Winterfest

verharrten.
    Wisting legte den Kopf an die Fensterscheibe und versuchte, so viel wie möglich von der Straße zu sehen. Ein Lastwagen gefolgt von zwei Lieferwagen fuhr vorbei.
    Er fluchte laut und blickte wieder auf die Monitore. Die Räuber bewegten sich auf den Ausgang zu und trieben die Wachschutzfrau vor sich her. Wisting begriff immer noch nicht, wie sie ins Gebäude gekommen waren, und auch nicht, wie sie die Flucht schaffen wollten.
    Doch plötzlich ging ihm ein Licht auf, als wäre es die größte Selbstverständlichkeit. Er konnte nicht sagen, ob er es zuerst begriff oder zuerst sah. Den Fluss entlang kam ein Zodiac, ein großes Schlauchboot, nur etwas schlichter als das Modell, das mit der Drogenlieferung aus Dänemark gekommen war. Ein einzelner maskierter Mann stand an der Steuerkonsole. Er verringerte das Tempo und manövrierte das Boot ans Ufer.
    Auf dem Bildschirm schlug die Tür zum Banknotenraum hinter den Räubern zu. Es konnte sich nur noch um Minuten, um Sekunden handeln, dann würden die maskierten Männer verschwunden sein. Die Mannschaften des Einsatzkommandos würden es niemals schaffen, sich in dieser kurzen Zeit neu zu organisieren.
    Wisting stürmte aus dem Raum hinaus auf den Flur und stieß die Tür des Notausgangs an der Rückseite der Feuerwache auf. Das Metall dröhnte, als er die Feuertreppe hinunterlief, die in einer Spirale an der Außenwand entlang abwärts führte. Als er unten ankam, zog er die Pistole aus dem Holster unter dem Jackett und entsicherte sie, während er weiterrannte.
    Die beiden Räuber hatten das Gelddepot verlassen. Sie schoben die Wachschutzfrau vor sich her. Den Mann mussten sie im Gebäude zurückgelassen haben.
    Die Frau fiel hin und der kleinere der Räuber musste eine der Taschen abstellen, um ihr aufzuhelfen. Keiner von ihnen hatte Wisting bemerkt.
    Das Schnellboot hatte jetzt die Anlegestelle erreicht. Der Abstand zu den Räubern betrug weniger als fünfzig Meter. Wisting konnte es schaffen, ihnen den Weg abzuschneiden, aber er blieb stehen, als die Geisel stolperte und zum zweiten Mal stürzte.
    »Polizei, ich bin bewaffnet!«, rief er und suchte Deckung hinter einer Telefonsäule. »Stehen bleiben!«
    Zwanzig Meter von ihm entfernt erstarrten die beiden maskierten Männer. Die Frau blieb einen Moment auf der Erde liegen, dann rappelte sie sich auf, stolperte noch einmal, kam auf die Beine und brachte sich in Sicherheit.
    Wisting machte sich hinter der Telefonsäule dünn, die ihm wenig Deckung bot. Der Mann mit dem Maschinengewehr ließ beide Taschen fallen und richtete die Waffe auf ihn. Wisting legte seinerseits auf ihn an und krümmte den Zeigefinger um den Abzug.
    Der Regen lief ihm übers Gesicht. Der Druck auf den Abzug erhöhte sich. Wisting blickte auf, direkt in die Augen des anderen. Irgendetwas an dem Ausdruck darin ließ ihn zögern.
    Der Mann in dem Boot rief etwas. Der Räuber senkte die Waffe, griff nach den Taschen und lief zum Fluss.
    Wisting warf sich herum und feuerte eine Serie von sechs Schüssen ab. Das scharfe Geräusch tat in den Ohren weh. Der Bleigeruch stach in der Nase.
    Die Schüsse schlugen in den Rumpf des Bootes und trafen den luftgefüllten Schlauch an der linken Seite. Wisting senkte die Waffe und sah, wie der Mann am Steuer Gas gab und Kurs auf die Flussmitte nahm. Das Boot krängte und hatte schon einen Großteil seiner Manövrierfähigkeit verloren.
    »Polizei! Lassen Sie die Waffe fallen!«, hörte Wisting eine scharfe Stimme neben sich.
    Der Leiter des Einsatzkommandos stand mit gespreizten Beinen und einer Pistole in der Hand da. Die beiden Räuber waren bereits unten am Kai, achteten aber nicht auf die Warnung. Von der Straße her hörte Wisting das Motorengebrüll eines der gepanzerten Autos, das sich näherte.
    Das Boot hielt erneut Kurs auf den Anleger, lag aber bereits tief im Wasser. Der Leiter des Einsatzkommandos wiederholte seine Anweisung. Der Räuber mit dem Maschinengewehr ließ abermals die Taschen fallen und hob das Gewehr. Im selben Moment schoss Kurt Owesen neben ihm. Der Mann unten am Anleger stürzte zu Boden.
    Der gepanzerte Wagen rasten heran und bildeten eine Barrikade zwischen Wisting und dem Fluss. Bewaffnete Polizisten verteilten sich in Fächerformation. Kommandorufe gellten.
    Der Zodiak draußen auf dem Fluss legte sich auf die Seite und kenterte. Der Mann an Bord klammerte sich an den Rumpf, der von der Strömung fortgetragen wurde.
    Draußen auf dem schmalen Anleger setzte der kleinere