Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Winterfest

Winterfest

Titel: Winterfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørn Lier Horst
Vom Netzwerk:
war das ein Vogelbeobachter.«
    Wisting ging nicht weiter darauf ein. »Hast du mit Leif Malm gesprochen?«, fragte er stattdessen.
    »Vor weniger als fünf Minuten«, erwiderte Hammer. »Dass es Pläne für einen Überfall auf Nokas im Elveveien gibt, passt zu den Berichten der Wachleute, dass die Geldtransporte ausspioniert worden sind. Vor einem halben Jahr wurde außerdem gemeldet, dass ein bestimmtes Auto mehrmals schräg gegenüber der Zentrale geparkt hat, mit gutem Blick auf die Zufahrt zum Gebäude. Wie sich herausstellte, waren die Nummernschilder gestohlen. Irgendwas ist da also im Gange.«
    »Ich bin frühestens am Freitag wieder da«, sagte Wisting.
    »Sieht so aus, als hätte Oslo die Sache unter Kontrolle«, fuhr Hammer fort. »Wir kümmern uns um die Dinge hier vor Ort. Die Zählzentrale hat mehrere Schwachpunkte, die sie zu einem geeigneten Objekt machen. Hauptsächlich geht es darum, dass das Gebäude nicht für die Aufbewahrung von Geld konzipiert worden ist. Es sind noch mehrere andere Mieter im selben Gebäude und die derzeitige Lösung ist nicht optimal. Das ist wohl einer der Gründe, dass sie das ganze Unternehmen verlagern.«
    »Um wie viel Geld geht es?«
    »Sie haben sieben Autos, die im gesamten Østlandet Geld abholen und anliefern. Jedes Auto ist auf eine Transportkapazität von fünfzehn Millionen ausgelegt, aber das wird ständig überschritten. Im Höchstfall können sie achtzig Millionen über Nacht lagern, doch das wird in diesen Tagen kaum der Fall sein. Das hängt ganz von den Bargeldumsätzen in den Geschäften ab.«
    »Wann informieren wir die Geschäftsführung des Unternehmens?«
    »Für morgen ist eine Besprechung beim Polizeichef angesetzt. Leif Malm und mehrere seiner Kollegen aus Oslo kommen auch.«
    Wisting nickte. Offenbar hatte Hammer alles unter Kontrolle.
    »Gibt es sonst noch irgendwelche Neuigkeiten?«, wollte er wissen.
    »Mortensen hat herausgefunden, wo die Pistole herkommt, die bei dem toten Litauer im Boot lag. Sie wurde zwei Tage vor unserem Mord aus einer Hütte in Tj ø me gestohlen. Da draußen war vermutlich dieselbe Bande am Werk. Sie haben in einer Nacht neun Hütten geplündert.«
    Sie besprachen noch einige praktische Probleme im Hinblick auf Besetzung und personelle Ressourcen. Während der Unterhaltung wanderten Wistings Gedanken ständig zurück zu den Ereignissen in Nevlunghavn an jenem Freitagabend vor fast einer Woche.
    »Wie gut haben wir die Gegend dort draußen durchsucht?«, erkundigte er sich.
    »Wir haben in der Mordnacht ja Hubschrauber und Hundestaffeln eingesetzt, aber wir haben nicht jeden Stein umgedreht. Die unwegsamsten Stellen wurden zunächst ausgelassen, da wir davon ausgegangen sind, dass ein Mörder auf der Flucht den einfachsten Weg nehmen würde. Und später war das dann nicht mehr aktuell.«
    »Es gibt also möglicherweise einige Stellen dort draußen, die wir nicht abgesucht haben?«
    »Ja, ich glaube auch nicht, dass die Spurensicherung sich den Niederwald vorgenommen hat. Eine solche Suche würde ja Wochen dauern, ohne dass sie eigentlich wissen, wonach sie suchen sollen.«
    »Ich möchte, dass du eine neue Suche dort draußen organisierst«, sagte Wisting. »Sorge dafür, dass jeder Quadratmeter abgesucht wird.«
    »Wird gemacht, aber wonach suchen wir denn?«
    Wisting holte tief Luft, bevor er weitersprach. Es war nur eine Theorie, aber aus der Luft gegriffen war sie nicht.
    »An dem Abend ist da draußen etwas gewaltig schiefgegangen«, sagte er. »Ich glaube, dass wir nach einer weiteren Leiche suchen.«

53
    Nachdem sie die Einkäufe in die Küchenschränke geräumt hatte, nahm Line einen Apfel, eine Wolldecke und die gerade gekaufte Zeitung mit hinaus auf die Treppe. Sie faltete die Decke zusammen und legte sie auf die oberste Stufe, bevor sie sich setzte und an den Pfeiler lehnte, der den Dachüberstand trug. Sie schloss die Augen und hob den Kopf in die niedrig stehende Herbstsonne. Irgendwo in der Nähe hämmerte ein Specht an einem Baum.
    Sie biss in den Apfel und genoss die Aussicht über den Fjord. Sie freute sich schon auf die Sommer hier draußen.
    Ein schwacher Windzug ließ die Zweige der umstehenden Bäume rascheln und ein Blatt nach dem anderen fiel zu Boden.
    Der Fall, an dem ihr Vater arbeitete, beherrschte nicht mehr die Titelseite der Zeitung, aber die Redaktion widmete ihm zwei Seiten weiter hinten. Alles, was da stand, waren bereits überholte Neuigkeiten. Die Zeitung war seit zehn Stunden im

Weitere Kostenlose Bücher