Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)

Stil des Rats der beiden Geschlechter. Außer der Brille gab es kein Beweisstück.
    Evans passte auf, dass sein Vize ihn nicht sah, und steckte die Brille unauffällig in die Tasche. Er konnte sie später immer noch offen auf den Tisch legen, wenn klar wäre, welche Vorgehensweise angebracht war.
    Er ging in die Küche und betrachtete die Magnettafel am Kühlschrank.
    Zucker, Milch, Öl kaufen …
    Nichts, was ihm irgendeinen Hinweis gab.
    »Es steht kein Auto in der Garage, Sir.«
    Evans wechselte einen Blick mit seinem Vize und schüttelte den Kopf.
    »Du hattest vielleicht doch recht …«
    »Soll ich ein paar Kontrollanrufe machen? Wenn sie einen Ausflug geplant hatte, müsste das eigentlich jemand wissen …«
    Der Mann entschied hastig.
    »Nein, lass nur. Ich mach das schon.«
    Aeron Fennah fertigte Evans in wenigen Minuten ab.
    Bethan Davies
 …, überlegte er und sein Gesichtsausdruck wurde hart. Diesen Namen hatte er seit Langem begraben geglaubt.
    Er ging in seinem Büro auf und ab und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Fünfzehn Jahre lang hatte er gedacht, sie sei tot, und jetzt, in diesem äußerst heiklen Moment, musste er erfahren, dass sie die ganze Zeit in den Wäldern bei Cae Mefus versteckt gelebt hatte. Und nun verschwunden war.
    »Verdammt!«
    Der Mann kehrte an seinen Schreibtisch zurück und nahm den Telefonhörer auf. Er wählte eine Nummer und presste die Fäuste zusammen, während er wartete.
    »Zu Ihren Diensten, Sir«, antwortete der Exekutor.
    Fennah kam ohne Umschweife auf den Punkt.
    »Wussten Sie, dass Bethan Davies in Cae Mefus lebte, Rhoser?«
    »Ich dachte, sie sei beim Brand im ehemaligen Ratsgebäude ums Leben gekommen …«
    Fennah schüttelte den Kopf.
    »Leider nicht. Evans hat mir soeben mitgeteilt, dass eine Frau dieses Namens aus Cae Mefus verschwunden ist. Wir haben demnach ein Problem.«
    »Befürchten Sie, dass man sie entführt hat? Dass es der Orden gewesen sein könnte?«
    »Sie wissen ebenso gut wie ich, dass es so sein muss.«
    Er war fuchsteufelswild. Und nicht nur, weil der Pakt tatsächlich in Gefahr war, wenn ihr Geheimnis ans Licht kommen sollte. Er war sich sicher, dass man ihn hintergangen hatte.
    »Lochinvar hat zugelassen, dass die Familien sich der jungen Starr annahmen, hat aber verlangt, dass man sie nach Cae Mefus brachte. Er wusste also genau, dass die Davies nicht tot war, und wollte, dass das Mädchen ihr begegnete …«
    Nun war ihm jemand zuvorgekommen, hatte die Frau aufgespürt und seinen Plan durchkreuzt.
    Wären sie dadurch nicht alle in ernsthafte Schwierigkeiten gekommen, hätte Fennah darin eine Art kosmische Gerechtigkeit sehen können.
    Der Exekutor brach schließlich das Schweigen.
    »Ich werde sie finden, Sir.«
    M ensch, Win … Der Typ ist ja der Hammer!«
    Madison hatte nur gewartet, bis Rhys sich ein paar Schritte entfernt hatte, und platzte nun heraus.
    Winter schmunzelte in sich hinein, denn sie wusste genau, dass der Junge jedes Wort hören konnte.
    Bads Kellerwohnung war der Zufluchtsort der Sin-derella. Winter und Rhys würden dort schlafen können, zumindest für diese Nacht. Die Unterkunft war nicht berauschend: Es herrschte überall Unordnung und stank nach Zigarettenrauch, aber in Winters Wohnung würde man sie zuallererst suchen.
    Und außerdem, welche Bedeutung hatte es schon? Sie waren in London, zusammen. Es war fast wie ein Traum …
    »Sind alle Waliser so?«
    Winter schüttelte ironisch den Kopf.
    »Solche wie er sind eher selten …«
    Sie ließ sich auf eines der Feldbetten fallen, die zur Einrichtung gehörten. Es war unbequem und hing durch, aber Winter befürchtete trotzdem, augenblicklich einzuschlafen.
    Sie hatten eine lange Nacht hinter sich.
    Winter gähnte und Madison sah sie etwas unschlüssig an.
    »Eines Tages wirst du mir sagen, warum du immer wieder von zu Hause wegläufst, nicht wahr?«
    »Ich wollte meine Oma sehen. Susan schickt mir keine Genehmigung mehr.«
    Das war eine einigermaßen glaubwürdige Notlüge, und außerdem die einzige, die ihr in den Sinn gekommen war.
    Madison ließ es dabei bewenden.
    »Lasst den Schlüssel von innen stecken, die Jungs werden alles versuchen, um unvermittelt hereinzuplatzen …«
    Winter musste laut lachen. Das war typisch Sin, dachte sie zärtlich.
    »Und wenn sie dir sagen, dass er ihnen überhaupt nicht gefällt, hör nicht auf sie. Sie werden nicht mit ihm sprechen, werden versuchen, ihn mit heimtückischen Mitteln in Verlegenheit zu bringen, werden