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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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auf. Falls jemand den Aufprall überlebt hatte, würde er verbrennen.
    Lloyds Plan war aufgegangen. Er hatte nicht nur Hunderte feindlicher Soldaten getötet und einen Zug zerstört; er hatte auch eine wichtige Eisenbahnlinie blockiert. Bis der Tunnel wieder frei war, würden Wochen vergehen. Lloyd hatte es den Deutschen erschwert, ihre Kräfte in der Normandie zu verstärken.
    Dennoch war er starr von Entsetzen.
    Auch in Spanien hatte er Tod und Vernichtung erlebt, aber niemals in solchem Ausmaß.
    Und er hatte es verursacht.
    Wieder hörte er ohrenbetäubenden Lärm. Er fuhr herum und sah, dass die Typhoon am Boden aufgeschlagen war. Sie brannte, aber der Rumpf war noch intakt. Vielleicht hatte der Pilot überlebt.
    Lloyd rannte zu der Maschine, gefolgt von den beiden Résistance-Kämpfern.
    Das abgeschossene Flugzeug hatte eine Bauchlandung gemacht. Eine Tragfläche war zur Hälfte abgebrochen. Rauch quoll unter der Motorabdeckung hervor. Die Plexiglashaube war von Ruß geschwärzt, und Lloyd konnte den Piloten nicht sehen.
    Er stieg auf die Tragfläche und öffnete die Verriegelung der Haube. Cigare tat das Gleiche auf der anderen Seite. Zusammen schoben sie die Haube in ihrer Schiene nach hinten.
    Der Pilot war bewusstlos. Er trug einen Lederhelm und eineSchutzbrille, dazu eine Sauerstoffmaske über Mund und Nase. Lloyd konnte nicht sagen, ob er ihn kannte.
    Er fragte sich, wo sich der Sauerstofftank befand und ob er noch dicht war.
    Legionnaire stellte eine ähnliche Überlegung an. »Wir müssen ihn rausholen, ehe die Maschine hochgeht.«
    Lloyd griff in die Kanzel und löste die Sicherheitsgurte. Dann schob er die Hände unter die Achseln des Piloten und zog. Der Körper des Mannes war völlig schlaff. Lloyd konnte nicht sagen, wie schwer verletzt er war. Er wusste nicht einmal, ob er noch lebte.
    Er zerrte den Piloten aus der Maschine, legte ihn sich im Feuerwehrgriff über die Schultern und trug ihn in sichere Entfernung von dem brennenden Flugzeugwrack. So vorsichtig er konnte, legte er den Mann rücklings auf die Erde.
    Hinter sich hörte er ein Fauchen, gefolgt von einem Donnerschlag. Als er über die Schulter blickte, stand die Maschine in hellen Flammen.
    Lloyd beugte sich über den Piloten, nahm ihm vorsichtig Brille und Sauerstoffmaske ab und blickte in ein Gesicht, das ihm auf schreckliche Weise vertraut war.
    Der Pilot war Boy Fitzherbert.
    Er atmete noch.
    Lloyd wischte ihm das Blut von Nase und Mund.
    Boy öffnete die Augen. Zuerst wirkten sie starr und leer. Dann, nach einer Weile, änderte sich ihr Ausdruck, und er sagte: »Sie.«
    »Wir haben den Zug in die Luft gejagt.«
    Boy schien außer den Augen und den Lippen nichts bewegen zu können. »Die Welt ist klein«, sagte er.
    »Nicht wahr?«
    »Wer ist das?«, fragte Cigare.
    Lloyd zögerte und sagte dann: »Mein Bruder.«
    »O Gott!«
    Boy schloss die Augen.
    Lloyd wandte sich an Legionnaire: »Wir müssen ihn zu einem Arzt bringen.«
    »Vor allem müssen wir hier weg. Jeden Augenblick können die ersten Deutschen hier sein.«
    Lloyd wusste, dass der Franzose recht hatte. »Wir müssen ihn trotzdem mitnehmen.«
    Boy schlug die Augen wieder auf und sagte: »Williams.«
    »Was ist?«
    Boy schien zu grinsen, als er flüsterte: »Jetzt können Sie das Miststück heiraten.«
    Dann starb er.

    Daisy weinte, als sie die Nachricht bekam. Boy war ein Schuft gewesen und hatte sie schlecht behandelt, aber sie hatte ihn geliebt.
    Sein Bruder Andy war jetzt der Viscount und Erbe der Grafschaft; Andys Frau May wurde Viscountess. Daisys Name änderte sich nach den diffizilen Regeln des Adels in »Viscountess-Witwe Aberowen«. Diesen Namen würde sie behalten, bis sie Lloyd heiratete. Dann würde sie nur noch schlicht und einfach Mrs. Williams heißen.
    Bis dahin aber konnte noch viel Zeit vergehen. Im Lauf des Sommers erstickten die Hoffnungen auf ein rasches Kriegsende. Am 20. Juli 1944 scheiterte eine Verschwörung von Wehrmachtsoffizieren mit dem Ziel, Hitler zu töten. An der Ostfront zogen die Deutschen sich nach dem Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte auf ganzer Linie zurück, und im August nahmen die Westalliierten Paris ein, doch Hitler war entschlossen, bis zum bitteren Ende weiterzukämpfen. Daisy wusste nie, wann sie Lloyd wiedersehen würde, geschweige denn, wann sie ihn heiraten konnte.
    An einem Mittwochabend im September, als sie nach Aldgate zu den Leckwiths gefahren war, wurde Daisy von Ethel in Hochstimmung empfangen. »Große

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