Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
nicht weggehen«, erklärte sie ernst. »Zuerst muss ich herausfinden, wer ich wirklich bin.«
Rhys seufzte und umarmte sie noch stärker.
»Ich werde auf dich warten.«
Crow trat aus dem Schatten eines finsteren Winkels heraus und machte sich geräuschlos auf den Weg.
Er ging langsam, mit gesenktem Haupt, und achtete darauf, möglichst keine Aufmerksamkeit zu erregen. Er brauchte seine Augen nicht, musste sich nur auf die schwache, aber für seinesgleichen unverwechselbare Fährte konzentrieren.
Nicht er hatte diese Jagd geplant. Er war nur ein Werkzeug des Vermummten und pirschte durch Cae Mefus, ganz auf den Rhythmus, das Geräusch ihrer Schritte konzentriert.
Es wird nicht schwierig sein
, dachte er bei sich.
Durch die Erregung der Jagd machte sich der DURST schmerzhaft bemerkbar, und der Vampir ging schneller, um sie einzuholen. Er hätte sie überall auf der Welt aufspüren können.
Sie wusste nicht, dass er sie gleich ergreifen würde, spazierte ruhig durch die Straßen, als könnten keine Sorgen sie erschüttern, lebensfroh und energiegeladen …
Der Jäger sah sich um: Niemand war in der Nähe, der ihm seine Beute wegnehmen könnte.
Dann richtete er seinen Blick wieder auf sie. Er überlegte, ob er ihr Zeit geben sollte, sich der Gefahr bewusst zu werden, was die Jagd für ihn noch erregender machen würde.
Das Mädchen mit den Zöpfchen blieb stehen und schaute auf die Uhr.
Er stürzte sich auf sie, blind vor Begierde.
Mit Gebrüll warf er sie zu Boden und hielt sie fest.
Sie schlug verzweifelt um sich, doch der Vampir nahm ihr Kinn in die Hand, damit sie ihm in die Augen sehen musste.
Die Welt seines Opfers reduzierte sich schlagartig auf das Bild seiner Iris, tiefschwarz und kalt, das jede Wahrnehmung durchdrang.
Madison Winston gab den Kampf auf.
I m Wohnzimmer der Chiplins saß Winter zusammengesunken auf dem Sofa, die Arme um ihre Knie geschlungen.
Ihr Gesicht war verwüstet vom stundenlangen Weinen, und ihr Kopf hämmerte so stark, dass sie den Eindruck hatte, er würde gleich zerspringen.
»Nimm …«
Morwenna Chiplin hatte Mühe, Winters verkrampfte Finger zu lösen, um ihr die Tasse mit dem heißen Kräutertee in die Hand zu drücken.
Als Winter einen leeren, verstörten Blick auf sie richtete, zog es ihr das Herz zusammen.
Wann würde all das ein Ende nehmen
?
Sie konnte das Verhalten des Mädchens nicht gutheißen, doch sie so leiden zu sehen, war ihr unerträglich.
Sie rückte die Decke über Winters Schultern zurecht und setzte sich neben sie.
»Sie haben Madison geschnappt«, hörte sie Winter leise murmeln.
Sie waren seit Stunden in dem Raum, in der Erwartung, dass Griffith, Gareth und Polizeihauptwachtmeister Evans zurückkamen.
Eleri entwich ein Gähnen, und sie machte ein schuldbewusstes Gesicht.
Doch auch sie hatte keine Absicht, schlafen zu gehen.
»Trink, Winnie«, forderte Mrs Chiplin sie sanft auf.
Winter trank mechanisch.
Sie verbrannte sich die Zunge und merkte es nicht einmal.
Dann stellte sie die Tasse ab und kehrte in ihre zusammengekauerte Position zurück.
Es ist alles meine Schuld, Mad. Wie konnte ich nur!
Sie wollte sterben in dem Moment.
Wenn dir etwas zugestoßen ist … Ich …
Gewissensbisse peinigten sie. Sie hätte ihre beste Freundin nicht in die ganze Geschichte mit hineinziehen dürfen. Sie hätte sie in den nächsten Zug nach London setzen müssen, auf die Gefahr hin, mit ihr zu streiten.
Verzeih mir, Mad … Es tut mir so leid!
Sie und Rhys hatten den Park Hand in Hand verlassen, doch am vereinbarten Ort hatten sie keine Mad angetroffen.
Sie hatten eine Weile gewartet, dann hatten sie sich auf die Suche gemacht.
Sie war spurlos verschwunden. Sie wussten nicht einmal, ob sie noch lebte.
Winter spürte den Drang, in ein finsteres, grausames Gelächter auszubrechen.
War die Liebe, war ihr eigenes Leben diesen Preis wert?
Sie legte den Kopf auf ihre Knie und wiegte sich leise.
Danny Roberts machten die jüngsten Ereignisse fassungslos: ein Überfall, vor zwei Tagen der auf einer Baustelle am Stadtrand von Conwy gefundene ausgeblutete Kadaver von Emma Jones, der junge Phillips getötet, und alles im Laufe weniger Monate.
Er war erst seit ein paar Jahren im Polizeidienst, und die dienstälteren Polizisten versicherten ihm immer wieder, dass er mutig sei, doch er war nicht hartgesotten.
In Wahrheit war ihm die Versetzung nach Cae Mefus nie wirklich als eine Beförderung vorgekommen: Nordwales war immer der Inbegriff von
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