Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
gewonnen hatte, ihre Bücher auf den Regalen, das Wandbrett mit ein paar Puppen aus ihrer Kinderzeit.
Doch alles erschien ihr unendlich weit weg. Und falsch.
Sie ging weiter ins Schlafzimmer der Großmutter. Sie betrachtete die Kommode, ein Familienerbstück, das jeden ihrer zahlreichen Umzüge mitgemacht hatte, und beim Anblick des silbernen Fotorahmens musste sie lächeln. Darin war eine Fotografie von ihnen beiden.
Dir lag so viel daran, Oma …
Marion Starr war nicht sentimental, aber sie liebte es, ihre Erinnerungen um sich zu haben.
Plötzlich kam Winter in den Sinn, dass irgendwo noch ein Foto von ihren Eltern sein musste.
Sie begann, die Schubfächer aufzuziehen.
»Dies ist die Mailbox …«
Madison klappte das Handy wieder zu und seufzte.
Winter hatte sie gebeten, ihr eine Nacht Zeit zu geben, und die Nacht war um.
Als sie aufgewacht war, hatte eine äußerst besorgte Susan Bray vor ihrer Tür gestanden.
Madison war nervös. Sie klappte das Handy wieder auf und tippte darauf herum, um den Klingelton auszuschalten. Nach drei der Aufregung geschuldeten Fehlversuchen steckte sie das Handy schließlich in die Tasche ihrer Jeans.
Das Einzige, was sie mit Sicherheit wusste, war, dass sie der Anwältin nicht verraten konnte, dass Winter bei ihr gewesen war.
»Hier kommt der Kaffee …«, sagte sie und verließ mit einem Tablett in der Hand die Küche.
Sie war so nervös, dass sie auf dem Teppich beinahe gestolpert wäre. Susan warf ihr einen fragenden Blick zu.
»Ich weiß, dass ihr enge Freundinnen seid«, nahm sie das Gespräch wieder auf, ohne den Blick von ihr abzuwenden, während Madison das Kaffeetablett auf den Tisch stellte. Susan Bray traute ihr nicht im Geringsten, und Madison konnte es ihr nicht verübeln. Winter und sie hatten sich vom ersten Tag ihrer Bekanntschaft an immer gegenseitig gedeckt.
»Zucker?«, fragte sie und zwang sich, ruhig zu bleiben.
»Nein, danke.«
Als Madison bewusst wurde, dass das Geklimper des Löffelchens an der Porzellantasse nervte, erwiderte sie den Blick der Anwältin mit einer entschuldigenden Miene.
Sie überlegte rasch und entschied sich für eine Version, die nur ganz leicht von der Wahrheit abwich.
»Um ehrlich zu sein, hören wir uns nicht mehr so häufig … Ich nehme an, sie findet langsam neue Freunde. Sie wissen ja, wie das ist.«
Damit das Ganze überzeugender wirkte, verlieh Madison ihrer Stimme einen Hauch von Bedauern.
Susan griff nach ihrer Tasse.
»Hat sie dir nie etwas Ungewöhnliches erzählt?«, fragte sie dann.
Sie hatte es ganz beiläufig, quasi unbeabsichtigt gefragt, so als würde die Antwort sie gar nicht wirklich interessieren. Madison tat trotzdem so, als ob sie nachdenken müsste.
»Nichts Besonderes, nein … Die üblichen Dinge halt, würde ich sagen«, antwortete sie, nachdem sie innerlich bis zehn gezählt hatte. Das schien ihr eine wirksame Strategie zu sein.
In Wahrheit hatte keines ihrer Telefongespräche seit Winters Umzug nach Wales sie wirklich überzeugt.
»Madison«, sagte die Anwältin eindringlich, »versprichst du, mich anzurufen, falls sie sich bei dir meldet? Und auch, wenn dir noch etwas Interessantes einfallen sollte?«
Sie neigte den Kopf und sah einem Tropfen Kaffee zu, der auf der Außenseite ihrer Tasse hinunterrann, dann seufzte sie schließlich und nickte.
»Wie Sie schon sagten, wir sind enge Freundinnen«, erwiderte sie und hoffte, die Anwältin würde ihre Antwort als eine Zustimmung auffassen.
Sie begleitete ihren Gast zur Tür, dann tippte sie hastig eine SMS .
»Bray war hier. Ruf mich an!«
Susan ging erneut zur Wohnung von Marion Starr, sie fühlte sich schon fast mutlos. Die Tür war verriegelt, die Fensterläden geschlossen … Sie war um zwei Uhr nachts bereits da gewesen, hatte aber niemanden angetroffen, und aller Wahrscheinlichkeit nach würde sie auch jetzt nur wertvolle Zeit verlieren.
Sie seufzte und kramte in ihrer Handtasche auf der Suche nach dem Wohnungsschlüssel.
Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte. Vielleicht hatte Madison ihr tatsächlich die Wahrheit gesagt, sie schien aufrichtig besorgt gewesen zu sein.
Sie wollte gerade den Schlüssel ins Türschloss stecken, als ihr Telefon zu klingeln begann.
»Bray«, antwortete sie kurz angebunden.
»Ich bin’s, Richard. Neuigkeiten?«
»Wie viel Scotch hast du getrunken, Richard?«, antwortete sie bissig. »Meinst du nicht, dass du der Erste wärst, der es erfahren würde?«
Moore wusste, wann er ihren
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