Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Schnaps bei ihm gekauft.«
    »Das sagt meine Mutter auch.«
    »Deine Mutter mag Daisy nicht?«
    »Daisy schon, aber ihre Familie nicht.«
    Woody kam ein noch überraschenderer Gedanke. »Denkst du darüber nach, Daisy zu heiraten? «
    »Oh ja. Und ich glaube, sie wird Ja sagen, wenn ich sie frage.«
    Tja, dachte Woody, Charlie hat Klasse, aber kein Geld. Bei Daisy ist es genau umgekehrt. Darum ergänzen sie einander vielleicht. »Es sind schon ganz andere Dinge passiert«, sagte er. Erfand die Sache spannend, wollte sich aber auf sein eigenes Liebesleben konzentrieren. Deshalb blickte er sich um und vergewisserte sich, dass Joanne immer noch da war. »Warum erzählst du mir das eigentlich?«, fragte er dann. Schließlich waren er und Charlie nicht gerade die dicksten Freunde.
    »Meine Mutter überlegt es sich vielleicht anders, wenn Mrs. Peshkov in den Buffaloer Damenclub aufgenommen würde.«
    Damit hatte Woody nicht gerechnet. »Aber das ist der exklusivste Club der ganzen Stadt!«
    »Ja, eben. Wenn Olga Peshkov Mitglied wäre, welche Einwände könnte Mom dann gegen Daisy vorbringen?«
    Woody wusste nicht, ob dieser Plan Erfolgsaussichten hatte, doch an der Aufrichtigkeit von Charlies Gefühlen konnte kein Zweifel bestehen. »Vielleicht hast du recht.«
    »Würdest du bei deiner Großmutter ein Wort für mich einlegen?«
    »Großmama Dewar ist ein Drachen. Ich würde sie nicht mal für mich selbst um einen Gefallen bitten.«
    »Bitte, Woody. Du weißt doch, dass deine Großmutter bestimmt, was im Damenclub geschieht. Wenn sie eine Frau dabeihaben will, ist sie dabei. Wenn nicht, bleibt sie draußen.«
    Da hatte er recht. Der Damenclub hatte eine Vorsitzende, eine Schriftführerin und eine Kassenwartin, aber Ursula Dewar leitete den Club, als wäre er ihr Privateigentum. Dennoch widerstrebte es Woody, ihr die Bitte vorzutragen. Sie biss ihm vielleicht den Kopf ab. »Ich weiß nicht recht …«
    »Ach, komm schon, Woody. Bitte!« Charlie senkte die Stimme. »Du weißt nicht, wie es ist, wenn man jemanden so sehr liebt.«
    Doch, das weiß ich, dachte Woody – und dieser Gedanke gab den Ausschlag. Wenn Charlie sich genauso mies fühlte wie er, wie konnte er ihm seine Bitte ausschlagen? Er hoffte nur, dass jemand anders für ihn das Gleiche tun würde, wenn er dadurch bessere Chancen bei Joanne bekäme. »Okay, Charlie«, sagte er, »ich rede mit ihr.«
    »Danke! Sie ist doch hier, oder? Kannst du sie heute Abend fragen?«
    »Nein, ich habe andere Dinge im Kopf. Heute nicht.«
    »Okay, klar … und wann?«
    Woody zuckte mit den Schultern. »Morgen.«
    »Du bist ein echter Kumpel!«
    »Freu dich nicht zu früh. Wahrscheinlich lehnt sie ab.«
    Woody wollte sich wieder Joanne zuwenden, doch sie war verschwunden. Zuerst wollte er nach ihr suchen, ließ es dann aber. Er durfte nicht den Eindruck eines Verzweifelten machen. Ein Mann, der zeigte, wenn er etwas nötig hatte, war nicht sexy.
    Pflichtschuldig tanzte er mit mehreren Mädchen: Dot Renshaw, Daisy Peshkov und Daisys deutscher Freundin Eva. Er nahm sich eine Cola und ging nach draußen, wo mehrere Jungs Zigaretten rauchten. George Renshaw goss Woody einen Schuss Scotch in die Cola, der den Geschmack verbesserte, aber Woody wollte nicht betrunken werden. Das hatte er schon einmal erlebt, und auf ein zweites Mal konnte er verzichten.
    Woody war sicher, dass Joanne einen Mann wollte, der ihre geistigen Interessen teilte – und damit war Victor Dixon aus dem Rennen. Woody hatte Joanne mal über Karl Marx und Sigmund Freud reden hören. Daraufhin hatte er in der öffentlichen Bibliothek das Kommunistische Manifest gelesen, doch es war ihm wie politisches Geschwafel vorgekommen. Sigmund Freuds Studien über Hysterie hatten schon eher sein Interesse erregt; der Autor machte aus Geisteskrankheiten eine Art Detektivgeschichte. Woody freute sich schon darauf, gegenüber Joanne zu erwähnen – beiläufig, versteht sich –, dass er beide Werke kannte.
    Er war entschlossen, an diesem Abend wenigstens einmal mit Joanne zu tanzen; deshalb machte er sich nach einer Weile auf die Suche nach ihr. Sie war weder im Ballsaal noch in der Bar. Hatte er die Chance vertan? War er zu passiv gewesen, indem er seine Verzweiflung verbarg? Dass der Ball enden könnte, ohne dass er Joanne wenigstens an der Schulter berührt hatte, war ein kaum zu ertragender Gedanke für ihn.
    Er ging wieder nach draußen. Es war dunkel, aber er sah Joanne fast augenblicklich. Sie entfernte sich gerade von

Weitere Kostenlose Bücher