Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
sollte.
Irgendjemand hatte ihr ein sauberes T-Shirt gebracht, aber Winter fühlte noch immer die aus dem Glas gespritzte Flüssigkeit auf ihrer Haut. Blut.
Sie fröstelte und drückte beide Arme fest an sich.
Mr und Mrs Chiplin und Gareth waren sofort hergekommen und saßen nun mit gequältem Gesichtsausdruck neben ihr. Morwenna legte ihr seufzend eine Hand auf das Knie.
Winter hätte die Hand gern weggestoßen, doch die Geste hatte etwas Tröstliches.
Sie blickte auf Morwennas Hand und riss die Augen auf. An ihrem Bein war eine rote Spur zu sehen, ein Spritzer der Flüssigkeit aus dem Kelch. Ihr Herzschlag beschleunigte sich.
Vaughan schien ihre Gedanken zu erraten.
»Das ist kein menschliches Blut, Winter«, sagte er mit leiser, aber fester Stimme, um sie nicht noch mehr zu beunruhigen.
Das Mädchen sah kurz zu ihm hin und dann ganz schnell wieder weg. Sie war kreidebleich.
»Niemand von uns greift Menschen an, das versichere ich dir«, fügte er hinzu. »Es gibt einen synthetisch hergestellten Blutersatz, der uns zu überleben erlaubt, ohne euch etwas anzutun. Der Pakt verbietet es uns.«
Winter sah, dass Gareths Gesicht sich verdüsterte.
»Mal abgesehen davon, dass Farland sie gerade eben angefallen hat!«, warf er knurrend ein.
Auf der anderen Seite des Raums rang Farland erneut verzweifelt die Hände und blickte starr auf das orientalische Muster des Teppichs zu seinen Füßen.
»Die MACHT ist schuld!«, rief er unvermittelt. Seine Augen glänzten, und er zuckte unter dem Blick Vaughans zusammen.
»Glaubst du, dich rechtfertigen zu können, Cameron?«, brachte der Lehrer ihn zum Schweigen. »Für das, was du getan hast, gibt es keine Entschuldigung!«
Farland zitterte immer noch, suchte aber mit den Augen Winters Gesicht.
»Ich weiß«, murmelte er.
Winter musste plötzlich wieder an den perfekten ovalen Biss auf dem Bein ihrer Freundin denken.
»Hast du Lorna auch angefallen?«, fragte sie mit kaum hörbarer Stimme.
»Nein!« Der Blick des jungen Vampirs war voller Entsetzen. »Lorna fühlt sich von uns angezogen. Und ich mag sie auch, auf meine Weise.«
»Nur weil der Pakt es dir verbietet, sie zu beißen«, beschuldigte ihn Gareth wütend, »sonst hättest du keine Skrupel, ihr Blut zu trinken!«
Cameron zuckte mit den Schultern.
»Nur wenn es erlaubt wäre und sie sich mir anbieten würde, Chiplin«, gab er mit großer Natürlichkeit zu.
Winter biss sich auf die Lippen. Inmitten all der Verwirrung erinnerte sie sich plötzlich an die Gefühle, die Rhys in ihr ausgelöst hatte. War es das, was er ihr gegenüber empfand?
Denn auch er empfand etwas: Was sie miteinander geteilt hatten, die Art, wie er immer wieder zu ihr hinsah, ihrem Anblick nicht widerstehen konnte, bewiesen es ihr.
Wollte er ihr Blut?
Tränen des Entsetzens stiegen ihr in die Augen. Es überlief sie eiskalt und sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Gareths Stimme erreichte sie wie ein weit entferntes Echo.
»Es ist auch nicht das erste Mal, dass Winter angegriffen wurde!«
Vaughan warf ihm einen harten Blick zu, aber nur Rhys und Farland wirkten verblüfft. Die anderen wussten bereits, was geschehen war.
»Irgendjemand widersetzt sich leider immer noch«, seufzte der Lehrer.
Winter vergrub ihr Gesicht in den Händen. Die Spannung im Raum verdichtete sich und Morwenna hob die Arme.
»Wollt ihr sie zu Tode erschrecken?«, brauste sie auf. »Das Mädchen weiß von nichts. Genügt es euch nicht, dass sie es auf diese Weise erfahren musste?«
Ihre Augen waren fest auf ihren Mann gerichtet, und ein stummer Wortwechsel entspann sich zwischen den beiden. Endlich wandte Griffith sich an Winter.
»Vor fünfzehn Jahren«, erklärte er seufzend, »schloss der Orden der Nacht, das heißt die höchste Gewalt unter den Vampiren, einen Friedenspakt mit den Menschen, die von ihrer Existenz wussten. Dieser Pakt gebot den Vampiren, den Menschen nichts anzutun und sich dem Rat der beiden Geschlechter zu unterwerfen. An der Spitze des Rats stehen der Großmeister des Ordens und der Pater, das Oberhaupt der sogenannten Familien.«
Der Mann unterbrach sich und ließ Winter Zeit, um die Informationen zu verarbeiten. Er nahm einen tiefen Zug aus seiner Pfeife und die Luft füllte sich mit süßem Rauch.
»Zu den Familien gehören die Menschen, die das Geheimnis der Existenz der Vampire von einer Generation an die nächste weitergeben.«
Winter sah ihn nur an und sagte nichts. Das Bild der Armbrust mit der
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