Winter in Prag: Erinnerungen an meine Kindheit im Krieg (German Edition)
zitterte, zu zerschmettern, indem sie seine Flugzeuge, Flugabwehrgeschütze und Munitionsfabriken zerstörten – und das so schnell, dass schon Mitte September 1940 der Weg für eine Invasion frei wäre. Göring versicherte Hitler, dass dieses Ziel, einigermaßen günstiges Wetter vorausgesetzt, erreichbar sei.
Sobald die Deutschen Frankreich überrannt hatten, fingen sie an, entlang der Nordküste Luftwaffenstützpunkte zu errichten, von dort war es nur ein kurzer Flug über den Ärmelkanal nach England. Am 10. Juli griffen 75 NS-Bomber, eskortiert von 45 Jagdflugzeugen, im Hafen von Dover einen Konvoi aus Schiffen an. In der Öffentlichkeit sprach Hitler noch von Frieden, aber sein Militär führte Krieg.
Im Jahr 1935 hatte ein Ingenieurteam unter Leitung eines Forschers mit dem rein britischen Namen Professor Robert Watson-Watt entdeckt, dass Funkwellen von vorbeifliegenden Flugzeugen
abgelenkt wurden. Um sich diese Entdeckung zunutze zu machen, errichtete das Luftfahrtministerium eine Kette von 22 Stationen entlang der Küste, die alle aus einem Paar riesiger Türme bestanden: einen, um Signale auszusenden, ein zweiter, um sie zu empfangen. Die Ingenieure bezeichneten ihre neue Technologie als »Funkortung«, heutzutage ist sie unter der Abkürzung Radar bekannt (ursprünglich für Radio Aircraft Detection and Ranging). Mit diesem Hilfsmittel konnten die Briten Flugzeuge schon in einer Entfernung von 160 Kilometern ausmachen, und weil ihre eigenen Flugzeuge mit Sendern ausgerüstet waren, konnten die Techniker auch zwischen feindlichen und eigenen Flugzeugen unterscheiden.
Zu Beginn der Luftschlacht zählten die Funktürme zu den ersten Zielen der Luftwaffe. Bereits Mitte August dachten NS-Piloten, sie hätten so gut wie alle ausgeschaltet. Aber sie irrten sich. Die Türme waren mit Notstromgeneratoren ausgestattet und blieben trotz gewaltiger Schäden in Betrieb. Das war außerordentlich wichtig. Die Radaranlagen verschafften zwar nur wenige Minuten Vorwarnzeit, aber das reichte den britischen Piloten – wenn sie schnell genug reagierten –, rechtzeitig aufzusteigen und die ankommenden Flugzeuge abzufangen.
Zum Schutz ihrer Bomber setzte die Luftwaffe einmotorige und zweimotorige Messerschmitt-Jagdflugzeuge ein. Beide Versionen waren außerordentlich flugtauglich, aber beide hatten auch einen Fehler: Die Treibstoffanzeige in der einmotorigen Maschine fing bereits nach einer Flugstunde an zu blinken, so dass die Piloten notgedrungen abdrehen mussten, während das Bombardement noch im Gange war. Die zweimotorige Version hingegen war nicht ganz so schnell oder manövrierfähig wie die britischen Jäger: die rasch aufsteigende Spitfire und die robuste Hurricane. Das britische Luftfahrtministerium bemühte sich, die eigenen Jäger durch den Einsatz von Sperrballons zu unterstützen, die feindliche Piloten zwangen, so hoch zu fliegen, dass sie Ziele auf dem Boden nicht richtig erkennen konnten. Die Londoner lernten schon bald, dass das Aufsteigen der Ballons einen bevorstehenden Angriff ankündigte. Darüber hinaus wurden manche Luftwaffenstützpunkte mit 150 Meter langen Stahlkabeln ausgestattet. Nachdem man sie mit einer Rakete abgeschossen
hatte, senkten sich die Kabel mit Hilfe von Fallschirmen nur langsam ab. Wenn sie im geeigneten Moment in den Himmel geschickt wurden, bildeten sie für rasch heranfliegende Flugzeuge ein tödliches Hindernis, dem diese kaum ausweichen konnten.
Ungeachtet dieser Vorbereitungen sah es schlecht für die Briten aus. Die damaligen Bomber waren selbst gegenüber den besten Luftabwehrsystemen im Vorteil, insbesondere wenn die Angreifer in ausreichender Zahl anflogen. Die britischen Hersteller produzierten monatlich 450 Jagdflugzeuge, aber die deutsche Luftwaffe begann die Schlacht mit einem erheblichen Vorsprung. Da der Ausgang von dem Grad der Abnutzung abhing, mussten die Engländer dem Feind extrem hohe Verluste zufügen. Zu allem Unglück fehlten der RAF etliche Piloten zur erforderlichen Mindeststärke. Geschwader, die eigentlich 26 Piloten haben sollten, mussten mit 16 auskommen. Um die Differenz auszugleichen, wurden die Ausbildungskurse auf unter zwei Wochen gekürzt, und Anfänger mussten notgedrungen mit Doppeldeckern aus dem Ersten Weltkrieg üben.
Geschichtsbücher über den amerikanischen Sezessionskrieg beginnen häufig mit einer Beschreibung der Washingtoner, die mit Picknickkörben zu den Schlachtfeldern in Virginia zogen, um sich die Kämpfe
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