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Winterfest

Winterfest

Titel: Winterfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørn Lier Horst
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dem Sofa bequem, zog die Füße unter den Po und nahm ein Buch aus dem überladenen Bücherregal. »Ich lese«, antwortete sie.
    »Was denn?«
    »Irgendeinen alten Krimi, der hier im Regal stand.«
    »Okay. Ich will dich nicht weiter stören. Ruf an, wenn was ist.«
    Sie versprach es ihm und beendete das Gespräch. Dann schlug sie Kapitel eins auf. Ihr gefiel der erste Satz: Gleich nach Mitternacht hörte er auf zu denken.
    Plötzlich flammte das Holz im Kamin auf. Sie lächelte und kuschelte sich in die Sofaecke.
    Wisting legte den Hörer auf. Im Fernsehen verkündete der Nachrichtensprecher, dass nach einem Wohnungsbrand in einem Reihenhaus im Osloer Stadtteil Grorud eine Person vermisst wurde.
    Der darauf folgende Einspielfilm zeigte Bilder von Feuerwehrleuten, die in der abgesperrten Straße hin und her liefen. Die Wohnung, in der das Feuer ausgebrochen war, war bereits völlig ausgebrannt. Die Löschmannschaften kämpften nun gegen das Feuer, das sich auf die benachbarten Wohnungen ausgedehnt hatte. Das Wasser aus den Schläuchen riss Schneisen in die Flammen, die sich aber immer wieder schlossen.
    Wisting nahm die Fernbedienung, wartete das Ende des Beitrags ab und schaltete den Fernseher aus. »Ich weiß noch nicht, wie lange ich wegbleibe«, sagte er und drehte sich zu Suzanne um. »Kannst du morgen vielleicht kurz zu Line rausfahren?«
    Suzanne nickte. »Aber warum musst du es sein, der nach Litauen fliegt?«, wandte sie ein. »Solltest du als Leiter der Ermittlungen nicht besser hierbleiben?«
    »Ich denke, gerade jetzt ist es besser, wenn ich mich ein bisschen heraushalte«, erwiderte er.
    »Wieso?«
    Wisting fuhr sich mit der Hand durchs Haar und fixierte einen Punkt an der Wand, bevor er antwortete. »Ich glaube, dass Tommy auf irgendeine Art etwas damit zu tun hat.«
    Suzanne richtete sich auf. »Inwiefern?«
    Es kam selten vor, dass Wisting ihr Details aus seinem Arbeitsalltag erzählte. Schweigepflicht und Personendatenschutz setzten ihren Gesprächen oft Grenzen. Aber gerade jetzt brauchte er jemanden, mit dem er reden konnte.
    »Wir haben Informationen, dass es um eine Drogenlieferung geht, deren Übergabe schiefgelaufen ist«, begann er und berichtete von der Schmuggelroute über das Skagerrak. »Der Hauptakteur in Norwegen heißt Rudi Muller«, fuhr er fort. »Er ist einer der Besitzer des Shazam Station . Die Osloer Kollegen glauben, dass der gesamte Restaurantbetrieb nur zur Wäsche von Drogengeldern dient und dass das Restaurant ein Treff- und Sammelpunkt für Kriminelle ist.«
    Suzanne saß da und sah ihn an. Ihr Blick war bekümmert. »Das muss ja nicht heißen, dass Tommy darin verwickelt ist«, sagte sie.
    »Er hat früher wegen Drogengeschichten gesessen.«
    »Das war doch lange, bevor er Line kennenlernte«, wandte Suzanne ein, aber er sah ihr an, dass sie diesem Argument selbst nicht traute.
    »Da ist auch noch mehr«, erwiderte Wisting. »An dem Abend, als er mit uns zusammen hätte essen sollen, war er hier in Larvik.«
    »An dem Mordabend?«
    Wisting nickte.
    »Woher weißt du das?«
    »Wir haben die Durchfahrten durch die Mautstationen zwischen Oslo und Larvik erfasst. Lines Auto gehört zu denen, die die Stationen in dem Zeitraum passiert haben, der am besten zu dem Mord passt. Tommy hat es an dem Abend gefahren.«
    Suzanne schwieg.
    »Ich habe es durch Zufall entdeckt«, fuhr Wisting fort. »Aber ich habe es noch niemandem erzählt.«
    »Hast du mit Line darüber gesprochen?«
    »Nicht direkt. Ich kann es nicht, nicht solange die Ermittlungen andauern.«
    »Du weißt doch gar nicht, ob es so ist, wie du denkst. Vielleicht gibt es eine ganz natürliche Erklärung dafür.«
    »Auf jeden Fall müsste ich den anderen erzählen, was ich herausgefunden habe.«
    »Und was, wenn du dich irrst?«
    »Irrtum ausgeschlossen. Tommy und das Auto waren am Tag des Mordes hier. Nur er kann sagen, was er hier gemacht hat.«
    »Kann das nicht warten, bis du zurück bist?«
    Er biss sich auf die Lippe und erwiderte ihren Blick, während er einen Kompromiss mit sich selbst aushandelte.
    »Ich nehme die Akten mit und lese sie im Flugzeug«, sagte er. »Sollte ich nichts finden, was mich von meiner Annahme abbringt, rufe ich Nils Hammer von Vilnius aus an.«

38
    Irgendwann im Laufe der Nacht hatte es aufgehört zu regnen, aber es hing immer noch leichter Nebel in der Luft, als Wisting früh am Dienstagmorgen von zu Hause losfuhr.
    Das Polizeipräsidium war immer noch menschenleer und er ging ungestört

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