Winterfest
paar Leute der ID-Gruppe von Kripos werden dabei sein. Zunächst wird man die Leiche entkleiden. Sobald wir ein Foto des Gesichts unter der Sturmhaube haben, wissen wir schon mehr, aber das heißt nicht, dass es uns viel nützt. Der Tote muss nicht polizeibekannt sein. Er ist vielleicht nicht einmal Norweger. Wenn wir Glück haben, hat er einen Ausweis oder irgendwas anderes bei sich, was uns weiterbringt. Haben wir richtig großes Glück, sind seine Fingerabdrücke vielleicht registriert. Dann haben wir die Antwort, noch bevor der Tag um ist.«
Christine Thiis erhob sich. »Gut«, sagte sie und nickte. »Wann rufst du die Ermittler zusammen?«
Wisting warf einen Blick auf die Uhr. »In einer halben Stunde. Im Besprechungsraum.«
»Dann sehen wir uns dort.« Die Polizeiinspektorin ging zur Tür.
»Da ist noch etwas«, sagte Wisting.
»Ja?«
»Die Anklagevertretung beinhaltet auch den Kontakt zu den Medien.«
Christine Thiis nickte. Wisting meinte an ihrem Blick zu erkennen, dass sie unsicher geworden war.
»Für zehn Uhr ist eine Pressekonferenz angesetzt.«
»Du begleitest mich doch, hoffe ich?«
»Ja.« Wisting lächelte sie an. »Ich begleite dich.«
Ein paar Minuten vor sieben versammelten sich die Ermittler im Besprechungsraum.
Wisting ging auf die Toilette und wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser, um etwas munterer zu werden. Er betrachtete sich für einen Moment im Spiegel. Sein Gesicht war blass und eine Idee geschwollen. Die Haare waren ungekämmt und der Blick starr.
Er rupfte Papier aus dem Spender und trocknete sich ab, warf es in den Korb neben dem Waschbecken und ging hinaus zu den anderen.
Jemand hatte den Fernseher eingeschaltet. Wisting blieb in der Tür stehen und verfolgte die Nachrichten über den Fall, an dem sie arbeiteten.
Auf dem Bildschirm trugen vier Polizisten eine verhüllte Trage zu einem Leichenwagen, während ein Reporter ausführte, was der Nachrichtensender über den Fall wusste. Am unteren Rand des Bildschirms wurde sein Bericht kurz und knapp zusammengefasst: Mordfall in Larvik .
Der Filmbeitrag zeigte im weiteren Verlauf abwechselnd Polizeihubschrauber, Hundeführer und bewaffnete Einsatzkräfte in Schusswesten, während ein Telefoninterview eingespielt wurde, in dem Polizeiinspektorin Christine Thiis einige kurze Kommentare abgab. Wisting erkannte darin seine eigenen Worte wieder.
Die Reportage schloss mit Bildern des davonfahrenden Leichenwagens, während Christine Thiis sagte, dass der Tote noch nicht identifiziert sei und die Ermittlungen ein gutes Stück vorankommen würden, sobald die Obduktion abgeschlossen sei und man die Identität des Opfers festgestellt habe.
Sie macht ihre Sache gut, dachte Wisting. Ihre Stimme war fest und verriet nichts von der Unsicherheit, die er noch vor einer halben Stunde in ihren Augen gesehen hatte.
Der Nachrichtenmoderator versprach den Zuschauern, man werde den Fall den ganzen Tag hindurch weiter verfolgen, und kündigte für zehn Uhr eine Liveübertragung der Pressekonferenz an.
Der Fernseher wurde ausgeschaltet und Wisting betrat den Besprechungsraum. Er zählte rasch durch und kam auf insgesamt zweiundzwanzig Anwesende. Auf den Stühlen an der Wand saßen die Hundeführer und andere Einsatzkräfte, die die Nacht durchgearbeitet hatten. Rund um den Konferenztisch saßen die Ermittler. Der Stationschef hatte bereits am Kopfende Platz genommen. Auf dem Stuhl, auf dem Wisting bei derartigen Besprechungen immer saß, hatte sich Christine Thiis niedergelassen.
Wisting setzte sich auf den freien Stuhl neben ihr. Draußen war es noch immer herbstlich dunkel. Es würde noch eine Stunde dauern, bis es hell wurde.
»Guten Morgen«, sagte Wisting und dankte den Kollegen, die trotz beendeter Schicht gekommen waren.
Nils Hammer schaltete den Projektor an der Decke ein und auf der Leinwand erschien eine Übersichtskarte über das Gebiet zwischen Hummerbakkfjorden und Nevlunghavn. Im inneren Bereich der Ødegårdsbukta war eine Hütte am Strand markiert.
Wisting räusperte sich und gab den Stand der Dinge wieder. Er fasste sich so kurz wie möglich und sah an den Blicken der Anwesenden, dass alle im Raum bereits wussten, worum es ging.
Dann blickte er zum Einsatzleiter, der an der Fensterwand saß, und nickte ihm zu. »Wie ist der letzte Stand der Dinge am Tatort?«
Der große Mann klemmte seine Kaffeetasse zwischen die Schenkel und griff nach seinem Notizblock. »Wir haben die Suche nach dem Tatverdächtigen vor einer halben
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