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Winterfest

Winterfest

Titel: Winterfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørn Lier Horst
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Stimmen und das Geräusch von Generatoren. Kurz darauf konnte er sich am Licht der Scheinwerfer orientieren, die aufgestellt worden waren.
    Sieben Polizisten standen an der Fundstelle. Weißer Atemnebel hing in der Luft, angestrahlt von den großen Lampen. Hammer drehte sich um und nickte ihm zu, als Wisting sich unter den letzten Zweigen hinwegduckte und auf das Felsplateau trat.
    »Willkommen zurück.«
    Wisting dankte und starrte an ihm vorbei. Erst da sah er, dass die Polizisten zu beiden Seiten eines Spalts standen, der den Felsen teilte. Espen Mortensen kletterte gerade heraus, als Wisting darauf zuging.
    »Er liegt seit einer Woche da«, sagte der Kriminaltechniker und rückte seine Helmlampe zurecht.
    Wisting blickte in den Spalt hinunter, ohne genau zu verstehen, was er sah. Ein menschlicher Körper lag in verdrehter Haltung etwa zwei Meter unter ihm. Der Kopf war in unnatürlichem Winkel nach hinten abgeknickt, mit weit aufgerissenem Mund und leeren Augenhöhlen. Aus der rechten Schulter ragte ein gesplitterter Knochen aus einer fauligen Fleischwunde.
    Aber da unten war noch mehr, bei dessen Anblick ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. Er schüttelte sich.
    Um den toten Körper herum lagen verschiedene tote Vögel, von den steilen Felswänden vor Füchsen und anderen Aasfressern geschützt. Schwarzdrosseln, Stare, ein paar Krähen und einige Vögel, deren Namen Wisting nicht kannte. Genug, um eine Einkaufstüte zu füllen.
    »Höchstwahrscheinlich ein Unfall«, ergänzte Mortensen. »Er ist direkt in den Tod gelaufen.«
    Wisting rieb sich die Stirn und sah vor sich, was passiert war, als der unbekannte Mann, den Valdas Muravjev auf dem Pfad getroffen hatte, in den dichten Wald gelaufen war. Der Sturz war nicht tief, musste aber in der Dunkelheit überraschend und brutal gewesen sein.
    Der tote Körper war in Zweige einer Birke verwickelt, die am Boden des Spalts zwischen den Steinblöcken Wurzeln geschlagen hatte. Inmitten der Vögel lag die Tasche, die der Mann nach Muravjevs Schilderung getragen hatte. Sie war an der Seite aufgerissen und der Inhalt war herausgefallen.
    Wisting sprang über den Spalt auf die andere Seite. Von hier aus konnte er besser sehen. Mehrere ziegelsteingroße Pakete lagen auf dem Steinboden verstreut. Sie waren in Plastik versiegelt und mit festem braunen Klebeband umwickelt. Eines der Pakete war trotzdem aufgerissen. Die Reste des weißen Pulvers darin waren in der feuchten Witterung zu einer zähen Masse geworden.
    »Kokain?«, fragte Wisting.
    Nils Hammer nickte. »Wir glauben, dass er Malte Ancher heißt«, sagte er und öffnete die Dokumentenmappe, die er unter dem Arm trug. »Wir haben am Vormittag einen Hinweis der dänischen Polizei bekommen. Malte Ancher wurde am Dienstag von seiner Freundin in Aalborg als vermisst gemeldet.«
    Wisting nahm die Papiere entgegen, die Hammer ihm reichte, hörte aber weiter zu.
    »Er hat 2006 zur selben Zeit wie Klaus Bang in Horsens im Gefängnis gesessen und anscheinend haben sie danach eine Zeit lang zusammengearbeitet. Vor zwei Jahren wurden sie an der Grenze zwischen Deutschland und Dänemark mit fünftausend Valiumblau in einem Auto geschnappt.«
    »Professionelle Drogenkuriere?«
    »Es ist nicht gerade profimäßig, zu zweit in einem Schmuggelauto zu sitzen, aber es zeigt auf jeden Fall, dass sie im Gewerbe sind. Klaus Bang wurde im Zusammenhang mit der Vermisstenmeldung vernommen. Er behauptet, dass er das ganze Wochenende mit einer Magengrippe im Bett lag und mit niemandem Kontakt hatte. Er erwähnt mit keinem Wort, dass er mit dem Boot unterwegs war.«
    »Haben die dänischen Kollegen ihm das Foto gezeigt, das wir von ihm haben?«
    »Nein.«
    Wisting nickte zufrieden. Das verschaffte ihnen einen guten Ausgangspunkt für die weiteren Ermittlungen. Die Fotos von dem Boot und der Fund in der Felsspalte reichten für den Tatverdacht der illegalen Drogeneinfuhr. Klaus Bang riskierte eine Gefängnisstrafe von mehr als zehn Jahren. Der einfachste Ausweg für ihn war, alle Schuld auf seinen toten Kameraden zu schieben. Falls er clever genug war oder einen guten Verteidiger hatte, konnte er seine Glaubwürdigkeit untermauern, indem er der Polizei Details über seine Verbindungsleute in Norwegen verriet. Er konnte ihnen Rudi Muller ans Messer liefern.
    Ein leichter, kalter Nebel begann aufzuziehen. Wisting vergrub die Hände in den Taschen und zog die Schultern hoch.
    »Wie willst du ihn da rausholen?«, fragte er.
    »Entsprechende

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