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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Grigori.
    »Sie haben darauf bestanden, Zoja nackt wegzubringen.«
    »Was? Diese Hurensöhne!«
    »Hast du etwas herausgefunden?«
    »Noch nicht. Ich habe mit ein paar Leuten gesprochen, aber niemand weiß etwas.« Grigori schaute besorgt drein. »Entweder hat jemand einen sehr dummen Fehler begangen, oder sie sind sich ihrer Sache aus irgendeinem Grund sehr sicher.«
    »Fahr mich ins Büro«, sagte Wolodja. »Lemitow wird toben, wenn er das erfährt. Er wird diese Kerle niemals damit durchkommen lassen. Er wird es als Angriff auf die GRU betrachten.«
    Grigoris Fahrer wartete draußen in der Limousine. Sie ließen sich zum Flughafen Chodynka bringen. Grigori blieb im Wagen, während Wolodja ins Hauptquartier der GRU humpelte. Er ging direkt zum Büro seines Chefs, Oberst Lemitow, klopfte an, ging hinein und sagte: »Die beschissene Geheimpolizei hat meine Frau verhaftet.«
    »Ich weiß«, erwiderte Lemitow.
    »Sie wissen davon?«
    »Ich habe es abgesegnet.«
    Wolodja klappte der Mund auf. »Was?«
    »Setzen Sie sich.«
    »Was ist hier los?«
    »Setzen Sie sich, und halten Sie den Mund. Ich werde Ihnen alles erklären.«
    Unter Schmerzen ließ Wolodja sich auf einen Stuhl nieder.
    Lemitow sagte: »Die Sowjetunion braucht eine Atombombe, und zwar schnell. Im Augenblick spielt Stalin bei den Amerikanern den harten Mann, weil wir ziemlich sicher sind, dass ihr Atomwaffenarsenal nicht ausreicht, um uns auszulöschen. Aber sie arbeiten daran, und irgendwann werden sie die Waffen einsetzen … es sei denn, wir können zurückschlagen.«
    »Meine Frau durfte sich nicht einmal etwas überziehen, als die Geheimpolizei sie verhaftet hat. Die Mistkerle haben sie geschlagen. Wie soll sie unter diesen Bedingungen eine Bombe konstruieren? Das ist doch Wahnsinn.«
    »Halten Sie den Mund, verdammt noch mal! Unser Problem ist, dass es mehrere mögliche Entwürfe für die Bombe gibt, von denen nur einer funktioniert. Die Amerikaner haben fünf Jahre gebraucht, um herauszufinden, welcher es ist. Wir haben nicht so viel Zeit. Also müssen wir ihre Forschungsergebnisse stehlen.«
    »Dann brauchen wir immer noch russische Wissenschaftler, die mit den Bauplänen etwas anfangen können. Und diese Wissenschaftler müssen in ihren Laboratorien sein und nicht eingesperrt in den Kellern der Lubjanka.«
    »Sie kennen einen Mann namens Wilhelm Frunze, nicht wahr?«
    »Ja. Ich war in Berlin mit ihm auf der Schule.«
    »Er hat uns wertvolle Informationen über die britische Nuklearforschung zukommen lassen. Dann ist er in die Staaten gegangen, wo er an der Bombe gearbeitet hat. Die NKWD -Vertreter in Washington hatten Kontakt zu ihm aufgenommen. Leider haben sie Frunze durch ihre Inkompetenz verschreckt, und die ganze Sache ist geplatzt. Wir müssen Frunze wieder für uns gewinnen.«
    »Und was hat das mit mir zu tun?«
    »Er vertraut Ihnen.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher. Ich habe ihn seit zwölf Jahren nicht gesehen.«
    »Wir möchten, dass Sie in die USA reisen und mit ihm sprechen.«
    »Aber warum haben Sie Zoja verhaften lassen?«
    »Um sicherzustellen, dass Sie wiederkommen.«

    Wolodja wusste, wie er die Sache anzupacken hatte. Damals in Berlin, vor dem Krieg, war es ihm immer wieder gelungen, die Gestapo abzuschütteln, sich mit potenziellen Spionen zu treffen, sie zu rekrutieren und in zuverlässige Informationsquellen zu verwandeln. Leicht war das zwar nie gewesen, doch Wolodja war Experte.
    Allerdings war er jetzt in Amerika.
    Und die beiden einzigen westlichen Länder, die er bisher besucht hatte, Deutschland und Spanien in den Dreißiger- und Vierzigerjahren, waren ganz anders gewesen als die Vereinigten Staaten.
    Wolodja war schier überwältigt. Sein Leben lang hatte man ihm eingetrichtert, Hollywoodfilme würden ein falsches Bild von Wohlstand vermitteln; in Wahrheit würden die Menschen in den USA in schrecklicher Armut leben. Doch er sah schon bei seiner Ankunft, dass die Filme keineswegs übertrieben waren. Arme Leute gab es hier kaum.
    Im brodelnden New York schien fast jeder ein Auto zu fahren, selbst Leute, die nicht einmal für die Regierung arbeiteten. Er sah sogar Frauen, die mit dem Wagen zum Einkaufen fuhren. Und alle waren gut gekleidet: Die Männer trugen schicke Anzüge, die Frauen Nylonstrümpfe. Und jeder schien neue Schuhe zu besitzen.
    Wolodja musste sich immer wieder an die dunklen Seiten Amerikas erinnern. Irgendwo gab es mit Sicherheit Armut. Neger wurden verfolgt; im Süden durften sie nicht einmal

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