Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
anvertraut …«, widersprach er.
Richtig. Dieselben Familien, die jede Minute ihres Lebens manipuliert und ihr alle Wahrheiten verschwiegen hatten und die wahrscheinlich schuld daran waren, dass ihre Großmutter in einem Krankenhausbett lag.
»Das ist mir egal«, erklärte sie mit kalter Entschlossenheit.
Zorn wallte in Gareth auf. Er wusste, dass es unsinnig war, in dem Moment die Beherrschung zu verlieren, doch er konnte sich nicht mehr im Zaum halten. Er hätte versuchen sollen, ihr noch einmal alles zu erklären, trotz der Verwirrungen der vergangenen Monate, doch er war viel zu wütend, um die nötige Geduld aufzubringen. Irgendetwas zwischen ihnen machte das Gleichgewicht immer allzu labil.
»Ich dachte, nach zwei Überfallen hättest du genug«, griff er das Thema wieder auf, »aber dass du dich mit einem Nox triffst … Gerade du, und das, obwohl du jetzt alles weißt!«
Winter wurde rot, nicht nur vor Ärger.
»Wir sind Freunde, Gareth!«, widersprach sie sofort.
Gareths Blick war voller Sarkasmus.
»
Wir
sind Freunde, Winter … und mir hast du nie erlaubt, dir so nah zu sein!«
Sie zog die Luft ein und musste den Drang unterdrücken davonzulaufen. Sie wünschte, es wäre nie so weit gekommen, dass sie sich mit ihm stritt und ihn verletzte.
»Glaub mir, Gareth. Mehr ist da nicht. Mein Leben ist sowieso schon ein totales Chaos …«
Gareth hob ihr Kinn an, um sie daran zu hindern, wegzuschauen. Er war auf dem besten Weg, sich lächerlich zu machen, doch er sagte es.
»Auf diese Weise wird es auf jeden Fall nicht einfacher werden. Nicht mit einem von denen.«
Das Schlimmste war, dass ihre Haut so weich schien … und sogar ihr Zorn rieb ihn auf.
Dann senkte Winter ihre Augen in seine und verstand plötzlich.
»Du bist mir gefolgt! Stimmt’s?«
»Ich bin bloß gekommen, um dich abzuholen … Das schien mir eine nette Geste zu sein.«
»Wir verstoßen gegen keine Regel, Gareth«, murmelte das Mädchen. »Wir versuchen bloß zu verstehen.«
»Wäre schön, wenn ich dir glauben könnte.«
Die Geschwindigkeit, mit der er wieder ernst wurde, irritierte sie.
»Warum glaubst du, habe ich mich eingemischt? Weil ich mir Sorgen mache um dich«, flüsterte er wütend. »Du solltest alles daransetzen, ihnen aus dem Weg zu gehen. Sie sind gefährlich, Win!«
»Rhys nicht!«, beharrte das Mädchen und ignorierte die ehrliche Beunruhigung, die sie auf seinem Gesicht erkannte. Ein Teil von ihr war sich sogar bewusst, dass Gareth recht hatte, dass es keine Entschuldigung gab und dass sie sich wie ein Dummkopf benahm.
»Du bist die unvernünftigste Person, die ich kenne! Und außerdem bist du überheblich, denn du weißt rein gar nichts und kümmerst dich nicht einmal darum!«, beschuldigte er sie.
Während er ihr Vorwürfe machte, stützte sich der Junge an der Mauer ab und rückte keinen Millimeter zur Seite.
Winter saß in der Falle.
»Ich will es dir noch einmal klar und deutlich erklären«, fuhr er unerbittlich fort. »Der Pakt verbietet
jeden
Kontakt zwischen Vampiren und Menschen. Kontakte jeglicher Art. Und wer dem zuwiderhandelt, wird bestraft.«
Ihre Augen begegneten sich, und für einen Augenblick wollte Winter vor Scham im Boden versinken.
»Dass es den Pakt überhaupt gibt, haben viele mit ihrem Leben bezahlt, und er ist nicht so beständig, wie du glaubst. Einige Vampire haben sich jahrhundertelang von Menschen ernährt und warten nur auf eine Gelegenheit, den Pakt zum Scheitern zu bringen. Nun, bei dem Spiel will ich nicht mitspielen, Winter. Es würde Tote geben, Menschen, die du kennst und die vielleicht so blöd sind, dich gernzuhaben … Denk dran.«
Ein Schluchzen stieg in ihr hoch, doch sie war zu stolz, um sich gehen zu lassen.
Mit Gareth zu streiten war falsch, ein Teil von ihr wünschte sich vielmehr, ihm alles anvertrauen zu können – was sie empfand, ihre Entdeckungen, der einsame Kampf, den sie für sich und ihre Großmutter ausfechten wollte …
In diesem Moment explodierte in ihrem Hirn die Angst, den einzigen Freund zu verlieren, den sie in Cae Mefus hatte, und das stürzte sie in noch größere Verwirrung.
»Glaubst du, ich wollte mich in ihn verlieben?«, murmelte sie mit unendlicher Traurigkeit.
Dann verstummte sie schlagartig und hielt sich mit der Hand den Mund zu, schockiert über ihre eigenen Worte.
Das konnte sie jetzt nicht wirklich gesagt haben!
Gareths Gesicht drückte nacheinander Dutzende von Emotionen aus, bis schließlich ein betrübtes
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