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Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Titel: Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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Guten. Die sollst du nicht abschießen. Das sind unsere Verbündeten. Da ist ein Roter, schnapp ihn dir!«
    Ruthie sah zu ihnen herüber und schenkte Buzz ein warmes Lächeln. Er kümmerte sich rührend um Fawn – und es schien ihm sogar Spaß zu machen. »Danke«, formte Ruthie lautlos mit den Lippen, und Buzz grinste. Aber sie meinte es ernst. Er hatte sich extra den Tag freigenommen, um mit ihr nach Connecticut zu fahren, und jetzt war er immer noch da und spielte mit Fawn Computerspiele.
    Ruthie hatte das einzige Fotoalbum ihrer Familie sowie mehrere Schuhkartons voll mit alten Bildern gefunden und schleppte ihre Beute zum Tisch.
    »Wenn du F 6 drückst, kommst du in den Hyperraum«, erklärte Buzz gerade.
    »Was ist Hyperraum?«, fragte Fawn.
    »Da ist man superschnell. Du kannst so ziemlich alles und jeden abhängen.«
    Ruthie nahm sich das Album vor, das mit Fawns Babyfotos begann und dann in ähnlicher Manier weiterging: Fawns erste Schritte, Fawns erstes Dreirad, Fawns erster ausgefallener Milchzahn. Auf vielen der Bilder waren auch die Eltern und Ruthie zu sehen, doch im Mittelpunkt stand eindeutig Fawn. Ruthie blätterte zur ersten Seite zurück, wo Mom und Dad die neugeborene Fawn im Arm hielten. Sie hatte ein rotes zerknautschtes Gesicht, und ihre großen weisen Eulenaugen schauten wachsam. Vorn in der Ecke stand Ruthie – eine mürrisch dreinblickende Zwölfjährige mit einem der schauderhaften Haarschnitte, die ihre Mutter ihr immer verpasst hatte.
    Sie vier waren die einzigen Menschen auf den Fotos. Ihre Eltern hatten keine lebenden Verwandten, also gab es keine Großmutter, bei der man Thanksgiving verbringen, keine Cousins, mit denen man sich an Weihnachten zanken konnte.
    Ruthie kippte die Schuhkartons aus.
    »Suchst du nach Bildern von den O’Rourkes?«, fragte Buzz und sah von seinem Laptop auf. Fawns Augen klebten am Bildschirm, ihre Finger hackten auf die Tasten ein.
    Ruthie gab keine Antwort. Ein Foto nach dem anderen schaute sie sich an: die beiden Schwestern vor verkrüppelten Weihnachtsbäumen, beim Spielen im Schnee, bei der Gartenarbeit, mit Hühnern auf dem Arm. Es gab auch noch einige ältere Fotos von Ruthie, die vor Fawns Geburt gemacht worden waren: Ruthie im Alter von zehn Jahren mit einer Baseballkappe auf dem Kopf beim ersten Campingausflug mit ihren Eltern. Mit vierzehn neben ihrer Mutter, beide in identischen Strickpullovern. Sie sahen so komisch zusammen aus – Ruthie groß und schlaksig, mit dunklen Haaren und dunklen Augen, ihre Mutter klein und rundlich mit hellblauen Augen und zerzauster grauer Mähne. Sie hätten unterschiedlicher nicht sein können.
    Dann fand sie ein Foto von sich mit dem Chemiebaukasten, den sie mit acht Jahren zu Weihnachten bekommen hatte. Auf dem Bild saß ihr Vater neben ihr, zeigte ihr ein Diagramm des Periodensystems und erklärte ihr, wie alles auf der Erde, sogar alles im Universum – Menschen, Seesterne, Zement, Fahrräder und weit entfernte Planeten – aus einer Kombination der verschiedenen Elemente zusammengesetzt war.
    »Ist das nicht unglaublich, Ruthie?«, hatte er mit strahlenden Augen gefragt.
    Ruthie hatte die Vorstellung ein bisschen beunruhigt – als wären die Menschen nichts weiter als komplizierte Puzzles. Selbst im zarten Alter von acht Jahren hatte sie gehofft, dass noch mehr dahintersteckte.
    Ruthie suchte das älteste Foto heraus, das sie von sich finden konnte. Darauf stand sie, einen grünen Teddybär im Arm haltend, in der Einfahrt. Sie musste zu dem Zeitpunkt etwa drei Jahre alt gewesen sein. Das Bild war im Frühling auf ihrem Hof aufgenommen worden. Im Gras waren noch vereinzelt Schneeflecken zu sehen, aber hier und da reckten bereits Krokusse ihre Köpfchen aus der Erde. Ruthie trug ein steif aussehendes Kleid und eine kleine Cabanjacke. Ihre Haare waren zu zwei sauberen Rattenschwänzen gebunden.
    Plötzlich erinnerte sie sich an den Teddybär. Piney Boy. Sie hatte ihn immer und überall mit sich herumgeschleppt. Was wohl aus ihm geworden war? Die meisten ihrer Kuscheltiere hatte sie an Fawn weitervererbt, aber Piney hatte sie seit Ewigkeiten nicht gesehen. Auf einmal fehlte ihr der blöde Bär so sehr, dass ihr Tränen in die Augen traten. Wie peinlich.
    »Buzz.« Sie räusperte sich und wischte sich rasch über die Augen. »Was würdest du sagen, gibt es mehr Fotos von dir oder von deiner Schwester?«
    Die Frage schien ihn zu verwirren. »Hmm, definitiv von Sophie. Sie war das erste Kind. Bei ihr haben meine

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