Winterfest
Stunde beendet«, sagte er, während er blätterte. »Sie war, wie ihr wisst, ergebnislos. Sie hat weder zu einer Festnahme noch zum Fund von Tatwaffen geführt. Es gibt allerdings einige interessante Sachen und die Kriminaltechniker können dazu sicherlich mehr sagen, aber ich erwähne es trotzdem: Da draußen waren eine Menge Leute. Die Hundeführer haben Spuren kreuz und quer verfolgt, von Hütte zu Hütte. Ich glaube, wir sprechen von mindestens vier oder fünf nicht identifizierten Fußabdrücken.«
Wisting notierte. Das war eine Information, die im Laufe des Tages in dem Bericht auftauchen würde, aber es war wichtig, sie bereits jetzt zu haben.
»Oft enden die Spuren an einer Stichstraße, sie hatten also ein Auto dabei.«
»Habt ihr irgendwelche Autos gefunden?«
»Wir haben mehrere überprüft. In so einem Hüttengebiet parken ja immer ein paar Autos. Wir haben alle Halter festgestellt. Du kriegst noch eine detaillierte Liste, aber es handelt sich um Hüttenbesitzer, Angler, Vogelbeobachter und Bauern, die alle weder etwas gesehen noch gehört haben.«
Der Einsatzleiter griff nach seiner Tasse und blätterte in den Notizen. »Am interessantesten ist der Fund, den wir unmittelbar vor Beendigung der Suche gemacht haben.« Er trank einen Schluck und fuhr fort: »Draußen bei Sm ø rvika lagen drei leere Patronenhülsen.«
Wisting drehte sich zu der Karte um, die hinter ihm an der Wand erschienen war. Nils Hammer schob den Mauszeiger zu einer kleinen Bucht östlich der Ødegårdsbukta. Das umliegende Gebiet war grün schraffiert, was bedeutete, dass es sich um ein Naturschutzgebiet handelte. Die Hütte, in der sich die Leiche befunden hatte, war das am nächsten stehende Gebäude. Der Abstand betrug fünfhundert bis sechshundert Meter.
»Sie liegen mitten auf dem Weg und können noch nicht lange dort gelegen haben. Neben dem Weg steht Laubgebüsch und zwei der Hülsen liegen auf Blättern, die erst vor Kurzem gefallen sind. Wir haben das Gebiet weiträumig abgesperrt und die Stelle mit einer Plane zugedeckt, dann können die Tatorttechniker sich das ansehen, wenn sie Zeit haben.«
»Das ist gut«, kommentierte Wisting. »Sehr gut.«
Er hatte bisher noch nichts von dem Hülsenfund gehört, und was der Einsatzleiter erzählte, hob seine Stimmung. Magazine, Auswerfer, Zündstifte und Finger hinterließen Spuren auf Patronenhülsen. Der Fund war eine wertvolle Beweissicherung.
In der nächsten Viertelstunde ließ Wisting die Männer, die die ganze Nacht hindurch gearbeitet hatten, ihre Eindrücke und Gedanken schildern. Dann bedankte er sich für ihr Kommen und schickte einen Teil der Anwesenden nach Hause. Bei Fällen dieser Art gab es immer Informationen, die er nicht mit mehr Leuten teilen wollte als unbedingt nötig. Das, was er auf seinem Notizblock ›Telefonspur‹ genannt hatte, war eine solche Detailinformation.
Er berichtete kurz von dem Mobiltelefon, das vom Hundesuchtrupp gefunden worden war.
Nils Hammer legte das Handy auf den Konferenztisch. Es steckte immer noch in dem durchsichtigen Asservatenbeutel. »Ich habe es inzwischen aufgeladen«, sagte er mit einem Blick zu Wisting. »In der Eingangsbox liegt eine SMS«, erklärte er den anderen, die die Details noch nicht kannten. »Eingegangen gestern um 16.53 Uhr, mit dem Text 2030 .«
»Eine Uhrzeit?«, schlug Christine Thiis vor.
»Wahrscheinlich. Die Nachricht wurde beantwortet mit OK . Später, um 20.43 Uhr, hat der Empfänger zurückgesimst I am here .«
Christine Thiis dachte laut nach. »Zuerst ein Bescheid zum Treffpunkt und später die Bestätigung, dass der Betreffende dort ist.« Sie lehnte sich über den Tisch und griff nach dem Mobiltelefon, als könnte es ihr weitere Antworten geben.
»Ich interpretiere das auch so«, nickte Hammer.
»Geht die Uhr richtig?«, wollte Torunn Borg wissen.
»Ziemlich. Sie geht siebenunddreißig Sekunden nach.«
»Wer ist der Inhaber des Mobilfunkvertrags?«, fragte Christine Thiis.
Hammer nahm ihr das Telefon aus der Hand, als fürchtete er, sie könnte es kaputt machen. »Das ist interessant«, erwiderte er. »Das macht die Sache zu einem größeren Fall, als er bis jetzt gewesen ist.«
Wisting beugte sich vor und wartete darauf, dass er weitersprach.
»In dem Handy steckt eine spanische Mobilfunkkarte«, erklärte Hammer.
»Eine spanische?«
»Ja, beides sind spanische Rufnummern, die des Absenders und die des Empfängers. Registriert auf dieselbe Person. Auf einen Carlos Mendoza in
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