Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
Winter wie in Trance zur Schule, und ein Gedanke ließ sie nicht los.
Sie hatte nur wenig Zeit, bevor man sie entdecken und aufzuhalten versuchen würde, und es war auch keineswegs sicher, dass ihr Plan funktionierte, doch sie musste es versuchen.
Das Experiment mit Vaughan, der intensive Einklang ihrer Empfindungen, hatte sie gewissermaßen auf die Idee gebracht.
Sie hatte schon länger erkannt, dass sie durchlässig und verletzlich wurde, sobald sie den Anhänger ablegte, doch am Tag zuvor war ihr zum ersten Mal der Verdacht gekommen, dass diese Verbindung wechselseitig sein könnte.
Sie verlor keine Zeit mit der Überlegung, ob es eine gute Idee war, sie musste einfach etwas tun, sonst würde sie verrückt werden.
Es kümmerte sie nicht mehr, ob sie überlebte. Sie wollte nur noch, dass Madison freikam, dass Rhys und ihre Großmutter nicht mehr in Gefahr waren. Und der Plan war vielleicht ihre einzige Chance. Sie musste nur versuchen, die MACHT auszuhalten, sie wenige Sekunden lang zu kontrollieren.
Sie verschloss die Toilettentür und zog den Anhänger unter dem T-Shirt hervor.
Wenn sie recht hatte, würde sie nicht lange warten müssen.
Mit zitternden Händen öffnete sie den Verschluss.
Sie wusste nicht genau, was sie tun sollte, und konzentrierte sich auf die Erweiterung ihrer Wahrnehmungen.
Sie war sicher, dass jemand sie überwachte. Wer mit so viel Bedacht eine Falle für sie plante, wusste mit Sicherheit, dass sie ausschließlich während der Schulstunden allein anzutreffen war.
Sie fühlte sich, als würde sie aus ihrem Körper geschleudert.
Ihr Bewusstsein wanderte so rasch wie möglich, registrierte die Präsenzen der Nox’ und drang weiter vor.
Schließlich nahm sie neue, unbekannte Präsenzen wahr, die ganz in der Nähe sein mussten.
Sie legte sich eilig den Anhänger wieder um und machte sich auf die Suche nach ihnen.
Winter durchquerte den Park im Laufschritt.
Sie wusste instinktiv, wohin sie gehen musste, um die Vampire zu treffen, die auf sie warteten.
Sie schoss zwischen den Bäumen hindurch und hoffte, niemand würde sie bemerken.
Ich werde dich retten, Madison
, wiederholte sie und zwang sich, daran zu glauben.
Endlich konnte sie drei Vampire erkennen, und zwar genau auf der Waldlichtung, wo sie mit Vaughan gewesen war.
»Willkommen, Winter Starr«, empfing sie einer der drei mit einem ironischen Grinsen.
Er hatte ein hartes Gesicht und kleine, unruhige Augen.
»Wir haben nicht damit gerechnet, dass du so rasch zu uns kommst.«
Er wedelte mit Madisons hölzernem Ohrring.
»Wir haben dir sogar ein kleines Geschenk mitgebracht.«
»Ich will, dass ihr sie freilasst«, sagte Winter wütend.
Das zweite Element des Trios machte einen Schritt nach vorn. Es war eine Vampirin mit goldblonden Haaren. Sie schaute Winter an, als fragte sie sich, wie ihr Blut wohl schmecken würde.
»Du willst?«, höhnte sie. »Glaubst du tatsächlich, du bist in der Lage, etwas verlangen zu können? Hast du das gehört, Crow?«
»Ihr habt doch die Spielregeln aufgestellt«, beharrte Winter. »Ihr habt Madison gebraucht, um an mich ranzukommen.«
Sie zwang sich, nicht nachzudenken, nicht innezuhalten, sonst würde sie das Grauen packen. Ihr Plan war selbstmörderisch. Und wahrscheinlich sogar dumm.
»Und hier bin ich nun …«
Die Vampirin brach in ein grimmiges Gelächter aus.
»Unter uns gesagt«, höhnte sie, »sieht deine Freundin sehr appetitlich aus, und dich kriegen wir auch ohne Hilfe.«
»Bist du sicher?«, erwiderte Winter und hoffte, ihre Stimme würde fest klingen. Sie verlor langsam die Nerven.
»Ich glaube nämlich, ihr seid euch gar nicht so sicher, dass ihr mich wirklich zu fassen bekommt. Zu dritt seid ihr gekommen … Das vereinte Blut der beiden Geschlechter macht euch Angst!«
Im Gesicht der Vampirin blitzte Verunsicherung auf.
Crow äußerte sich nicht. Doch der dritte Vampir, der die ganze Zeit statuenhaft dagestanden hatte, beunruhigte sie am meisten. Sie konnte seine Absichten nicht einschätzen.
»Du bist bloß eine Rotzgöre«, lachte die Vampirin sie aus.
Sie wollte sie verunsichern, doch Winter beschloss, ihre Rolle weiterzuspielen.
»Was, wenn ich meine Mächte bereits entdeckt habe?«
Ihre Augen waren etwas zu stark aufgerissen und ihr Mund trocken.
»Ihr habt keine Ahnung, wozu ich fähig bin.«
»Du lügst, Schätzchen.«
»Warte, Charlotte«, griff Crow wieder ein. Seine großen Raubtieraugen waren unentzifferbar. »Lass Blackwoods Tochter
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