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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Freuden, mit ihr verheiratet zu sein. So konnte Wolodja ihren Körper betrachten, so lange und ausgiebig er wollte. UndZoja schien es zu genießen. Wenn sie ihm in die Augen schaute, war sie kein bisschen verlegen, im Gegenteil: Sie lächelte verlockend.
    Wolodja krempelte die Ärmel seines Bademantels hoch und machte sich ans Spülen. Das saubere Geschirr gab er an Zoja weiter. Spülen war nicht gerade die männlichste aller Beschäftigungen – Wolodja hatte seinen Vater nie spülen sehen –, aber Zoja schien der Meinung zu sein, dass man solche Arbeiten zwischen Mann und Frau teilen sollte. Was für eine ausgefallene Idee. Hatte sie nur ein ausgeprägtes Gefühl für Gleichheit, oder war er auf dem besten Weg, entmannt zu werden?
    Unvermittelt wurde Wolodja aus seinen Gedanken gerissen. War da draußen nicht ein Geräusch gewesen? Er schaute in den Flur. Die Wohnungstür war nur drei, vier Schritte von der Spüle entfernt. Er sah nichts Ungewöhnliches.
    In diesem Moment flog krachend die Tür auf.
    Zoja schrie.
    Wolodja schnappte sich das Fleischermesser, das er gerade gespült hatte, drängte sich an Zoja vorbei und stellte sich schützend vor sie. Ein uniformierter Milizionär stand in der zertrümmerten Tür, einen Vorschlaghammer in den Händen.
    »Was soll das?«, rief Wolodja.
    Der Milizionär trat zurück, und ein kleiner, dünner Mann mit spitzem Gesicht kam in die Wohnung. Es war Wolodjas Schwager Ilja Dworkin, der NKWD -Agent. Er trug Lederhandschuhe.
    »Ilja!«, rief Wolodja. »Du dummes Wiesel!«
    »Du solltest ein bisschen mehr Respekt zeigen«, ermahnte ihn Ilja.
    Wolodja war überrascht und wütend zugleich. Die Geheimpolizei verhaftete für gewöhnlich keine Angehörigen der GRU . Umgekehrt galt das Gleiche. Alles andere würde zu einem regelrechten Bandenkrieg führen. »Warum hast du die Tür eingeschlagen? Ich hätte dir auch so aufgemacht!«
    Zwei weitere Agenten traten in den Flur und stellten sich hinter Ilja. Trotz des milden Spätsommerwetters trugen sie ihre typischen Ledermäntel.
    Wolodja bekam es mit der Angst zu tun. Was ging hier vor?
    »Leg das Messer weg, Wolodja«, sagte Ilja mit zitternder Stimme.
    »Ihr braucht keine Angst zu haben, ich spüle nur.« Er gab dasMesser an Zoja, die hinter ihm stand. »Bitte, geht ins Wohnzimmer. Wir können reden, sobald Zoja sich etwas angezogen hat.«
    »Hältst du das für einen Freundschaftsbesuch?«, fragte Ilja.
    »Ich weiß nicht, was für ein Besuch das ist, aber ich bin sicher, du willst dich nicht der Verlegenheit aussetzen, meine Frau nackt zu sehen.«
    »Ich bin in meiner offiziellen Funktion als Polizeibeamter hier.«
    »Und warum hat der NKWD ausgerechnet meinen Schwager geschickt?«
    Ilja senkte die Stimme. »Begreifst du denn nicht, dass es viel schlimmer für dich wäre, wenn sie jemand anderen geschickt hätten?«
    Das sah nach gewaltigem Ärger aus. Wolodja versuchte, sich seine Angst nicht anmerken zu lassen. »Was genau willst du hier? Und was wollen die beiden Arschlöcher, die hinter dir stehen?«
    »Genosse Berija hat die Leitung des Kernwaffenprogramms übernommen.«
    Wolodja wusste, dass Stalin zu diesem Zweck ein neues Komitee geschaffen und Berija zum Vorsitzenden ernannt hatte. Dabei hatte Berija nicht die leiseste Ahnung von Physik. Er war völlig unqualifiziert, ein wissenschaftliches Programm zu leiten. Doch Stalin vertraute ihm. Das war das Problem mit der sowjetischen Regierung: Loyale, aber inkompetente Männer wurden auf Posten befördert, für die sie nicht einmal annähernd geeignet waren.
    »Braucht Genosse Berija meine Frau in einem Labor, um dort die Bombe zu entwickeln?«, fragte Wolodja. »Seid ihr hier, um sie zur Arbeit zu fahren?«
    »Die Amerikaner haben die Atombombe eher gebaut als wir.«
    »Allerdings. Vielleicht, weil sie der Forschung eine höhere Priorität eingeräumt haben als die Verantwortlichen bei uns.«
    »Die kapitalistische Wissenschaft kann der kommunistischen unmöglich überlegen sein.«
    »Das ist eine Binsenweisheit.« Wolodja war verwirrt. Worauf lief das hier hinaus? »Und was schließt ihr daraus?«
    »Dass der Grund für diesen Rückschlag Sabotage ist.«
    Eine solch lächerliche Erklärung konnte sich auch nur die Geheimpolizei ausdenken.
    »Was für eine Art von Sabotage?«, fragte Wolodja.
    »Einige Wissenschaftler haben die Entwicklung der sowjetischen Atombombe absichtlich verzögert.«
    Allmählich verstand Wolodja. Wieder erfasste ihn Angst, doch er ließ sich nichts

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