Winterkartoffelknoedel - Ein Provinzkrimi
sich auch, weil: einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.
Am Abend kommen die Sternsinger und singen. Das heißt, zuerst kommen sie und tun nur so, als ob sie singen. Das seh ich so durchs Fenster. Sie stehen also vor der Oma und bewegen nur ihren Mund. Weil sie halt wissen, dass die Oma nix hört. Was sie aber nicht wissen, ist, dass die Oma schon merkt, wenn einer nur so tut als ob. Das merkt sie allein schon am Luftzug. Weil der natürlich ganz anders ist, wenn man singt, als wenn man nur die Lippen bewegt. Sie haut dann dem Ignatz-Fynn mit dem Fuß gegen das Schienbein und dann singt der, frag nicht! Hinterher gibt sie eine wirklich kleine Spende und die Buben malen mit Kreide ihren Servus an die Tür.
Tags darauf erreich ich endlich den Besitzer von der Kranfirma. Sie heißt Krawall GmbH, wegen Kran und Wallner – wie der Inhaber heißt. Der Wallner steht vor einem Wohnwagen, der sich als sein Büro entpuppt, und raucht. Der Schäferhund steht vor ihm, und wie er mich sieht, dann dahinter. Der Wallner selber ist ein pockennarbiges Gesicht, so der Typ Schrottplatzlätschn, und schaut mich mit zugekniffenen Augen an.
»Was wollen Sie hier?«, fragt er.
»Den Kranführer«, sag ich. »Und die Personalien. Die von Ihnen und die vom Fahrer.«
Er gibt mir seinen Ausweis und ich notiere.
»Der Fahrer müsste in ein paar Minuten hier sein«, sagt er. Ich kann warten.
»Die Karabiner. Von wem werden die eigentlich ausgetauscht? Und wann?«, möchte ich jetzt wissen.
»Das machen die Kranführer selber. Ganz nach Gefühl.« Nach Gefühl also.
»Und wo genau werden die Ersatzteile gelagert?«
Er deutet mit dem Kinn nach vorn.
»Also!«, sag ich, und wir wandern übern Hof direkt in eine alte Baracke. Da sind unzählige Behälter, unter anderem einer mit Karabinern.
»Sind die alle neu?«
»Alle neu!«, sagt er mit der Kippe im Mundwinkel.
»Die muss ich jetzt beschlagnahmen«, sag ich.
»Von mir aus.«
Er zuckt mit den Schultern. Wir schleppen den schweren Behälter gemeinsam zum Auto, und das steht dann hecklastig.
Dann kommt der Kranführer. Skender Gashi. Ein Albaner. Jetzt muss man natürlich wissen, dass die Albaner alle Gashi heißen. Na gut, nicht alle vielleicht. So ein Müller,Meier und Huber in Deutsch ist halt ein albanischer Gashi. Der Herr Gashi versteht kein Deutsch, sagt er, und das Pockengesicht nickt. Ich bestell den Gashi für morgen zu mir ins Büro und organisier einen Dolmetscher. Jetzt muss ich wahrscheinlich noch erwähnen, dass der Gashi ausschaut wie hundert Jahre Zuchthaus und meine Erfahrungswerte, was den Wahrheitsgehalt einer albanischen Aussage betrifft, sind nicht grad rosig.
Abends beim Wolfi ist der Ferrari da mitsamt dem Ossi-Klaus. Der Flötzinger auch, und der ist eingeschnappt wegen Konkurrenz und macht ein finsteres Gesicht. Er sagt, er hat den Arsch heute schon kennengelernt. Beim Heizung einbauen. Und dass der ein unglaublicher Gschaftelhuber ist und alles besser weiß. Hernach muss ich ihm recht geben, dem Flötzinger. Weil uns der Klaus nämlich aufgeklärt hat über das wahre Leben, mein lieber Schwan! So haben wir dann erfahren, dass die Lehmhütten von damals viel besser isoliert waren wie heute jedes Dämmstoffhaus, dass die Erderwärmung von der Tabakindustrie kommt, dass der Vatikan von der Mafia regiert wird und die Merkel ferngesteuert ist. Also gar kein echter Mensch, sozusagen, sondern ein amerikanischer Roboter, der direkt aus dem Weißen Haus heraus gesteuert wird. Da sitzt dann so der Obama mit der Fernbedienung und …
Er erzählt das schon lustig. Schon so, dass man lachen muss. Was aber auch wieder eher nervt, weil wir ihn ja eigentlich nicht mögen mögen.
Wie er uns dann noch erzählen will, dass die Erde aller Wahrscheinlichkeit nach doch eine Scheibe ist, gehen wir heim.
Kann dann leider nicht einschlafen, weil der Ludwig jetzt Blähungen kriegt, frag bloß nicht. Ich mach das Fenster aufund wieder zu, auf und zu, und irgendwann geb ich’s dann auf. Schlaf also mit offenem Fenster und werd in der Früh mit einer doppelseitigen Bronchitis wach.
Na, bravo.
Schlepp mich dann zum Doktor und in die Apotheke und bin grad noch rechtzeitig im Büro, ehe der Dolmetscher kommt. Er heißt Gashi (hab ich’s nicht gesagt), schaut aus wie hundert Jahre Zuchthaus und ist nach eigener Aussage weder verwandt noch verschwägert mit dem Kranführer.
Fünfundzwanzig Minuten später kommt der Gashi. Also der andere, der
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