Winterfest
Fährtickets«, schlug Martin Ahlberg vor.
Wieder wurde die Unterhaltung in einer Sprache geführt, die Wisting nicht verstand.
»Sie sagt, wenn es stimmen würde, dass er mit der Fähre zurückgekommen ist, wäre er längst wieder bei ihr gewesen. Sie wäscht seine Kleidung und kocht sein Essen. Ansonsten ist er nicht sehr oft zu Hause.«
Die Frau sprach unterdessen immer weiter, sie wiegte sich vor und zurück und rieb sich dabei die Hände.
»Sie kann sich nicht vorstellen, was er in Norwegen Schlimmes getan haben soll«, übersetzte der Kriminalchef. »Er ist ein guter Junge und sie versteht nicht, was die norwegische Polizei hier zu suchen hat.«
Die Frau redete wieder weiter und der Kriminalchef übersetzte erneut.
»Jetzt macht sie sich Sorgen um ihn. Sonst ruft er ein paar Mal pro Woche an. Aber sie hat nichts mehr von ihm gehört, seit er aus Norwegen anrief, um zu sagen, dass er gut angekommen ist.«
Martin Ahlberg stand auf. »Fragen Sie sie, wo sie den riesigen Fernseher herhat«, sagte er.
Der Kriminalchef machte ein verwirrtes Gesicht.
Wisting hob die Hand und bat ihn, es sein zu lassen. »Wir sind hier fertig«, sagte er.
Antoni Mikulskis war offenbar der gleichen Ansicht. Er erhob sich und beendete das Gespräch mit der älteren Frau, indem er sie – wie Wisting vermutete – eindringlich aufforderte, ihrem Sohn auszurichten, er solle sich bei der Polizei melden.
»Jetzt sollten wir etwas essen«, meinte der Kriminalchef, als sie wieder im Auto saßen. »Ich kenne ein Restaurant, nicht weit von hier, in dem sie ausgezeichneten Kugelis machen. Wir können beim Essen die Strategie diskutieren«, schlug er vor.
»Kartoffelpudding«, erklärte Martin Ahlberg.
Das hörte sich nicht verlockend an, aber Wisting merkte, dass er langsam Hunger bekam.
46
Line erwachte zögernd, die Sinne immer noch träge vom Wein, den sie getrunken hatten. Der Platz im Bett neben ihr war leer und aus der Küche kamen Geräusche.
Im Schlafzimmer war keine Uhr. Normalerweise legte sie vor dem Schlafengehen ihr Handy auf den Nachttisch, aber das befand sich noch in der Stube.
Sie streckte die Hand nach dem Vorhang aus und zog ihn zur Seite.
Es mochte ungefähr 9.00 Uhr sein. Das Wetter hatte aufgeklart. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber der Tag dämmerte bereits herauf und er würde heller werden als die vergangenen.
Sie legte sich wieder hin und dachte an das, was passiert war. Sie wusste nicht, ob sie es bereuen sollte, dass sie Tommy wieder an sich herangelassen hatte. Sie glaubte, eine Wahl getroffen zu haben, aber jetzt war sie sich nicht mehr so sicher.
Tommy tauchte in der Tür auf und lächelte sie an, als er sah, dass sie wach war.
»Tee? Kaffee?«, fragte er.
»Kaffee.«
»Gute Wahl«, sagte er. »Er ist fertig. Ansonsten war in deiner Küche nicht viel. Es gibt Knäckebrot mit Käse zum Frühstück.«
»Gelbem oder braunem Käse?«
»Gelbem.«
Line setzte sich auf und zog die Bettdecke um den nackten Oberkörper. Er ließ sie allein und sie zog sich den Jogginganzug und dicke Socken an. Bevor sie zu ihm in die Stube ging, warf sie einen schnellen Blick in den Spiegel. Sie hätte etwas mit ihrem Gesicht machen müssen, ließ es aber sein.
Es dampfte aus der Tasse, die er ihr hinstellte.
»Ich muss gleich weg«, sagte er und trank von seinem Kaffee.
Sie wusste nicht, ob sie froh oder ärgerlich über seine Ankündigung war. Auf eine Art fühlte sie sich ausgenutzt und benutzt. Gleichzeitig wühlte es so viele Gefühle in ihr auf, dass es guttun würde, damit allein zu sein.
»Ich muss vor elf in Oslo sein. Pia braucht das Auto.«
Sie nickte nur.
»Im Moment passiert so viel«, fuhr er fort. »Der Bruder von Rudis Freundin ist vermutlich bei einem Feuer verbrannt.«
Line runzelte die Stirn. Sie wusste, wer Rudi war. Er war einer von denen, die sich als Besitzer ins Shazam Station eingekauft hatten, nachdem einer der Kumpel, mit denen Tommy das Restaurant aufgebaut hatte, aussteigen musste. Sie hatte ihn nur ein paar Mal getroffen und sie mochte den Kerl nicht. Er hatte ein großes Ego, aber wenig Selbstwertgefühl. Seine Freundin war blond und sonnengebräunt mit gebleichten Zähnen und Stöckelschuhen. Eine Frau, mit der man kein vernünftiges Gespräch führen konnte. Nach einigen wenigen Treffen war sie zu den beiden auf Abstand gegangen.
»Verbrannt?«, war alles, was sie über die Lippen brachte.
»Ja, seit mehreren Tagen hatte keiner mehr was von ihm gehört und am Montag
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