne gehalten, einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt. Als die Deutschen formell die Kapitulation verlangten, hatte General McAuliffe eine Antwort zurückgeschickt, die aus nur einem Wort bestand und berühmt geworden war: »Nuts!« – »Quatsch!«
Woodys rechtes Bein hatte am ersten Weihnachtstag mehrere Durchschüsse von MG -Kugeln erlitten und tat höllisch weh. Vor allem aber verging ein Monat, ehe er aus der belagerten Stadt evakuiert und in ein richtiges Lazarett gebracht werden konnte.
Seine Knochen würden heilen, und vielleicht wurde er sogar das Hinken wieder los, aber sein Bein wäre nie wieder kräftig genug für einen Fallschirmabsprung.
Die Ardennenschlacht war die letzte Offensive von Hitlers Wehrmacht an der Westfront. Danach sollte sie nie wieder einen Gegenangriff führen.
Woody kehrte ins Zivilleben zurück; er konnte in der Washingtoner Wohnung seiner Eltern wohnen und sich von seiner Mutter verwöhnen lassen. Als der Gips herunterkam, nahm er die Arbeit für seinen Vater wieder auf.
Am
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