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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Nebenwette angeboten, ob die Explosion den gesamten Staat New Mexico auslöschen würde. General Groves fand das gar nicht komisch.
    Doch die Wissenschaftler hatten eine ernsthafte Diskussion darüber geführt, ob die Explosion die Atmosphäre der Erde entzünden und damit die Welt vernichten würde. Sie waren zu demSchluss gekommen, dass dies nicht zu befürchten stand. Für den Fall, dass sie sich irrten, hoffte Greg, dass es schnell ging.
    Ursprünglich war die Erprobung für den 4. Juli vorgesehen. Allerdings hatten verschiedene Bestandteile der Bombe, die einzeln erprobt worden waren, bei jedem Test versagt, und so war der große Tag mehrmals verschoben worden. Am Samstag hatte in Los Alamos eine Attrappe, »Chinesische Kopie« genannt, nicht gezündet. Der Physiker Norman Ramsey hatte auf null Tonnen Sprengkraft gesetzt; er rechnete damit, dass die Bombe sich als Blindgänger erwies.
    Die heutige Zündung war auf zwei Uhr morgens angesetzt gewesen, aber ausgerechnet um diese Uhrzeit hatte es ein Gewitter gegeben – in der Wüste! Der Regen hätte den radioaktiven Fallout auf die Köpfe der beobachtenden Wissenschaftler gespült; deshalb war der Test erneut verschoben worden.
    Bei Sonnenaufgang hatte es zu regnen aufgehört.
    Greg war in einem Bunker mit der Bezeichnung S-10000, dem Kontrollraum. Wie die meisten Wissenschaftler stand er draußen, um eine bessere Sicht zu haben. In seinem Herzen kämpften Angst und Hoffnung. Wenn die Bombe ein Blindgänger war, hatten sich Tausende von Menschen umsonst abgemüht – und etwa zwei Milliarden Dollar verschwendet. Und wenn die Bombe kein Blindgänger war, starben sie vielleicht alle innerhalb der nächsten Minuten.
    Neben Greg stand Wilhelm Frunze, ein junger deutscher Wissenschaftler, den er in Chicago kennengelernt hatte. »Was wäre passiert, Will, wenn ein Blitz in die Bombe eingeschlagen hätte?«, fragte er.
    Frunze zuckte mit den Schultern. »Das weiß niemand.«
    Greg erschrak, als eine grüne Leuchtkugel in den Himmel stieg.
    »Noch fünf Minuten«, sagte Frunze.
    Die Abschirmung des historischen Tests war erschreckend planlos. Santa Fe, die nächste große Stadt in der Umgebung von Los Alamos, quoll über von gut gekleideten FBI -Agenten. Wie sie in ihren Tweedanzügen mit Krawatte nonchalant an der Wand lehnten, hoben sie sich aberwitzig von den Einheimischen ab, die Bluejeans und Cowboystiefel trugen.
    Das FBI zapfte rechtswidrig die Telefone Hunderter von Menschen an, die mit dem Manhattan-Projekt zu tun hatten. Greg warbestürzt, als er davon erfuhr. Wie konnte die wichtigste Strafverfolgungsbehörde der USA systematisch Gesetzesverstöße begehen?
    Dennoch, der Abschirmdienst der Army und das FBI hatten einige Agenten identifiziert und still und heimlich vom Projekt entfernt, darunter Barney McHugh. Aber hatten sie alle gefunden? Greg wusste es nicht. Groves war gezwungen, Risiken einzugehen. Hätte er jeden gefeuert, den das FBI gefeuert sehen wollte, wären nicht genügend Wissenschaftler übrig geblieben, um die Bombe zu bauen.
    Leider waren die meisten von ihnen Radikale, Sozialisten und Liberale. Es gab kaum einen Konservativen unter ihnen. Sie alle vertraten die Überzeugung, dass wissenschaftliche Erkenntnisse der gesamten Menschheit gehörten und nicht im Dienst eines Regimes oder Landes verschwiegen werden dürften. Während die US -Regierung das gesamte Riesenprojekt strengster Geheimhaltung unterwarf, unterhielten die Wissenschaftler Diskussionsgruppen, in denen die Verbreitung der Nukleartechnologie auf alle Nationen der Welt debattiert wurde. Oppie selbst war suspekt: Er gehörte der kommunistischen Partei nur deshalb nicht an, weil er grundsätzlich keinem Verein beitrat.
    Im Moment lag Oppie neben seinem jüngeren Bruder Frank, ebenfalls ein herausragender Physiker und ebenfalls Kommunist, auf dem Boden. Beide hielten sich geschwärzte Glasscheiben vor die Augen, durch die sie die Explosion beobachten wollten. Greg und Frunze hatten ähnliche Schutzgläser. Einige Wissenschaftler trugen Sonnenbrillen.
    Wieder stieg eine Leuchtkugel auf. »Noch eine Minute«, sagte Frunze.
    Greg hörte, wie Oppie sagte: »Herr, diese Dinge liegen schwer auf dem Herzen.« Er fragte sich, ob es Oppenheimers letzte Worte sein würden.
    Greg und Frunze lagen nicht weit von Oppie und Frank auf dem Sandboden. Alle hielten sich ihre Schutzbrillen aus geschwärztem Glas vor die Augen und blickten zum Testgelände.
    Im Angesicht des Todes dachte Greg an seine

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